Boom mit angezogener Bremse

Expo Real. Dass der Immobilienmarkt boomt, war für die Besucher der internationalen Immobilienmesse in München nicht zu übersehen. Allerdings fehlt es an Grundstücken und Projekten, auch in der Region.


Eigentlich könnte die Immobilienbranche derzeit zufrieden sei. Doch die anhaltend boomende Nachfrage nach Immobilien führt zu einer immer größeren Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. 'Viele Unternehmen haben Probleme, Grundstücke und Projekte an den von ihnen anvisierten Standorten zu akquirieren. Der Markt ist einfach ziemlich leer gefegt', bringt es Professor Stephan Kippes von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen HfWU auf der Internationalen Immobilienmesse Expo Real in München auf den Punkt. Ähnliche Probleme wie die Immobilienwirtschaft plagen auch die Kommunen in der Region Stuttgart. 'Die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Richtung Zentren mit S-Bahn-Anschluss ist extrem hoch', stellt auch Matthias Lutz von der Wirtschafts­förderung Region Stuttgart WRS fest.

Selbst regional ansässigen Unternehmen könne man derzeit in der Regel keine Erweiterungsflächen anbieten. Der Wirtschaftsförderer befürchtet, dass langfristig Unternehmen aus der Region abwandern, wenn keine Erweiterungsmöglichkeiten bestehen.

Die WRS ist seit vielen Jahren auf der Expo Real mit einem Partnerstand präsent, wo sie gemeinsam mit Unternehmen, Landkreisen und Kommunen für die Region Stuttgart wirbt. Markus Knab, Leiter Gewerbeimmobilien beim Stuttgarter Bankhaus Ellwanger & Geiger, hat schon vor langem diese Entwicklung kommen sehen. Viele Kommunen haben den Engpass nicht wahrhaben wollen. Jetzt ist der Flaschenhals da und wird sich auch in den nächsten drei Jahren nicht beseitigen lassen,glaubt er.

Was fehlt, seien vor allem größere Flächen ab 1,5 Hektar aufwärts, mit denen auch sogenannten Kontraktlogistikern geholfen wäre. Doch die will keine Kommune haben, kritisiert Knab. Zu laut, zu wenig neue Arbeitsplätze, so die gängige Argumentation der Schultes. Der Immobilien­experte geht davon aus, dass aufgrund der sich verschärfenden Situation die Preise für diese bestehenden Flächen und Objekte deutlich nach oben gehen werden. Zumal er damit rechnet, dass in den nächsten Jahren aufgrund konjunktureller Entwicklungen das eine oder andere Unternehmen in der Region zusätzliche Flächen benötigen wird, von denen man heute noch gar nichts weiß. 'Vielen Firmen ist noch gar nicht bewusst, dass Flächen in der Region knapp sind', vermutet der Experte. Dass die Region sowohl bei den Wohn- als auch bei den Gewerbeflächen einen Nachfrageüberhang hat, sieht auch Dr. Wolfgang Häfele, der neue Vorsitzender des Aufsichtsrats der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. Um das Problem mit den fehlenden Logistikflächen zu lösen, hat er schon mal laut darüber nachgedacht, das sogenannte Planungsgebot wieder anzuwenden. Danach können Kommunen über die Regionalplanung verpflichtet werden, entsprechende Gebiete auszuweisen. Zunächst soll aber im Gespräch versucht werden, mit den infrage kommenden Kommunen zu einer Einigung zu kommen. 'Wenn das aber nicht zum Ziel führt, muss das Planungsgebot kommen - genauso wie damals bei der neuen Messe', macht Häfele deutlich. In fünf Jahren sei man weiter, gibt er seinen Zeithorizont vor.

So lange kann die Wirtschaftsförderung in der Region nicht warten. 'Wir bieten hier auf der Expo Real potenziellen Interessenten das an, was wir haben', gibt sich Matthias Lutz optimistisch. Doch das sind meistens kleinere Flächen, oder die Preisvorstellungen entsprechen nicht den Budgets der Unternehmen.

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