Immer weniger Büroflächen



Marktübersicht. Büroflächen in Stuttgart entwickeln sich zu einem knappen Gut. Die Folge: Unternehmen stellen ihre Expansionspläne zurück. Die Preise steigen und die Mietdauer wird länger.
Die Entwicklung auf dem Büroimmobilienmarkt lässt sich an zwei Zahlen festmachen. Dem jährlichen Büroflächenumsatz der Gewerbemakler und der Leerstandsquote. Die drei großen Stuttgarter Maklerhäuser Jones Lang LaSalle, Colliers International und Ellwanger & Geiger Real Estate haben dieser Tage ihre Zahlen für das zurückliegende Jahr vorgelegt. Danach wurden 2017 zwischen 255000 und 270000 Quadratmeter Büroflächen in Stuttgart (mit Leinfelden-Echterdingen) vermittelt.




Gegenüber dem Vorjahr 2016 entspricht das einem Rückgang von rund einem Drittel. Das sieht allerdings dramatischer aus, als es wirklich ist, da in diesem Jahr große Eigennutzerprojekte die Zahlen nach oben katapultierten. Schaut man sich hingegen die Zahlen im 9-Jahres-Durchschnitt an, liegt der Wert mit 247
400 Quadratmetern durchaus im Rahmen.


Sorgen bereitet den Maklern indes die geringe Leerstandsquote, die je nach Makler zwischen 2,7 und 2,1 Prozent schwankt. Vor allem in den beliebten Innenstadt- und Citylagen gibt es fast keine Angebote über 500 Quadratmeter mehr. Von dieser Entwicklung profitieren allerdings heute Standorte, die vor einigen Jahren noch als Sorgenkinder angesehen wurden. Zum Beispiel Weilimdorf: Nach dem Umzug der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an den Stuttgarter Flughafen dümpelte das zweitgrößte Gewerbegebiet der Landeshauptstadt einige Jahre mehr oder weniger vor sich hin. Heute hat es sich wieder berappelt und steht mit einem Büroflächenumsatz von 22
000 Quadratmetern im zurückliegenden Jahr immerhin an vierter Stelle.


„Der Standort entwickelt sich immer mehr zum Backoffice für die Versicherungswirtschaft“, sagt Alexander Veiel, Niederlassungsleiter Stuttgart bei Jones Lang LaSalle. Trotz des schlechtesten Jahres seit 2012 beim Büroflächenumsatz sieht JLL in Stuttgart positiv in die Zukunft und investiert kräftig in Personal.


So soll kurz- bis mittelfristig die Mitarbeiterzahl von derzeit circa 40 auf dann circa 60 ansteigen. Um Platz für die neuen Mitarbeiter zu schaffen, zieht die Niederlassung innerhalb des Hauses in eine doppelt so große Bürofläche um. Mit der neuen Personaloffensive will sich der Gewerbemakler breiter aufstellen. „Wir entwickeln uns immer mehr vom klassischen Vermittlungsmakler zum Beratungsunternehmen, das alle Dienstleistungen von der Projektentwicklung bis zur Verwaltung rund um die gewerbliche Immobilie in einem Paket anbietet“, formuliert Alexander Veiel die Marschrichtung.


Aus Sicht der Gewerbemakler wird sich der Mangel an Büroimmobilien künftig deutlicher im Preis widerspiegeln. Während im Jahr 2017 die Spitzenmiete bei 22,50 Euro (Durchschnittsmiete 13,60 Euro) lag, prognostiziert JLL bis zum Jahr 2019 eine Steigerung auf bis zu 24 Euro. Das wirkt sich laut Alexander Veiel längst auch auf die Mietdauer aus. Unter fünf Jahren würden kaum noch Mietverträge akzeptiert werden. Die Tendenz gehe derzeit eher Richtung sieben oder acht Jahren.


„Wären mehr Flächen verfügbar gewesen, hätten wir auch deutlich mehr vermieten können“, sagt Frank Leukhardt, Geschäftsführer von Colliers International in Stuttgart. Um eigene Bürokonzepte überhaupt noch realisieren zu können, würden Großnutzer wie Bosch oder Daimler neben der Anmietung zunehmend auch eigene Projekte realisieren. Stoßen expansive Unternehmen aus Platzgründen an ihre Grenzen, würden Erweiterungen derzeit zurückgestellt.


So verfüge Stuttgart einschließlich Leinfelden-Echterdingen aktuell über einen Büroflächenbestand von circa 7,9 Millionen Quadratmetern. Obwohl in diesem Jahr noch rund 110
000 Quadratmeter und im kommenden Jahr nochmals circa 180000 Quadratmeter an Büroflächen hinzukommen, werde sich die Situation am Büromarkt ohne zusätzliche Ausweisung von neuen Flächen nicht merklich verbessern, da von diesen Flächen bereits rund 80 Prozent vorvermietet seien, so Frank Leukhardt. Inzwischen sei das Angebot an Büroflächen nicht nur in der City und der Innenstadt angespannt. Auch die peripheren Lagen verfügen nur noch über ein knappes Angebot, heißt es bei Ellwanger & Geiger Real Estate. Für Unternehmen, die kurzfristig beziehbare Büroflächen suchten, stehe aktuell nur eine sehr überschaubare Auswahl an Objekten zur Verfügung. Mit der Folge, dass bestehende Mietverträge mangels adäquater Alternativen nochmals verlängert werden. Mario Caroli geht davon aus, dass bei Großgesuchen in den nächsten zwei Jahren die Randlagen wichtiger werden, was sich auch dort dann auf den Preis auswirken wird.


Anfang des Jahres gab das Bankhaus bekannt, dass im Rahmen eines Management-Buy-outs die E&G Real Estate GmbH an Mario Caroli und Björn Holzwarth, bisher Geschäftsführer des Unternehmens, veräußert wurde.