Die digitale Immobilie

Expo Real. Noch ist die Digitalisierung nicht überall in der Immobilienwirtschaft angekommen. Doch geändertes Nutzerverhalten und zunehmender Kostendruck zwingen langfristig zum Umdenken.


Es war eine Messe der Superlative. Nicht nur, dass sich in diesem Jahr auf der am Freitag zu Ende gegangenen Expo Real in München mit mehr als 1900 Ausstellern deutlich mehr Unternehmen, Städte und Regionen auf der größten Fachmesse für Immobilien und Investitionen in Europa präsentierten als im Vorjahr.



Mehr noch als in den Vorjahren waren die Investoren auf der Suche nach neuen Projekten. Besonders beliebt: die Region Stuttgart mit der Landeshauptstadt. Längst stehen die Besucher nicht mehr nur geduldig an, wenn es darum geht, eine der begehrten Handymaultaschen in der Mittagszeit zu ergattern. Anstehen heißt es auch bei den Grundstücken, von denen es viel zu wenige in der Region gibt.

Selbst der interkommunale Stadtteil Flugfeld Böblingen/Sindelfingen ist bereits zu 75 Prozent verkauft. Mittlerweile würde um die wenigen freien Grundstücke ein regelrechter Bieterwettkampf entstehen, kommentiert Peter Brenner, Geschäftsführer vom Zweckverband. Der Mangel an Büroflächen führt aber auch dazu, dass Gewerbemakler bereits 24 Monate vor Auslaufen eines Mietvertrages auf die Mieter zugehen und mit ihnen über eine Verlängerung des Mietverhältnisses verhandeln. „Oft wird sogar ein höherer Preis akzeptiert“, ist die Erfahrung von Alexander Veiel, Niederlassungsleiter von Jones Lang LaSalle in Stuttgart.


Erstmals widmet die Expo Real in diesem Jahr dem digitalen Wandel in der Immobilienwirtschaft ein eigenes Forum. Professor Stephan Kippes, Leiter des ivd Marktforschungsinstitutes und Professor an der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, glaubt, dass die Digitalisierung mittel- bis langfristig einer der großen Megatrends werden wird.


Dabei geht es einerseits um den klassischen Planungs- und Bauprozess, andererseits um die Nutzung, erklärt Peter Tzeschlock, Vorstandsvorsitzender von Drees & Sommer. Jüngstes Projekt des Ingenieurdienstleisters in der Region Stuttgart ist das Digitalisierungsprojekt Flugfeldklinik 4.0 in Böblingen/Sindelfingen. „Für uns bedeutet Digitalisierung in erster Linie Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. Heute würden sich die Anforderungen an eine Bürofläche viel schneller verändern als noch vor einigen Jahren. „Und darauf muss eine Immobilie reagieren können.“ Erst durch digitale Systeme werde es möglich, günstige Maßnahmen zur Veränderung zuzulassen. So könnten Umbaumaßnahmen teilweise über Nacht oder über ein Wochenende realisiert werden, sagt Peter Tzeschlock.

Für Professor Robert Göötz von der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt wird die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft erst dann wirklich spannend, wenn auch die Vermietungsprozesse und Verträge digital erfolgten. Doch so weit sei man noch lange nicht. Wohl auch, weil dafür erst die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten.