"Verwalter" des Wohnungsmangels


Wohnungsmarkt. Weil immer noch zu wenig in den Wohnungsbauinvestiert wird, geht die Schere zwischen Mieten und Kaufpreisen fürImmobilien in den großen Städten des Landes immer weiter auseinander.

„Wir verwalten eigentlich nur noch den Mangel“, bestätigt Professor Stephan Kippes bei der Vorstellung des Preisspiegels Baden-Württemberg für Wohnimmobilien vom Immobilienverband Deutschland die Situation für Makler auf dem Immobilienmarkt in den großen Städten des Landes.

Im ivd haben sich Immobilienberater, Makler,Verwalter und Sachverständige organisiert. Trotz einer Steigerung des Transaktionsvolumens auf dem baden-württembergischen Immobilienmarkt um vier MilliardenEuro auf jetzt 31,5 Milliarden Euro sei der Markt praktisch leer gefegt. „Wir hätten deutlich mehr Immobilien zum Kauf vermitteln können, wenn es denn ein Angebot gegeben hätte“, so Kippes.

Die Schere zwischen Mieten und Kaufpreisen für Immobilien geht dabei im Land immer weiter aus-einander. Während die Mieten im Bestand von 2009 bis 2015 in Baden-Württemberg durchschnittlich um 14,1 Prozent stiegen, zogen im gleichen Zeitraum die Preise für Wohneigentum um 38,6 Prozent an. Seitdem Jahr 2009 habe das Kaufpreisniveau bei den Eigentumswohnungen vor allem in Pforzheim (+68,7 Prozent), Mannheim(+51,6 Prozent) und Heidelberg (+45,8 Prozent) deutlich angezogen. In Stuttgart, wo die Preise im Vergleich zu den baden-württembergischen Großstädten am höchsten liegen, gab es im untersuchten Zeitraum beiden Bestandsimmobilien einen Anstieg von34,7 Prozent.

„Es wird nach wie vor viel zu wenig gebaut“, stellt Kippes fest. Für den Marktforscher gebe es viele Möglichkeiten, in den Metropolen den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen. So sollten mittlere und große Unternehmen wieder verstärkt Mitarbeiterwohnungen anbieten. Gleichzeitig müssten aber auch die großen Wohnungsbaugesellschaften verstärkt in die Errichtung neuer Wohnungen investieren, anstatt Bestandsobjekte zu er-werben. „Es gibt nicht die Einzelmaßnahme“, sagt Kippes. So plädiere zwar auch derVerband für Innenverdichtung vor Außen-entwicklung. In der aktuellen Situation müsste aber auch wieder die Schaffung von Neubaugebieten ins Auge gefasst, neue Werkswohnungen gebaut und eventuell auch darüber nachgedacht werden, Gewerbeflächen sinnvoll um zu nutzen. Aber auch die Politik sieht der ivd in der Pflicht. Die jüngsten politischen Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnungsnot hätten die Situation eher verschärft. So hätten Bestellerprinzip und Mietpreisbremse dazu geführt, dass nur noch ein Drittel aller vermietbaren Wohnungen überhaupt auf den Markt kommen. Dass so wenig neue Wohnungen gebaut werden, liegt nach Ansicht des ivd aber auch an den „überzogenen“ Baustandards und der hohen Grunderwerbsteuer in Baden-Württemberg. Dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in absehbarer Zeitbesser könnte, glaubt beim ivd niemand. Zumal heute auch noch niemand weiß, in welchen Wohnungen die noch unbekannte Zahl von anerkannten Flüchtlingen unterkommen soll.

CO. Stuttgarter Zeitung