Ein langer und steiniger Weg


Öffentliche Hand. Wer vor dem Verwaltungsgericht gegen die öffentliche Hand klagt, muss sich auf einen langen, steinigen Weg einstellen. Selbst bei guten Argumenten sind die Erfolgsaussichten oft gering.

Die Schriftsätze füllen mittlerweile zwei dicke Aktenordner mit rund 800 Seiten. Vor zwei Jahren verklagten drei große Wohnungsbauunternehmen aus Ludwigsburg die Stadt. Der Vorwurf, die Kommune würde mit ihrer städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBL gegen das kommunalrechtliche Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Danach ist eine wirtschaftliche Tätigkeit von Gemeindeunternehmen außerhalb der Daseinsvorsorge subsidiär (unterstützend) nur dort zulässig, wo die Aufgaben durch die Privatwirtschaft nicht ebenso gut erfüllt werden können. Gegen dieses Prinzip soll die WBL nach Auffassung der klagenden Unternehmen mit dem Bau und Verkauf von Eigentumswohnungen verstoßen.



Vor zwei Jahren verklagten drei Ludwigsburger Bauträger die Barockstadt. Im Video erklärte damals Jürgen Pflugfelder, warum die Unternehmen diesen Schritt gegangen sind.

„Für Kläger sind derartige Verfahren richtig aufwendig“, erklärt Winfried Porsch, der als Verwaltungsjurist bei Dolde Mayen & Partner die Ludwigsburger Bauträger vertritt. Der erfahrene Jurist macht keinen Hehl daraus, dass Prozesse gegen die öffentliche Hand selten gewonnen sind.

„Die Chance liegt bei 20 Prozent, und es ist ein langer, steiniger Weg. Um zu gewinnen, sei viel Rechercheaufwand nötig. Wir haben uns damals gut überlegt, ob das überhaupt der richtige Weg ist“, erinnert sich der Anwalt an die ersten Gespräche mit seinen Mandanten. Erst nachdem in mehreren Gesprächsrunden mit der Stadt Ludwigsburg keine greifbaren Ergebnisse erzielt wurden, habe man sich zur Klage entschlossen.

Allein bis in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht überhaupt mündlich verhandelt und ein Urteil gesprochen wird, können Jahre ins Land ziehen. Derzeit rechnet der Jurist damit, dass es im Spätherbst dieses Jahres zu einer ersten mündlichen Verhandlung in Sachen Ludwigsburg kommen wird. „Sicher ist das aber noch nicht“, räumt er aber dennoch ein.

Denn die Verwaltungsgerichte seien derzeit vor allem aufgrund der zahlreichen Asylverfahren vollkommen überlastet. Jedes Jahr kämen Tausende von neuen Fällen hinzu. „Als wir im Mai 2017 unseren Antrag gestellt haben, hatten wir schon das Aktenzeichen mit der Endnummer 7000“, so der Verwaltungsjurist. Dass viele dieser Verfahren länger dauern, liege aber auch an der Besonderheit des Verwaltungsrechts. Im Gegensatz zum Zivilrecht könnten hier die Richter auch selbst ermitteln und Beweise erheben, weil die Themen meist im öffentlichen Interesse sind, so Winfried Porsch.

Bedenken, dass Verfahren von Unternehmen gegen die eigene Stadt „verbrannte Erde“ hinterlassen könnten, sieht der erfahrene Verwaltungsjurist nicht zwangsläufig, räumt aber ein, dass „da schon etwas mitschwingen kann“. Andererseits müsse eine Kommune so eine Streitigkeit professionell aushalten können. Das Grundgesetz gewährleiste effektiven Rechtsschutz für die Bürger, und die Verwaltungsgerichte hätten die Aufgabe, die rechtlichen Grenzen für die Tätigkeit der öffentlichen Hand aufzuzeigen.

Unabhängig von den Prozessbeteiligten ist das Interesse an dem Thema groß. Geht es doch letztendlich auch darum, wie weit die Daseinsvorsorge und der Bestandsschutz der Kommunen bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit reicht. Sollten sich die Richter je der Meinung der Kläger anschließen, könnte das weitreichende Folgen für die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften haben.

Doch bis zu einer Entscheidung ist noch ein weiter Weg. Und dann gibt es ja auch noch den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.