Im Zweifel gegen den Kunden

Recht. Immobilienmakler müssen nach dem Geldwäschegesetz vor dem Abschluss eines Maklervertrages die Identität ihres Kunden feststellen. Im Zweifelsfall sollen sie auch Verdachtsfälle melden.

Wer sich für eine über einen Makler zum Kauf angebotene Immobilie informieren will, darf sich nicht wundern, wenn dieser vom potenziellen Interessenten den Per­sonalausweis verlangt. Denn Immobiliendienstleister sind nach dem Geldwäsche­gesetz (GwG) dazu verpflichtet, die Identität ihrer Kunden vor dem mündlichen oder schriftlich abgeschlossenen Maklervertrag festzustellen und zu überprüfen. Die Vermittlung von Mietverträgen ist derzeit von dieser Regel nicht betroffen.

Hintergrund: mit dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (GwG Geldwäschegesetz) soll verhindert werden, dass diese Einnahmen in Umlauf gebracht und 'gewaschen' werden. Neben Banken, Versicherungen, Treuhändern, Anwälten und Steuerberatern gehören auch Immobiliendienstleister zu den Verpflichteten des GwG und müssen die Sorgfaltspflichten des Gesetzes anwenden, so der ivd Immobilienverband Deutschland.

Ein Beispiel: Familie A interessiert sich für ein Reihenhaus, das Makler B anbietet. Zur Besichtigung kommt Familie A mit Kind und Kegel. Bevor es aber losgeht, muss sich der Makler nach dem Geldwäschegesetz den Personalausweis zeigen lassen, Namen, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Anschrift, Ausweisnummer und ausstellende Behörde notieren oder eine Kopie vom Ausweis machen. Zum Schluss fragt der Makler auch noch nach, ob man im eigenen wirtschaftlichen Interesse oder für einen Dritten handelt. 'Bei so einem aufwendigen Prozedere bereits im frühen Stadium bleibt es nicht aus, dass sich der eine oder andere Kunde vom Makler bespitzelt fühlt', kritisiert Professor Stephan Kippes, Professor für Immobilienmarketing an der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, die Konsequenzen aus dem Gesetz.

Doch das Aufzeichnen der persönlichen Daten ist bei weitem nicht alles: Makler sollen dem Gesetzgeber auch bereits Verdachtsmomente melden. Etwa wenn ein Interessent anbietet, ein Immobiliengeschäft komplett in bar abzuwickeln, die Anzahlung und die Provision in bar zu leisten oder für eine Immobilie in schlechter Lage einen überhöhten Preis zu bezahlen, heißt es in einem vom ivd herausgegebenen Merkblatt für Mitarbeiter von Maklerbüros.

Stephan Kippes befürwortet ebenfalls, gegen Geldwäsche jedweder Art vorzugehen. Er bezweifelt allerdings, ob der Makler in dieser frühen Phase der sich anbahnenden Geschäftsbeziehung überhaupt der richtige Adressat für die Anwendung des Geldwäschegesetzes sei. 'Bei der Kontaktaufnahme weiß man doch noch gar nicht, ob etwas aus dem Geschäft wird oder nicht.' Hier seien doch eher die Notare und Banken gefordert, über die die tatsächlichen Geldflüsse spätestens mit der Übertragung des Eigentums erfolgten, so der Immobilienexperte. Für die Makler ist die Anwendung des Geldwäschegesetzes schon lange ein heikles Thema, und es wird gerne auch schon mal verdrängt. Einerseits drohen hohe Geldbußen, wenn bei Stichprobenkontrollen der Aufsichtsbehörde, den Regierungspräsidien, herauskommt, dass man seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Andererseits will es sich auch kein Makler mit seiner Kundschaft vergrätzen und schon gar nicht in Verdacht geraten, dass womöglich die kleine Plauderei am Rande der Besichtigung womöglich in Form einer Aktennotiz beim Landeskriminalamt landet. Dorthin müssen nämlich die Makler laut Gesetz sogenannte Verdachtsmomente melden.

Rechtsanwalt Thomas Haas, Prokurist bei Hildenbrandt Immobilien in Stuttgart, hat deshalb schon vor Monaten Kontakt zum Regierungspräsidium aufgenommen, um 'Klarheit über die Verfahrensweise in dieser Sache' zu gewinnen. Sein persönliches Fazit: 'Die Regierungspräsidien fassen es nicht ganz so hart an, wie es im Gesetz steht'. Von der Verpflichtung der Identifizierung- und Überprüfungspflicht sprechen sie aber dennoch keinen Makler frei.

Haas glaubt, dass sich durch die gesetzlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes und anderer Gesetze, wie zum Beispiel dem Widerrufsrecht bei Maklerverträgen, das ab Juni kommen soll, sich die Arbeitsweise der Immobiliendienstleister grundsätzlich ändern wird. 'Am Anfang sollte künftig bei jedem Makler das persönliche Gespräch stehen', so der Rechtsanwalt.

Auch die Baden-Württembergische Bank (BW-Bank) muss auf Basis des Geldwäschegesetzes ihre Immobilieninteressenten entsprechend identifizieren 'und bei Verdachtsmomenten gegebenenfalls melden', erläutert Roland Waidmann von der Immobilienvermittlung der BW-Bank. In 99,9 Prozent aller Fälle gebe es auch keine Schwierigkeiten, wenn man beim Besich­tigungstermin nach dem Personalausweis frage. 'Die meisten haben Verständnis', so Waidmann. Er räumt aber auch ein, dass sich durch das GwG so mancher Kunde mehr oder weniger kontrolliert fühle.

Jürgen Pflugfelder von Pflugfelder Immobilien sieht das ähnlich: 'Wir halten es für sehr wichtig, dass mit allen staatlichen Möglichkeiten gegen Geldwäsche vorgegangen wird.' Für Makler sei es oft unangenehm, bereits vor der Besichtigung um die Legitimation der Interessenten zu bitten. Sinnvoll wäre sicherlich, dass die Aufsichtsbehörden umfassend die Verbraucher, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes, über die gesetzlichen Notwendigkeiten informierten, so der Ludwigsburger Makler.

Simone Dertinger von der Aufsichts­behörde nach dem Geldwäschegesetz beim Regierungspräsidium Stuttgart lässt keinen Zweifel daran, dass ihre Dienststelle die Einhaltung der Vorschriften überwacht. Bei Vorortprüfungen beim Makler schaut sich die Aufsichtsbehörde auch schon mal die getätigten Käufe und Verkäufe an und prüft, ob auch entsprechende Belege zu den Interessenten vorhanden sind. Das ist nicht immer angenehm. 'Wir bekommen öfter zu hören, dass wir die Makler nur als Spitzel benützen. Dann müssen wir ihnen eben erklären, warum die Präventionsmaßnahmen so wichtig sind', sagt Simone Dertinger vom Regierungspräsidium.

Ihre bisherigen Erfahrungen: viele Makler sehen es ein, aber es gibt natürlich auch welche, die es nicht so sehen. Dann drohen Bußgelder bis zu 100 000 Euro. Ein starkes Argument. Ingo Dalcolmo

© 2014 STUTTGARTER ZEITUNG