Grüner Daumen gefragt

Konjunktur. Die Garten- und Landschaftsbaubetriebe im Land profitieren von den niedrigen Zinsen. Hausbesitzer müssen derzeit im Schnitt rund zehn Wochen warten.


Der extrem milde Winter hat dem Garten- und Landschaftsbau einen hervorragenden Start ins aktuelle Jahr beschert. 'Unsere Mitgliedsbetriebe konnten mit der Arbeit ungehindert im Januar fortfahren', berichtet Reiner Bierig, Geschäftsführer vom baden-württembergischen Verband der Garten- und Landschaftsbauer. Allerdings bereiten die geringen Niederschläge in diesem Jahr den Gärtnern Sorge, da man mehr als in den zurückliegenden Jahren die Grünflächen wässern muss.

War schon im zurückliegenden Jahr die Umsatzentwicklung für die Betriebe erfreulich, zeichnet sich für das erste Halbjahr 2014 eine noch bessere Geschäftsentwicklung ab. Im Vergleich zum Vorjahr rechnet Rainer Bierig mit einem deutlichen Umsatzplus im 1. Halbjahr. Das wird vor allem auch darauf zurückgeführt, dass die Branche wie in keinen anderen Jahr zuvor so wenig witterungsbedingte Ausfallstunden hatte. Dadurch konnten auch viele Altaufträge abgearbeitet werden. Dennoch müssen Kunden, die ihren Garten von einem Landschaftsgärtner neu anlegen lassen wollen, derzeit ab Auftragsvergabe im Durchschnitt mit einer Wartezeit von bis zu zehn Wochen rechnen. Der Großteil der Aufträge kommt nach wie vor aus dem Privatbereich, sagt Reiner Bierig. Vor allem in die Umgestaltung bestehender Gärten werde viel Geld investiert. 'Der Trend geht dahin, es sich zu Hause schön zu machen.'

Bei vielen Maßnahmen gehe es lediglich darum, den in die Jahre gekommenen Gartenbestand zu überarbeiten. Bäume, die zu groß geworden sind, müssen entfernt werden, oder Rasen wird instand gesetzt. Zunehmend stelle der Verband aber auch fest, dass die Gärten den Nutzungsformen ihrer Besitzer angepasst würden. Wo früher die Kinder im Sandkasten spielten, werden heute Teiche und Ruheoasen angelegt. 'Der private Garten entwickelt sich immer mehr zu einem Ort der Kommunikation', stellt Bierig fest. Diese Umwidmung des Gartens lassen sich die Kunden auch einiges Kosten. Das Gros der Aufträge liegt laut Garten- und Landschaftsbauverband etwa zwischen 5 000 und 50 000 Euro je nach Größe des Gartens. Das Geld wird dabei in die Neugestaltung der Terrasse, des Hauseingangs oder einen Sichtschutz investiert. Natürlich gebe es auch Aufträge, wo hohe sechsstellige Beträge fällig werden. Das sei aber die Ausnahme. Der Garten- und Landschaftsbau profitiert derzeit dabei auch indirekt von den niedrigen Zinsen. 'Viele investieren mittlerweile lieber in den Garten, als dass sie das Geld auf die Bank tragen', ist die Erfahrung von Reiner Bierig. Vor allem ältere Leute würden lieber in einen schöneren Garten investieren, als noch energetische Maßnahmen ins Auge zu fassen.

Gerade durch den demografischen Wandel verändern sich auch die Anforderungen an einen Garten. Im Trend sind derzeit vor allem unterstützende Maßnahmen, die die Pflege des eigenen Gartens erleichtern, wie zum Beispiel eine Bewässerungsanlage oder Mähroboter. Immer öfter nachgefragt seien auch Hochbeete, damit man sich vor allem im Alter nicht mehr so bücken muss.

Die positive Auftragslage hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass es in den zurückliegenden Jahren im Garten- und Landschaftsbau zahlreiche Neugründungen gab. Derzeit hat der Verband rund 700 Mitglieder, von denen ein Drittel der Betriebe zwischen einem und fünf Mitarbeiter haben. Probleme bereite der Branche aber der Umstand, dass es gegenüber den klassischen Handwerksbetrieben keinen Schutz gebe. 'Jeder kann einen Garten- und Landschaftsbetrieb gründen, ob er etwas davon versteht oder nicht', kritisiert Bierig. Es gebe leider sehr viele Problembetriebe. Das sehe man schon daran, dass sich die Beschwerden beim Verband derzeit häuften. Bierig empfiehlt vor Auftragsvergabe, grundsätzlich nach der Qualifikation zu fragen. Ein Indiz dafür sei die Mitgliedschaft im Verband.

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