Die digitale Herausforderung


Immobilie 4.0. Die Digitalisierung und Vernetzung wird die Geschäftsmodelle der Immobilien- und Baubranche nachhaltig verändern. Doch vorerst kämpft man noch mit ganz profanen Themen.

Sie befinden sich in einem ,Haus der Wunder‘“, begrüßt Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, die rund 200 Teilnehmer des 7. Stuttgarter Immobilientags zum Thema „Immobilie 4.0“. „Der Zeit- und Kostenrahmen des Neubaus wurde tatsächlich eingehalten. Allerdings mussten wir 18 Monate auf die Baugenehmigung warten.“ Eigentlich gibt es den Begriff Immobilie 4.0 so gar nicht. Er ist vielmehr eine Abwandlung des Marketingbegriffs Industrie 4.0, der die Verzahnung der industriellen Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik beschreibt – so eine von vielen Definitionen. Ähnlich geht es bei „Immobilie 4.0“ um digitale Umsetzungsstrategien für Planungsprozesse und Kundenbeziehungen in der Immobilien- und Baubranche.


Brauchen wir Smart Home überhaupt? Welche Bedeutung haben Future Assets für die Digitalisierung? Zwei Wissenschaftler stehen Rede und Antwort.

Die Digitalisierung der Branche ist längst in vollem Gange. Planungsprozesse wie das Building Information Modeling, kurz BIM genannt, oder Begriffe wie Smart Home, bei dem es um die Vernetzung ganzer Häuser und Wohnungen vom Kühlschrank bis zum Fernseher geht, sind keine Utopie mehr. Doch die schöne neue digitale Welt hat einen kleinen Haken. Wer die Technik nutzen will, ist auf gute Mobilfunk- und Breitbandnetze angewiesen. Und da sieht es außerhalb der großen Städte oft schlecht aus, kritisiert Axel Ramsperger, stellvertretender Vorstandsvorsitzender vom Verband IWS Immobilienwirtschaft Stuttgart. Sobald man sich außerhalb Stuttgarts bewege, sei man datentechnisch im Nirwana. „Wir brauchen dringend eine flächendeckende Netz-Abdeckung auf Highspeed-Niveau“, fordert er. Dass nicht einmal bei der IHK der LTE-Empfang durchgängig funktioniere, zeige, dass hier noch viel zu tun sei. Nur am Rande: Die IHK stellt ihren Gästen kostenlos für die Zeit ihres Aufenthalts das hauseigene WLAN-Netz zur Verfügung. Und das ist richtig schnell. Das Problem mit dem schlechten Handyempfang ist ebenfalls erkannt. Zusätzliche Leitungen sollen künftig den Mobilfunkempfang überall im Haus sicherstellen.

Doch was bedeutet Immobilie 4.0? Geht es nur um die Digitalisierung und Vernetzung? Professor Bernd Thomsen, CEO der Thomsen Group, sieht einen Paradigmenwechsel, der die ganze Immobilien- und Baubranche ergreifen wird. „Wir werden künftig nicht nur andere Fragen stellen, sondern auch Probleme anders lösen“, glaubt er. Bis dahin müssen aber noch flächen­deckende Zugänge geschaffen werden sogenannte Hotspots. Und: Die Kosten für die mobile Datenübertragung sind noch viel zu teuer. Andere Länder seien da schon wesentlich weiter

Thomsen sagt aber auch, dass die Digitalisierung nur eines von vielen Zukunftsthemen sei. „Innovationen sind nicht von der Digitalisierung abhängig. Wichtig ist die analoge und digitale Balance“, betont er. Bei dem aktuellen digitalen Wahn dürfe man nicht außer Acht lassen, dass sich Menschen auch noch treffen wollen. „Die Digitalisierung soll in erster Linie der Optimierung und Vereinfachung von Prozessen dienen.“ Die Technologie sei dabei wie der Wind in den nassen Fingern. Innovation bedeute heute, Produkte zu entwickeln, die von den Menschen in 50 Jahren genutzt werden, aber schon heute genutzt werden wollen.

Für Professor Mike Friedrichsen vom Global Institute for Digital Transformation in Stuttgart sind die großen Themen der Digitalisierung wie zum Beispiel Smart Home längst in den Alltag eingezogen. „Die Technik ist bereits Bestandteil der meisten Haushaltsgeräte.“ Nur die Datenkommunikation sei derzeit noch ein großes Problem. „Noch werden wir aber von der Komplexität der unterschiedlichen Systeme vollkommen erschlagen“, kritisiert er. Im Prinzip gehe es doch darum, vernetzt zu denken und zu handeln

Nur wenn es künftig intelligente Plattformen und Lösungen für das Smart Home gebe, werde der Konsument auch einen Nutzwert erkennen. Vieles werde auch davon abhängen, wie es gelingt, die Sicherheitsfragen rund um die Vernetzung des Internets der Dinge zu lösen.

Gerade die Kompatibilität und die dafür notwendigen Schnittstellen seien noch ein großes Sicherheitsproblem. Hier seien aber neben den Herstellern auch die Verbraucher gefordert – Stichwort Passwortschutz. Aufzuhalten sei die Entwicklung aber schon lange nicht mehr.