„Die Wohnung ist Sozialgut“

Preisgestaltung. Es gibt durchaus noch bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart. Eine Genossenschaft macht es vor. Trotzdem kann ein und dieselbe Wohnung teurer werden, wenn die Stadt die Miete bezahlt. Wie das geht?

„Ich werde immer wieder gefragt, ob ich überhaupt rechnen kann“, sagt Josef Vogel, Geschäftsführender Vorstand der LBG Landes-Bau-Genossenschaft Württemberg eG. Denn die Mieten in den Bestands-Wohnungen der LBG in Stuttgart liegen im Schnitt bei 6,58 Euro pro Quadratmeter, während andernorts bereits bis zu 17 Euro pro Quadratmeter aufgerufen würden. „Wir betrachten unsere Wohnungen als Sozialgut und nicht nur als Wirtschaftsgut“, rechtfertigt Josef Vogel die niedrigen Mieten.



Dass die Landes-Bau-Genossenschaft ohne Not auf sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter bei den Mieteinnahmen für ihre eigenen Wohnungen verzichtet, während andernorts immer neue Spitzenwerte verlangt werden, lässt manchen Mitbewerber an den Rechenkünsten der Vorstände zweifeln. Josef Vogel nimmt Kritikern aber schnell den Wind aus den Segeln. „Wir lassen bei unseren Kalkulationen auch mal die Grundstückskosten außen vor, da diese ja nicht an Wert verlieren. Außerdem rechnen wir unsere Investitionen nicht über 35 sondern 55 Jahre, erklärt Mathias Friko, ebenfalls Geschäftsführender Vorstand und Josef Vogel ergänzt, „wir geben uns auch mit zwei bis drei Prozent Rendite zufrieden“. Schließlich wolle die LBG ihren Mitgliedern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Doch manchmal bleibe der LBG auch gar nichts anderes übrig, als mehr zu verlangen, als man selbst für die Miete kalkuliert hatte. Zum Beispiel, wenn die Stadt Stuttgart die Miete bezahlt. Davon betroffen sind einige der aktuell 17 Wohnungen, die die Genossenschaft im Rahmen des Bündnisses für Wohnen der Stadt überlassen hat. Für diese Wohnungen gilt nämlich als Vergleichswert mit einem Mietpreisabschlag die ortsübliche Miete, die auch für die städtische Wohnungsgesellschaft gilt. „Die zulässige Miete liegt dabei höher als unsere eigene Miete“, sagt Josef Vogel.

Wie groß die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in Stuttgart ist, bekommt die Landes-Baugenossenschaft Württemberg immer dann hautnah mit, wenn sie eine Wohnung zu vermieten hat. „500 Anfragen auf eine Wohnung sind die Regel“, so Mathias Friko. Um Mieter zu werden, muss man allerdings Mitglied bei der LBG werden. Dazu müssen fünf Geschäftsanteile a 160 Euro erworben werden. „Die 800 Euro sind quasi die Kaution, für die wir aber nach Genehmigung durch die Organe derzeit jedes Jahr eine Dividende von 4 Prozent plus ein Prozent Solarbonus – Beteiligung vom jährlichen Gewinn der Photovoltaikanlagen – ausschütten“, so Josef Vogel.

Dafür, dass nicht mehr Wohnungsunternehmen dem Beispiel der LBG folgen, hat Josef Vogel eine einfache Erklärung: „Jeder verfolgt seine eigene Geschäftspolitik“. Dass es dem Unternehmen deshalb nicht schlechter geht als anderen, zeigt der jetzt vorgelegte Finanzbericht 2017. So stieg das Eigenkapital von 71,2 im Jahr 2008 auf 114,4 Millionen Euro Ende 2017. Bis in einigen Jahren soll der Bestand von heute 5400 auf 6000 Wohnungen gesteigert werden – eine Voraussetzung, die Stadt Stuttgart hält ihr Versprechen und verkauft die städtischen Grundstücke nicht zum Höchstgebot.