Zwischen Event und Nahversorgung


Handel. Steigende Nebenkosten, sinkende Frequenzen, Online-Handel. Das veränderte Kundenverhalten setzt den traditionellen Handel unter Druck. Eine Bestandsaufnahme.
Der Einzelhandel steht vor großen Herausforderungen. Sinkende Frequenzen, ein sich veränderndes Kundenverhalten auch durch den Online-Handel und neue Konzepte aus dem Ausland setzen die traditionellen Unternehmen immer stärker unter Druck. „Einmal in der Woche einen Kinderschminkkurs anzubieten, reicht im Handel einfach nicht mehr aus“, sagte Julia Graf, Regionalleiterin des IPH Centermanagements in München, jetzt auf dem 19. Immobilienkongress der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt HfWU in Nürtingen-Geislingen.

Der Anstieg der Nebenkosten und ein Überangebot an Flächen habe außerdem dazu geführt, dass immer öfter die Grundmieten unter Druck geraten und Zugeständnisse gemacht werden müssten. Außerdem seien die Zeiten vorbei, in denen Händler Mietverträge über zehn oder 15 Jahre unterschrieben.



Für die HfWU-Absolventin wird deshalb eine strategisch sinnvolle Vermietung von Handelsimmobilien immer wichtiger werden.
Zumal der Außer-Haus-Verzehr deutlich stärker wachse als der Handel. Hier sieht Julia Graf auch die Chancen für die Shoppingcenter, im Hyperwettbewerb zwischen Online-Handel und Monolabel-Stores zu bestehen. Hinzu komme, dass immer mehr Hersteller auch als Händler auftreten. Selbst bislang nur im Internet vertretene Unternehmen würden zunehmend auch stationäre Dependancen gründen. Auf der anderen Seite versuchten derzeit auch immer mehr Fachmärkte wie zum Beispiel das Bauhaus oder Ikea, mit Formatanpassungen und speziellen Citysortimenten die Innenstädte zu erobern.

Diese Entwicklung werde sich mittelfristig auch auf die Shoppingcenter in den Städten auswirken. Während sich Mietobjekte in den Metropolen und Großstädten weiterhin gut entwickeln dürften, werden die 1-a-Innenstadtlagen und Einkaufszentren in den Mittelstädten bis 20
000 Einwohner deutlich unter Druck geraten, weil sie zwischen dem Erlebniseinkauf in den Großstädten und der klassischen Nahversorgung zerrieben werden, schätzt die Immobilienexpertin. Zumal sich bei Shoppingcentern eine gewisse Marktsättigung abzeichne. Hinzu komme, dass gerade der inhabergeführte mittelständische Einzelhändler, und das sei immer noch die Mehrheit in Deutschland, zunehmend mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen habe und auf Preisveränderungen noch sensibler reagiere als die großen Filialisten.

„Erfolgreich werden künftig nur jene Handelszentren sein, die den Kunden noch zum Staunen bringen.“ Wie das gehen soll? „Die Unternehmen müssen sich künftig noch stärker am Kunden ausrichten.“ Die Regionalität werde an Bedeutung gewinnen, weg von der Filialisierung hin zum Erlebniseinkauf. „Künftig wird es darum gehen, die Leute mit Aktionen aus dem Sofa zu reißen und sie so in die Städte und Shoppingcenter zurückzuholen“, prophezeit die Immobilienexpertin.