<i>Die Immobilie bleibt der sichere Hafen
<i>Die Immobilie bleibt der sichere Hafen

Die Immobilie bleibt der sichere Hafen


Bei den Maklern und Bauträgern in Stuttgart und der Region wird die Entwicklung seit Corona unterschiedlich wahrgenommen. Die Maklerin Bärbel Falkenberg-Bahr aus Böblingen ist froh, dass die Corona-Krise den Immobilienmarkt in der Region bislang nur unmerklich getroffen oder beeinflusst hat. „Kurzfristig kommt es aber zu schnelleren Abschlüssen“, sagt sie und bestätigt, dass viele Menschen nach wie vor eine eigene Immobilie immer noch als „sicheren Hafen“ sehen. „Wir erwarten definitiv eine steigende Nachfrage nach Wohneigentum“. Um diese Nachfrage zu befriedigen, müsse aber deutlich mehr gebaut werden, macht die Maklerin deutlich. Viele Bauvorhaben würden aber derzeit aufgrund von Nachbarschaftseinsprüchen, Gerichtsverfahren, Petitionen und der Unterbesetzung von Baurechtsämtern teilweise um Jahre verzögert, so ihre Kritik.

In der Landeshauptstadt sind die befragten Makler nicht ganz so zuversichtlich. So berichtet Thomas Merk von Königskinder Immobilien, dass in den Monaten März und April die Anzahl der Termine und Besichtigungen Corona bedingt um 60 Prozent zurück gegangen sei. Andere verschoben den Verkauf der Immobilie, weil keine Besichtigungstermine im Eigenheim erwünscht waren. „Es steht zu erwarten, dass sich etliche Kaufwillige aus Sorge um ihr Einkommen mit langfristigen Investitionen zurückhalten werden. Genauso wie aus wirtschaftlichen Gründen auch mehr Immobilien in den Verkauf kommen werden.“ Je nach Dauer der momentanen Lage werde es zu Verschiebungen auf der Angebots- und Nachfrageseite kommen, so der Makler.

Dass ist vor allem dann bitter für den Makler, wenn die Verträge kurz vor der notariellen Beurkundung standen und der Kunde kurzfristig den Termin absagen musste, weil er in Kurzarbeit ging. „Viele haben jetzt Angst davor, in Zeiten finanzieller und wirtschaftlicher Unsicherheit Verpflichtungen einzugehen“, sagt Volkan Kacar vom Immo-Team in Stuttgart. Einige Kunden, die einen Neubau erwerben wollten, äußerten gegenüber dem Makler aber auch die Befürchtungen, dass der Bauträger in Liquiditätsschwierigkeiten geraten könnte oder das der geplante Neubau nicht wie geplant fertiggestellt würde, weil dem Bauträger aufgrund der geschlossenen Grenzen die Arbeitskräfte fehlen.

Marc Bosch von der Wüstenrot Haus- und Städtebau in Ludwigsburg ist sich sicher, dass die Krise die Geschäftsmodelle der Branche verändern wird. Vor allem Hochrisiko- und spekulative Projekte und Geschäftsmodelle dürften aus Sicht des Immobilienexperten deutlich weniger am Markt werden. Wo Corona bedingt aufs Homeoffice und auf Videokonferenzen ausgewichen wurde, werden sich sicherlich auch künftig Geschäftsabläufe stärker ins Digitale verlagern. Risiken sieht Marc Bosch aktuell überall dort, wo mit einem hohen Anteil an Fremdkapital die Projektentwicklung und das Bauträgergeschäft getätigt und ausgeweitet wurden. „Die Banken werden hier künftig wohl höhere Eigenkapitalquoten oder andere Sicherheiten fordern als bisher“. Marc Bosch sieht in der aktuellen Krise aber auch Chancen. „Ich glaube, dass sich künftig neue Geschäftsmodelle auch dank der zunehmenden Digitalisierung schneller umsetzen lassen werden.“

Bei Dr. Lübke & Kelber in Stuttgart zieht es jetzt nach zwei Monaten etwas ruhiger Geschäftstätigkeit wieder an, berichtet Stephan Scheibe. Auch davor sei das Unternehmen mit der Situation aufgrund der schlanken Aufstellung recht gut zurechtgekommen. Auf die Auswirkungen der Krise angesprochen, geht der Makler von einer „kleinen Marktbereinigung“ aus. Negativ sei ihm allerdings aufgefallen, dass der eine oder andere Makler „aus der Not“ heraus derzeit keine Verkäuferprovision mehr erhoben habe. „Das wird dauerhaft aber nicht gut gehen“. Für die Branche selbst sieht Stephan Scheibe nach wie vor nicht schwarz. Man werde immer Menschen brauchen, die Käufer und Verkäufer an einen Tisch bringen, Interessenten eine Immobilie zeigen oder selbst so profane Dinge wie ein Haus aufschließen.

Aktuell hält die Corona-Krise die Marktteilnehmer aber noch im Griff, wie Stephan Kippes unlängst bei der Pressekonferenz des IVD Immobilienverbandes Deutschland Süd bei der Vorstellung des City-Reports Stuttgart Frühjahr 2020 berichtete. So wächst derzeit die Vermarktungsdauer aufgrund der weitgehend Zwangspause am Wohnimmobilienmarkt infolge der Corona-Pandemie. So sei der Stuttgarter Immobilienmarkt derzeit eher durch Abwarten und Beobachten geprägt“, bestätigt auch er die Aussagen der befragten Makler. So habe die Anzahl der angebotenen Objekte seit den Ausgangsbeschränkungen um 36 Prozent deutlich abgenommen.

Der Wirtschaftswissenschaftler geht derzeit davon aus, dass mit den angekündigten Lockerungen bei der Ausgangsbeschränkungen die Nachfrage nach Wohnraum wieder deutlich zunehmen werde. Aus Sicht des IVD werde die Corona-Krise nur sehr begrenzte Preisauswirkungen haben, da die Nachfrage im mittleren und bezahlbaren Segment nach wie vor sehr hoch sei.








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