Wachstum gerecht verteilen


Immobiliendialog. Die Landeshauptstadt kann nur gemeinsam mit der Region ihre Flächenprobleme lösen. Doch das setzt voraus, dass auch über eine gerechte Verteilung des Wachstums diskutiert wird.

Für Thomas Bopp, den Vorsitzenden des Verbands Region Stuttgart, steht die Region vor großen Herausforderungen. „Uns gelingt es derzeit nicht, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, räumte er beim 9. Immobiliendialog Region Stuttgart vor rund 450 Immobilienexperten im Rathaus der Landeshauptstadt ein. Seine Sorge: In den nächsten zehn Jahren werden rund 150
000 Menschen in der Region aus dem Erwerbsleben ausscheiden. „Wenn wir die Wirtschaftskraft der Region erhalten wollen, müssen genau so viele Menschen zuwandern.“ Doch der benötigte Wohnraum etwa in der Größenordnung einer Mittelstadt sei noch gar nicht gebaut.



Im Video erläutern Teilnehmer des 9. Immobiliendialogs, wo Sie die Chancen und Aufgaben der Region beim Thema Flächenknappheit sehen.

Besonders schwierig ist die Situation in der Landeshauptstadt, deren Entwicklungsmöglichkeiten schon aufgrund ihrer Topografie stark eingeschränkt sind. Die 600
000-Einwohner-Stadt ist beliebt – entsprechend gering vor allem das Angebot an preisgünstigen Wohnungen. Der Baubürgermeister sieht die Landeshauptstadt aber entgegen der Kritiker auf einem guten Weg. Die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Schaffung von neuem Wohnraum würden bereits Früchte tragen. So konnten bis Ende 2015 rund 2129 neue Wohneinheiten fertiggestellt werden. Der höchste Wert seit 18 Jahren, freut sich der Baubürgermeister.

Doch die Schaffung neuen Wohnraums in der Stadt ist nicht konfliktfrei. Vor allem dann, wenn der Abstand zum Nachbarn immer kleiner wird. Für Pätzold muss das aber kein Nachteil sein: Eine dichte Stadt sei immer auch eine nachhaltige Stadt und eine der kurzen Wege. Es gehe auch darum, Stuttgart weiterzuentwickeln, dabei aber zum Beispiel das Stadtklima zu bewahren. „Der Erhalt von Grünflächen ist deshalb auch keine Spinnerei“, entgegnet Peter Petzold auf den Vorwurf aus der Vergangenheit, nur grüne Klientelpolitik zu betreiben.

Letztendlich gehe es vor allem darum, die Bürger bei allen Entscheidungen der Verwaltung mitzunehmen und für den notwendigen Wandel des Stadtumbaus zu werben. Dabei dürfe aber das Wohnen und das Gewerbe nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Wir brauchen beides“, betont Pätzold. Ulrich Nestel, Leiter Büro- und Einzelhandelsvermietung Stuttgart bei Ellwanger & Geiger Real Estate würde sich dabei wünschen, dass die Kommunen ein bisschen mehr vom Tempo der Industrie annehmen würden.

Vor allem für den dringend notwendigen Breitbandausbau würden von den Kommunen die Fördermittel viel zu schleppend abgerufen, kritisierte Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur am Vorabend beim LBBW Immobilien-Talk. Die Zukunft der Region Stuttgart wird aber auch davon abhängen, ob es gelingt, bestehende regionale Strukturen aufzubrechen. Vor allem sind neue Modelle gefragt, wie das künftige Wachstum in einer Metropolregion Stuttgart möglichst gerecht verteilt werden kann, so ein Tenor der Veranstaltung.