Mit einem Klick Miete sparen?

Mieten. Ein Online-Portal macht sich auf, auch in Stuttgart die Mieter vor „überhöhten“ Mieten zu bewahren. Der Mieterverein ist skeptisch und Haus & Grund sieht den Service gelassen.

Das Angebot klingt verlockend: „Jetzt Miete senken. Nutze die Mietpreisbremse“. Hinter der Offerte des Internetportals wenigermiete.de steckt die Mietright GmbH aus Berlin. Das Versprechen: Das Online-Portal bietet seinen Kunden an, für sie beim Vermieter auf die Mietpreisbremse zu treten – ohne Kostenrisiko.



Die Mietpreisbremse hat zu viele Ausnahmen, kritisiert Rolf Gaßmann, Vorsitzender vom Mieterverein Stuttgart, im Video.

In Baden-Württemberg gilt in 68 Städten und Gemeinden aufgrund der Wohnungsknappheit – darunter auch Stuttgart – die Mietpreisbremse. Das bedeutet: Die Mieten bei neu abgeschlossenen Mietverträgen sind der Höhe nach begrenzt. Sie dürfen nur noch zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Anders hingegen bei Neubauten bzw. Erstvermietungen nach durchgreifender Sanierung – hier gilt der Deckel nicht.

Bislang gibt es wenigermiete.de nur in den Städten Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln und München. Seit dem Bestehen vor zwei Monaten sollen bereits über 5000 Kundenanfragen bei dem Online-Portal eingegangen sein. In diesen Städten stellten die Macher der Website bei 77 Prozent der ausgewerteten Online-Fragebogen zum Mietverhältnis einen möglichen Verstoß gegen die Mietpreisbremse fest. Nächste Woche soll das Portal auch für Stuttgart freigeschaltet werden, so Geschäftsführer Daniel Halmer. Das Ganze funktioniert aber nur online. Dazu müssen zunächst in dem Portal einige Angaben zur Ausstattung und Lage der Wohnung gemacht werden. Danach ermittelt ein Rechner sofort, wie hoch die zu viel gezahlte Miete ist. Entscheidet sich der Mieter, gegen eine vermeintlich zu hohe Miete vorzugehen, versendet das Portal im Auftrag des Mieters an den Vermieter ein sogenanntes Rügeschreiben. Darin wird der Vermieter aufgefordert, die Miete künftig zu reduzieren und künftig zu viel gezahlte Miete zurückzugeben. Für den Mieter entstehen bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kosten. Ziel sei es, zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen. Konnte die Miete erfolgreich gesenkt werden, wird einmalig ein Drittel der eingesparten Jahresmiete als Servicegebühr fällig.

Die Stiftung Warentest hat sich „das Inkasso im Verbraucherauftrag“ genauer angeschaut und kommt zu dem Urteil, dass das Angebot von wenigermiete.de tatsächlich die Mietpreisbremsung ohne Prozesskostenrisiko ermögliche. Die Verbraucherschützer sagen aber auch: Wer Mitglied im Mieterverein ist oder eine Rechtsschutzversicherung mit Mieterschutz hat, brauche in der Regel auch nicht für die Mietpreisbremse zu bezahlen und könne die gesamte Mietpreissenkung in die eigene Tasche stecken.

Rolf Gaßmann vom Mieterverein Stuttgart ist skeptisch. Er führt dagegen an: 98 Prozent aller Streitfälle würden durch den Mieterverein schon heute außergerichtlich gelöst werden. Da ein Mietverhältnis auf Dauer angelegt ist, sei die Einigung ohne Prozess zumeist im Interesse beider Seiten. Außerdem seien zur Berechnung des zulässigen Mietpreises in der Regel Ortskenntnisse über die Bewertung der Lage einer Straße notwendig. Die hätten überregional tätige Anwälte nicht. Gaßmann: „Angesichts der wenigen Fälle, bei denen sich bislang Mieter auf die Mietpreisbremse beziehen, glaube ich nicht, dass das ,Inkasso‘ zu einem Geschäfts­modell in Stuttgart wird.“

Vor einer Woche startete der Mieterverein Stuttgart selbst die Aktion Mietpreischeck. Dabei prüft der Mieterverein kostenlos auch für Nichtmitglieder aus dem Stadtgebiet Stuttgart (Gültigkeitsbereich des Mietspiegels) bis zum 13. April (Ostern) die Höhe des zulässigen Mietpreises. Mieter müssen dazu lediglich einen Fragebogen zu ihrer Wohnung ausfüllen. Der kann online von der Homepage des Mietervereins kostenlos heruntergeladen werden oder ist auch analog direkt in der Geschäftsstelle erhältlich. Die Berater prüfen dann innerhalb von zwei Wochen, ob der Mietpreis für die Wohnung zulässig ist oder nicht. Der Mieterverein will laut Gaßmann mit dieser Aktion Mieter vor überhöhten Mietforderungen bei Neuverträgen schützen, sieht in der Aktion aber auch ein Signal vor allem an die kapitalorientierten Großvermieter, den Bogen nicht zu überspannen.

Haus-& Grund-Geschäftsführer Ulrich Wecker hält das Angebot des Portalbetreibers für unseriös und überflüssig: „Da will jemand durch das Stiften von Unfrieden Geld verdienen.“ Die Ausweitung des Internetportals „wenigermiete.de“ auf die Landeshauptstadt sieht Ulrich Wecker deshalb gelassen. Zwar will der Haus-Grund-Geschäftsführer nicht ausschließen, dass irgendwo überhöhte Mieten verlangt werden, bei Haus & Grund Stuttgart hätte das Thema aber noch nie eine Rolle gespielt. Immerhin hat der Verein Haus & Grund in Stuttgart rund 20
000 Mitglieder mit über 100000 Wohnungen.