Der Druck auf die Käufer wächst


Wohnmarktbericht. Weil das Angebot an Wohnimmobilien zum Kauf in Stuttgart und der Region knapp ist, geraten die Käufer zunehmend unter Druck. Wer kaufen will, muss sich schnell entscheiden.

Lage, Lage, Lage. Gilt das immer noch beim Immobilienkauf? Jürgen Schäfer, Geschäftsführer der Volksbank Stuttgart Immobilien, nährt bei der Vorstellung des Wohnmarktberichts 2017 für Stuttgart und den Rems-Murr-Kreis Zweifel. „Die Leute können längst nicht mehr so wählerisch sein“. Der psychologische Druck wachse, schnell zu handeln, bevor die ausgeguckte Immobilie weg sei.



Im Video unter erläutert Armin Schneider die Ergebnisse des Wohnmarktberichtes 2017 für Stuttgart und den Rems-Murr-Kreis.

„Früher rechnete man mit zwei Jahren von dem Entschluss, Immobilieneigentum zu erwerben, bis zum Einzug. Heute fallen die Entscheidungen in weniger als zwölf Monaten“, ergänzt Armin Schneider, Leiter Immobilienvertrieb. Und noch etwas ist anders: Vor einigen Jahren trafen die potenziellen Käufer ihre Vorauswahl über den annoncierten Preis. „Heute wird das Objekt erst begutachtet und dann geschaut, ob man mit dem Preis hinkommt.“

Der Grund liegt auf der Hand: In der Region Stuttgart fehlt es an Immobilien-Angeboten. Zwar wird derzeit an allen Ecken und Enden geplant und gebaut. „Die Wohnungen sind aber oft schon verkauft, bevor überhaupt mit dem Bauen begonnen wurde.“ Ähnlich im Bestand: „Wer Wohneigentum besitzt, behält es derzeit lieber, als es zu verkaufen, weil alternative Anlagemöglichkeiten weiterhin nicht in Sicht sind.“

Das spüren auch jene, die Wohnimmo­bilien als Kapitalanlage erwerben. Da die Mieten nicht im gleichen Maße wie die aufgerufenen Quadratmeterpreise für Wohnimmobilien zum Kauf steigen, sinken die Renditen. „Das bremst vor allem im Neubau zunehmend Kapitalanleger aus“, analysiert Jürgen Schäfer. Diese Käufergruppe konzentriert sich deshalb eher auf den Bestand. Gesucht sind hier vor allem 1-Zimmer-Apartments und 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen bis 75 Quadratmeter Wohnfläche sowie Mehrfamilienhäuser. Das Interesse an größeren Wohnungen nehme zumindest bei dieser Zielgruppe deutlich ab.

Eine Folge davon: Die Preise steigen weiter, wenn auch nicht mehr so stark. Der Verdrängungswettbewerb ist längst in vollem Gange. Haushalte mit kleinen oder mittleren Einkommen sind die Verlierer dieser Entwicklung. Sie können sich den teuren Wohnraum in den Innenstadtlagen der Landeshauptstadt längst nicht mehr leisten und weichen bei der Suche nach einer Wohn­immobilie zum Kauf auf Randlagen oder in die Nachbargemeinden der Region aus. Jürgen Schäfer sieht derzeit auch keine Chance, dass sich die Situation auf absehbare Zeit ändern könnte.

„Die Preise werden weiter steigen. Nicht mehr so schnell und steil, aber sie werden sich weiter nach oben bewegen“, prognostiziert er. Deshalb geraten in den Fokus der Immobiliensuchenden zunehmend auch sogenannte C- und D-Standorte. Das können Lagen in der Nähe von Gewerbegebieten, Flughäfen und Verkehrswegen sein, ebenso wie Baugrundstücke neben Strommasten oder Lärmschutzwänden. „Heute werden auch Immobilien zu erhöhten Preisen gekauft, die früher eine deutlich längere Vertriebszeit hatten und einen markant niedrigen Preis erzielten, stellt Armin Schneider immer wieder fest.

Attraktiv werden zunehmend aber auch Standorte am Rande der Region wie Schorndorf, Winnenden oder die eine oder andere Gemeinde auf der Filderebene. Aber auch dort steigen längst die Preise. „Wir nähern uns in einigen Peripherielagen bei den aufgerufenen Preisen bereits Stuttgarter Verhältnissen“, kommentiert Schäfer.

Das liegt auch daran, dass die früher eher wenig beliebten Lagen aufgrund ihrer Entfernung und der schlechten Infrastruktur mittlerweile durch öffentliche Verkehrsanbindungen und sonstige Strukturmaßnahmen drastisch verbessert wurden und durchaus für den einen oder anderen Immobilienkäufer attraktiv geworden sind. „Die Standortentscheidung wird heute danach gefällt, wie schnell jemand zur Arbeit kommt. Eine Stunde Fahrtzeit wird gerade noch akzeptiert“, so die Erfahrung von Armin Schneider. Ohne öffentlichen Nahverkehr mit S-Bahn-Anbindung haben es Kommunen schwer, neue Einwohner zu gewinnen. Natürlich sei auch die sonstige Infrastruktur wichtig wie die Erreichbarkeit von Schulen, Kindergärten und Einkaufsmöglichkeiten, die ohne Auto erreichbar seien. Aber auch Kommunen, die noch nicht über ein schnelles Breitbandnetz verfügen, haben keine Chance. „Viele Menschen arbeiten heute auch von zu Hause aus. Und ohne Internet geht das nicht“, weiß Jürgen Schäfer.

Zurück zur Lage: „Die Lage bestimmt immer noch den Preis und die Wertstei­gerung einer Immobilie“, sagt Dr. Peter Hettenbach vom gleichnamigen Marktforschungsinstitut, der für die Volksbank Stuttgart Immobilien den Wohnungsmarkt für die Landeshauptstadt und den Rems-Murr-Kreis untersucht hat. Allerdings ließen sich heute Immobilien nicht mehr allein nach Wohnquartieren oder Wohnlagen bewerten. Erst eine qualifizierte dynamische Betrachtung, die neben dem Städtebau auch den Verkehr und die Versorgung sowie Umwelt und Soziales mit einschließe, lasse Rückschlüsse auf den tatsächlichen Wert der Immobilie zu.