<i>Auf Foto-Safari in der Wohnung
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Auf Foto-Safari in der Wohnung

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Wenn die Zwiebel zur exotischen Frucht wird
Auf geht es zur Entdeckungsreise mit der Fotolinse durch die eigene Wohnung.

Irgendwann kommt dann doch die Langeweile auf. Noch ein Wochenende vor der Glotze verbringen, das Lieblingsbuch der Freundin lesen oder noch ein Spielenachmittag. Gähn. Irgendwann werden selbst das Staubsaugen und das Wegbringen des Mülls zur willkommenen Abwechslung. Dann doch lieber wieder am Smartphone daddeln, endlose WhatsApp herumzuschicken und sich gegenseitig liken.

Von Ingo Dalcolmo

Mit einem Smartphone lassen sich allerdings auch noch viele andere Dinge tun. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Fotosafari durch die eigene Wohnung. Dabei erlebt man farbenprächtige Kissenlandschaften, sieht so manche Frucht aus einem anderen Blickwinkel und selbst der alte Hauskater wird zum wilden Tier. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Nur Mut beim Entdecken der eigenen Wohnung.

Wohnung fotografieren? Wie langweilig. Es geht dabei nicht um Motive wie bei „Schöner Wohnen“. Am einfachsten ist es erst einmal, mit alltäglichen Dingen zu beginnen. Stillleben und Makroaufnahmen sind eine gute Möglichkeit, sich auf die Safari im Wohnzimmer einzustimmen. Einen Apfel zum Beispiel kann man aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und in verschiedenen Zuständen fotografieren. Selbst eine Zwiebel hat viele Gesichter.

Tropfende Wasserhähne

Wer allerdings mehr auf Action steht, sollte sich mal mit einem tropfenden Wasserhahn versuchen. Beeindruckend, welche Actionszenen entstehen, bis der einzelne Tropfen schließlich auf dem Boden des Spülbeckens in tausend kleine Tropfen zerspringt. Zugegeben, derartige Aufnahmen brauchen schon ein bisschen Übung und Zeit, aber davon haben die meisten zumindest am Wochenende derzeit genug.

Ein interessantes Fotothema sind auch Strukturen. Zum Beispiel die des Parkettbodens, der Raufasertapete oder der Oberfläche der Küchenmöbel. Strukturen können später als Hintergründe für Fotogalerien oder Teil einer Fotomontage verwendet werden. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Zumal sie je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen jedes Mal anders erscheinen.

Eierbecher aus Klopapierrollen

Einige Menschen haben in diesen Tagen das Stricken und Nähen wieder für sich entdeckt. Andere ihr Faible für das Basteln. So werden aus Klopapierrollen bunt bemalte Eierbecher oder Serviettenhalter und aus leeren Barista-Packungen kleine Aufbewahrungsschachteln gebastelt. Warum nicht die Bastelfortschritte des Filiusses mit der Kamera begleiten - quasi wie eine Schritt für Schritt-Anleitung. Oder die Strickkreationen der Tochter am Model ins rechte Licht rücken?

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Überhaupt bietet der Alltag in der eigenen Wohnung eine Fülle von Fotomotiven. Die Schaumkrone des Home-Office-Feierabend-Biers oder das Schlampermäppchen der Tochter, in dem mal wieder der Tintenfüller ausgelaufen ist. Alltagsgegenstände erzählen viele Geschichten. Man muss nur mit offenen Augen durch die eigene Wohnung gehen. Plötzlich rückt die Türklinke zum Bad, an der seit weiß nicht wie vielen Jahren ein kleiner brauner Teddybär hängt, ins Blickfeld. Oder das Bücherregal mit der verstaubten Ausgabe von Goethes Faust. Bevor Frau jetzt aber zum Staubwedel greift, sollte sie erst die Kamera holen und den Gatten über das angestaubte Buch pusten lassen. Was für ein Bild!

Die meisten dieser Fotoideen lassen sich mit einem ganz normalen Smartphone und der integrierten Fotoapp realisieren. Wer höhere Ansprüche hat, kann natürlich auch zur Systemkamera greifen. Wichtiger als ein teurerer Fotoapparat ist die Idee.

Bildbearbeitung mit dem Smartphone

Letztendlich lässt sich das eine oder andere auch noch später in der Bildbearbeitung herausholen. Das geht natürlich am schnellsten mit ein bisschen Übung am Smartphone selbst. Immer noch erste Wahl für die Bildnachbearbeitung ist hier das kostenlose Tool Snapseed von Google. Damit können Bilder auf unterschiedlichste Art bearbeitet oder verfremdet werden. Am besten, man schaut sich mal im App-Store seines Anbieters um, was es denn so alles an Tools gibt. Einige sind kostenlos. Doch Vorsicht. Bei manchen Programmen werden einige Tools erst durch Zahlung einer Gebühr freigeschaltet. Andere versuchen teure Jahres-Abos zu verkaufen.

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Nach erfolgreicher Foto-Safari durch das Wohnzimmer stellt sich die Frage, was mit den ganzen Bildern geschehen soll. Wie wäre es zum Beispiel mit einer kleinen Galerie auf Instagram? Dieser Social-Mediadienst bietet sich gerade dazu an, seine Werke der Netzgemeinde zu präsentieren, um anschließend darüber zu fachsimpeln, was man anders machen oder wie die Bilder noch besser gelingen würden. Doch diese Öffentlichkeit will nicht jeder. Wie wäre es dann mit einem klassischen Dia-Abend wie anno dazumal, nur eben am TV-Gerät, über den PC oder einen Beamer? Im Internet findet man eine Fülle von kostenlosen Tools wie Fimora9 oder Kizoa, mit denen sich tolle Slideshows erzeugen und mit Musik und Kommentaren unterlegen lassen.

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Eine gute Idee ist auch ein Fotobuch. Die meisten Anbieter liefern dazu auch gleich die passende kostenlose Software, mit der sich die Bilder nicht nur auf den Seiten gestalten lassen, sondern oft auch noch die einzelnen Bilder nachbearbeitet und mit vielen Effekten versehen werden können.

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Letztendlich kommt es aber gar nicht so sehr darauf an, was am Ende mit den Bildern geschieht. Es geht darum, in diesen Tagen und Wochen der Isolation sich ein bisschen Abwechslung zu gönnen. So ganz nebenbei lernt der eine oder andere auch noch ganz andere Seiten von seinem Smartphone oder seiner Spiegelreflex- oder Systemkamera kennen. Hand aufs Herz? Wer kennt schon alle Funktionen und Möglichkeiten seiner Kamera? Also, jetzt ist die Gelegenheit, die Gebrauchsanleitung aus dem Keller zu holen und sich einmal ganz genau anzuschauen und das eine oder andere auch gleich auszuprobieren. Wann denn, wenn nicht jetzt. Und nun viel Spaß und Freude bei der Safari in der Wohnung.

Der Beitrag entstand im Rahmen des Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten-Projekts "Zeitung für alle" während der Corona-Krise im April 2020








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