Beim nächsten Umzug wird's einfacher

Umzug. Wenn Unternehmen umziehen, ist viel Organisationstalent gefragt. Doch nicht alles lässt sich bis ins kleinste Detail planen. Immer häufiger bestimmt die technische Infrastruktur die Abläufe.


Wenn Ulrich Wecker früher aus seinem Bürofenster blickte, hatte er das Stuttgarter Rathaus immer fest im Blick. 'Das war auch notwendig', scherzt der Geschäftsführer von Haus & Grund. Wie berichtet, wird die Geschäftsstelle der Interessenvertretung der Hauseigentümer in der Gerokstraße 3 in Stuttgart in den nächsten zwölf Monaten von Grund auf modernisiert. Jetzt stand erst einmal der Umzug an die Interimsstandorte Haußmannstraße 1 - hier ist während der Umbauzeit die Geschäftsleitung ansässig - und Gerokstraße 8 - hier befinden sich interimsweise unter anderem der Empfang und die Beratungsdienste - an.

Der Besuch nötigt einem mangels Fahrstuhl in Anbetracht von fünf Stockwerken schon eine gewisse Kondition ab. Wecker gibt sich sportlich: 'Ich habe auch früher trotz Aufzug die Treppe genommen.' Trotzdem schlaucht auch ihn der Umzug. 'Man unterschätzt die Wege, die in so einer Zeit zurückgelegt werden, auch wenn man keine Kisten geschleppt hat', gibt er unumwunden zu. Während Umzüge schon für Privatleute ein Abenteuer sein können, weil man nie alle Unwägbarkeiten im Vorfeld planen kann, stellen derartige Maßnahmen Unternehmen, Behörden und Vereine mit Kundenverkehr vor besondere Herausforderungen. Beispiel Haus & Grund: auch in der Interimsphase wollen die rund 20 000 Mitglieder persönlich oder am Telefon betreut werden. Ursprünglich war vorgesehen, die Sanierungsmaßnahmen etagenweise parallel zum Geschäftsstellenbetrieb durchzuführen. 'Bei der Probebohrung haben wir vier Stockwerke weiter unser eigenes Wort nicht mehr verstanden. Danach war uns klar, dass wir das Gebäude während der Sanierung schweren Herzens verlassen müssen', so Wecker. Eine Alternative wäre gewesen, auf der jetzigen Parkfläche ein Containerdorf hinzustellen. 'Das ist aber nicht ganz billig und müsste im Sommer auch klimatisiert werden', erläutert Wecker. Außerdem wäre es schwierig gewesen, schon allein die 40 Mitarbeiter der Geschäftsstelle für die Umbauzeit in Containern unterzubringen.

Dass Haus & Grund jetzt in unmittel­barer Nähe der Geschäftsstelle Ausweichquartiere fand, ist eher Zufall. Durch die Prokon-Insolvenz war die Fläche in der Gerokstraße 8 zufällig frei geworden. 'Es gab anfangs auch die Überlegung, für den Umbauzeitraum komplett in ein Gewerbegebiet umzuziehen.' Letztendlich entschied man sich aber im Interesse der Mitglieder für die standortnahen Ausweichquartiere. Aber auch im Eigeninteresse. So kann Geschäftsführer Wecker jeden Tag zu Fuß auf der Baustelle nach dem Rechten sehen.

Obwohl Haus & Grund mit der jetzt gefundenen Interimslösung ganz zufrieden ist, gibt Ulrich Wecker zu bedenken, dass die Suche für Unternehmen oder Institutionen mit Publikumsverkehr durchaus langwierig sein kann. Ist ein geeignetes Objekt gefunden - das gerade mit Kundenverkehr auch barrierefrei sein sollte -, müsse auch der Vermieter bereit sein, nur für einen begrenzten Zeitraum zu vermieten. Doch gerade in Ballungsräumen sind die zen­trumsnahen Angebote meistens Mangel­ware. Sein Tipp: so rechtzeitig wie möglich mit der Suche beginnen und sich vorher überlegen, was man unbedingt braucht und was verzichtbar wäre.

Dass bei einem Umzug trotz optimaler Planung nicht immer alles wie am Schnürchen klappen kann, war auch Ulrich Wecker von vornherein klar. 'Die Komplexität, den Geschäftsbetrieb auf zwei Standorte aufzuteilen, ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen', gibt er unumwunden zu. Vor allem die technische Infrastruktur - also Telefonanlage, Netzwerk und Internet - für eine Verwaltung in der Größenordnung von Haus & Grund bestimme praktisch die ganzen Abläufe. 'Menschen auf den Mond zu schießen ist leichter, als die technische Infrastruktur für ein Büro einzurichten.' Das könne man nicht lang genug im Voraus planen. Aber selbst dann ist nicht gewährleistet, dass mit dem Einzug auch die Telefonleitung steht. 'Wir hatten alle Beteiligten rechtzeitig an einem Tisch.' Wenn man aber als technischer Laie selbst von der Materie nur wenig verstehe, sei es schwierig, in der heißen Phase einzugreifen oder Maßnahmen zu hinterfragen. 'Ein Stück weit ist man immer auch dem Leitungsanbieter ausgeliefert', gibt der Haus-&-Grund- Geschäftsführer unumwunden zu. Auch andere Dinge sind zu organisieren. 'Sie brauchen eine Beschilderung, das Büromaterial muss auf die beiden Interimsstandorte verteilt werden, die Mitarbeiter und Kunden beziehungsweise bei Haus & Grund die Mitglieder müssen informiert werden.'

Aber auch Versicherungen müssen geändert, die Post- und Kurierdienste instruiert werden und, und, und. 'Beim Rück­umzug, voraussichtlich im nächsten Sommer, können wir auf unseren reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen', gibt sich Ulrich Wecker zuversichtlich. Abschließend freut er sich aber auch, dass er mit insgesamt nur zwei Tagen Schließung die Geschäftsstelle wieder funktionsfähig machen konnte, was nur möglich gewesen sei, weil alle Mitarbeiter und Dienstleister an einem Strang gezogen haben. Ingo Dalcolmo

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