Der Garten, das zweite Wohnzimmer



Garten- und Landschaftsbau. Der eigene Garten entwickelt sich immer mehr zum zweiten Wohnzimmer und Rückzugsort. Noch nie wurde so viel investiert wie im zurückliegenden Jahr.


Die Hausbesitzer im Land investieren nach wie vor viel Geld in ihren Garten. So lag das durchschnittliche Auftragsvolumen im zurückliegenden Jahr für Gartengestaltungen zwischen 15
000 und 40000 Euro, so Reiner Bierig. Das Geld werde dabei vorwiegend für kleinere Umgestaltungen ausgegeben.



Ein Trend dabei: Der Garten wird immer mehr zum erweiterten Wohnraum mit Sitzecken, Outdoor-Küchen und Wasserspielen, so der Geschäftsführer vom Gala Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg. Wasser spielt dabei eine große Rolle. Wer es sich leisten kann, baut in seinen Garten auch einen klassischen Swimmingpool oder einen Naturbadeteich.

„Der Garten entwickelt sich immer mehr zu einem Ort, wo die Menschen ihre Seele baumeln lassen und wieder Kraft vom Alltag schöpfen.“ Das schlägt sich in der Branche natürlich auch in den Zahlen nieder. So konnte der Umsatz mit 1,52 Milliarden Euro im zurückliegenden Jahr nochmals um vier Prozent gesteigert werden. „Das ist ein neuer Rekord“, freut sich Reiner Bierig. Der durchschnittliche Stundenverrechnungssatz der Branche liegt laut dem Verbandsgeschäftsführer bei rund 48 Euro, während sich die Rendite zwischen drei und sechs Prozent bewegt.

Zu wenig aus der Sicht des Geschäftsführers, um die jetzt notwendigen Investitionen in Fuhrpark und Maschinen zu stemmen. Dazu sollte die Rendite bei wenigstens zehn Prozent liegen. Investiert wird dafür kräftig in den Nachwuchs. So stieg die Zahl der Auszubildenden im zurückliegenden Jahr um weitere fünf Prozent von 1260 auf 1340 in Baden-Württemberg. Dabei engagierten sich zunehmend die Betriebe auch dabei, Flüchtlingen den Weg in eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Nach wie vor sei aber die Sprache das größte Problem bei der Ausbildung der aktuell 50 Flüchtlinge.

Insgesamt gibt es im Land 2300 Gala-Betriebe, von denen die 760 im Verband organisierten Unternehmen rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes erbringen. Durchschnittlich hat jeder Betrieb 15 Mitarbeiter. Drei Prozent der Betriebe verfolgen streng ökologische Ziele.

Nach wie vor tragen die privaten Auftraggeber mit rund 60 Prozent am stärksten zum Umsatz bei. Vereinzelt würden bis zu 1,5 Millionen Euro in die Gartengestaltung investiert. „Das liegt sicherlich auch am positiven wirtschaftlichen Umfeld“, kommentiert der Gala-Geschäftsführer die teilweise sehr hohen Investitionskosten. Das schlägt sich auch in den Wartezeiten nieder. Zwischen 12 und 15 Wochen Vorlauf benötigen derzeit die Betriebe in Baden-Württemberg, so Reiner Bierig.

Der Anteil der öffentlichen Hand und der gewerblichen Auftraggeber liegt wie in den vergangenen Jahren jeweils bei 20 Prozent. Weil es im zurückliegenden Jahr mehr Haushaltsmittel gab, habe im öffentlichen Bereich der Sportplatzbau leicht angezogen. Hier würden derzeit vor allem Instandhaltungsmaßnahmen vergeben. Einen positiven Schub habe es auch durch das Bundesprogramm „Stadtgrün“ gegeben, mit dem Konzepte für eine grüne Stadt wie das Leben am Fluss, Spielplätze und die Erhaltung oder Schaffung von Freiflächen in den Städten finanziert werden sollen.

Doch nicht überall findet mehr Grün ungeteilte Freude. „Überall dort, wo der Druck auf den Wohnungsmarkt größer wird, steigt auch die Gefahr, bestehende Freiflächen für den Wohnungsbau zu versiegeln“, so Reiner Bierig. Gerade in den Ballungsräumen komme es immer wieder zum Konflikt zwischen dem Wunsch nach Nachverdichtung und der Schaffung von Freiflächen. Doch gerade eng bebaute Städte brauchten viel Grün, damit aus den dicht besiedelten Quartieren keine Ghettos werden. Begrünte Dächer und Hausfassaden seien eine Möglichkeit. Während grüne Dächer nach dem heutigen Stand der Technik bereits auf jedem Dach umgesetzt werden könnten, sofern die Statik stimmt, sei die vertikale Begrünung derzeit noch relativ teuer, gewinne aber immer mehr an Bedeutung. Allerdings werde Grün allein die Feinstaubproblematik in den Städten nicht lösen, sagt Reiner Bierig.

Große Probleme bereitet den Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus nach wie vor, in den Ballungsräumen geeignete Betriebsstandorte zu finden. „In Gewerbegebieten wollen die Städte die Betriebe nicht, weil das Verhältnis von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen zum benötigten Flächenbedarf zu gering ist, und auf der grünen Wiese gibt es Bedenken des Naturschutzes“, skizziert Reiner Bierig das Problem. Ein durchschnittlicher Betrieb mit 15 Mitarbeitern braucht zwischen 3000 und 4000 Quadratmeter Fläche.