Ohne die Region geht es nicht

Verband. Der neue Vorstandsvorsitzende des Verbandes IWS Immobilienwirtschaft Stuttgart setzt bei der Lösung der Wohnungsprobleme in der Landeshauptstadt auch auf die Region Stuttgart.


Stress begegnet er mit Wandern, Urlaub macht er lieber mehrmals im Jahr, dafür kürzer. 'Ich bin ein gradliniger Mensch und unkompliziert', charakterisiert sich Marc Bosch. Gerade eben erst ist der 51-Jährige zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Verbandes IWS Immobilienwirtschaft für die Metropolregion Stuttgart gewählt worden. 'Ein hochspannendes Ehrenamt', sagt er zu seiner Motivation für die Bewerbung.


Marc Bosch, neuer IWS-Vorstandsvorsitzender, zur Wohnproblematik in Stuttgart


Als Abteilungsleiter Wohn- und Gewerbebau bei der Wüstenrot Haus- und Städtebau und ehemaliger Projektentwickler bei der LEG Landesentwicklungsgesellschaft scheint er prädestiniert für das Amt zu sein: 'Ich kenne das politische Geschäft und weiß, dass nicht immer alle Meinungen unter einen Hut zu bringen sind.' Bosch sieht sich als Teamplayer, der 'wichtige Punkte nach vorne bringen will - egal wer das macht'. Vom 'Draufhauen' hält er wenig. Er will sich lieber darauf konzentrieren, den IWS breiter aufzustellen. Dazu gehört für den neuen Vorstandsvorsitzenden auch die Region. 'Wir werden die Probleme der Zukunft nur gemeinsam mit der Region lösen können'. Und die benennt er klar: den Wohnungsbau, die fehlenden Industrie- und Logistikflächen und die Infrastruktur des VVS. Für Bosch spielt die Region bei der Lösung der Probleme eine Schlüsselrolle. Er weiß aber auch, dass er hier noch viele 'dicke Bretter' mit seinen Vereinskollegen 'bohren' muss. Das größte Problem aus seiner Sicht: die Zersplitterung und die unzähligen Eigeninteressen der Kommunen in der Region. Ein erster Schritt könnte aus seiner Sicht auch darin bestehen, dass die Kommunen aus der Region Mitglied beim IWS werden. 'Vielleicht fangen wir mit zwei, drei Kreisen an', gibt er sich optimistisch. Von einem Papiertiger sei ein regional aufgestellter IWS aber weit entfernt: 'Man kann nicht immer gleich ermessen, ob etwas herausgekommen ist. Vielleicht müssen die wirtschaftlichen Probleme erst so groß werden, dass man zusammenrückt.'

Mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn ist Marc Bosch bislang noch nicht wirklich zusammengetroffen. 'Natürlich haben wir uns schon gesehen, aber das war kein Kennenlernen.' Er bricht aber schon mal eine Lanze für das Stadtoberhaupt. Der OB-Posten sei kein einfaches Amt, da die Entscheidungen immer zwischen persönlicher Meinung, Wahlauftrag und dem Willen des Gemeinderates abzuwägen seien. 'Die wichtigste Funktion des Oberbürgermeisters besteht darin, Mehrheiten zu finden.'

Insofern hält der Vorstandsvorsitzende das von OB Kuhn initiierte Bündnis für Wohnen für wichtig. 'Es wird zumindest einmal darüber gesprochen. Die Taten müssen in den Arbeitskreisen folgen.' Spannend sieht er deren künftige Besetzung. Mit der gleichen Spannung verfolgt Marc Bosch auch die künftige Besetzung des Baubürgermeister-Sessels in der Landeshauptstadt. 'Ich hoffe, dass mit Herrn Petzold ein toller Neuanfang möglich und neue Überlegungen angestellt werden können.'

Trotz allem Verständnis für die Arbeit eines Oberbürgermeisters verliert Bosch - der sich für seine Amtszeit das Thema Wohnen auf die Fahne geschrieben hat - keineswegs seine Ziele aus den Augen: 'Wenn die Stadt möchte, dass jemand für acht Euro pro Quadratmeter eine Wohnung anmieten kann, dann muss die Stadt die Differenz zum tatsächlichen Mietzins bezahlen', macht er seine Haltung deutlich. Genauso beim Thema Mietpreisbremse. 'Ich halte sie für unsinnig und in der Landeshauptstadt für kontraproduktiv.' Hier zeige sich wieder einmal, wie die Politik von der Gesellschaft vor sich hergetrieben werde.

Er zeigt aber auch Verständnis, wo andere aus seiner Branche schon mal draufhauen. 'Das Stuttgarter Baurechtsamt macht keinen schlechten Job. Die haben nur zu wenig Leute.' Im Übrigen sollten sich die Kritiker auch mal an die eigene Nase fassen. Das Baurecht sei hochkomplex und Fehler nicht immer vermeidbar. Er habe meistens gute Erfahrungen gemacht. Sein Tipp für Bauherren: Das Baurechtsamt 'mitnehmen' und nicht als Gegner sehen. 'Bevor wir (Wüstenrot) ein Grundstück kaufen, wissen wir, wo es hingeht.' - Dass er unter Umständen in dem einen oder anderen Fall auch mal mit seinem Job in Interessenkonflikte geraten könnte, will Bosch nicht generell ausschließen. 'Nicht alle Meinungen sind immer unter einen Hut zu bringen', sagt er offen. Dann müsse man miteinander reden und nach einem Kompromiss suchen.

Auch in punkto SIM, dem umstrittenen Stuttgarter Stadtentwicklungsmodell, setzt Bosch auf Sachlichkeit. 'Unsere Branche muss mit dem Thema umgehen und es in die Kalkulation mit einbeziehen.' SIM sei kein Hindernis zu bauen, so der IWS-Vorstandsvorsitzende weiter. Was die anderen IWS-Themen betrifft, will sich Bosch in den nächsten Wochen erst noch mit dem neuen Vorstand und Geschäftsführer besprechen. Eines ist aber schon jetzt anders: die Arbeit wird auf mehreren Schultern verteilt. Jedes Vorstandsmitglied vertritt einen anderen Themenschwerpunkt.

'So können wir das ehrenamtliche Engagement in einem erträglichen Rahmen halten. 'Das, was Peter Brenner, mein Vorgänger in den letzten zehn Jahren geleistet hat, war mehr als außerordentlich', zollt Bosch seinem Vorgänger Anerkennung, der dafür auf der Hauptversammlung einstimmig zum Ehrenmitglied des IWS ernannt wurde. Und Marc Bosch kann dann dank der Aufgabenverteilung auch weiterhin beim Wandern auf der Schwäbischen Alb Stress abbauen.


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