Taskforce gegen Baubürokratie


Wohnungsbau. Die Immobilienwirtschaft in der Region Stuttgart drängt die Politik und die Kommunen, mehr Flexibilität im Wohnungsbau an den Tag zu legen. Eine Taskforce soll der Bürokratie den Garaus machen.

„Bezahlbares Wohnen?“ Die Kollegen im Fahrstuhl deuten auf die Pressemappe in der Hand. „Ich suche gerade eine bezahlbare Wohnung in Stuttgart“, gibt sich eine Kollegin im Fahrstuhl optimistisch. Schallendes Gelächter. Wer in der Landeshauptstadt eine Wohnung sucht, hat derzeit aber nichts zu lachen. Selbst Gutverdienende mit doppeltem Einkommen können sich immer seltener eine bezahlbare Wohnung leisten, bestätigt der IWS Verband der Immobilienwirtschaft für die Metropolregion Stuttgart in seinem aktuellen Positionspapier „Bezahlbares Wohnen“. Der Verband weiß auch, warum: „Unter 14,50 Euro pro Quadratmeter rechnet sich für einen Vermieter eine Neubauwohnung nicht“, erklärt IWS-Vorstand Marc Bosch.



Dass Wohnen in der Landeshaupt so teuer ist, hat viele Gründe. Das Positionspapier zählt die gängigsten Kritikpunkte der Immobilienwirtschaft noch einmal auf: zu lange Genehmigungsphasen in den Baurechtsämtern und viele, zu viele Vorschriften. „Wir müssen uns besser vernetzen und gemeinsam konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten“, mahnt der Verband an.

Eine gemeinsame Taskforce aus Immobilienexperten und städtischen Vertretern soll der Baubürokratie dabei Beine machen. „Wir wollen keine Gesetze ändern, sondern die bestehenden Spielräume ausnützen“, relativiert Marc Bosch.

Dazu hat sich der Verband auch etwas überlegt: ein gemeinsames Pilotprojekt von Kommunen und Immobilienwirtschaft auf Selbstkostenbasis. Die Kommunen stellen zu Marktkonditionen ein Baugrundstück zur Verfügung und erklären sich bereit, ihre planungsrechtlichen Ermessensspielräume voll auszuschöpfen. Der IWS kümmert sich um die optimale Baustruktur für bezahlbaren Wohnraum. Nach Fertigstellung kann das Projekt an die Kommune oder ein Wohnbauunternehmen zu den Herstellungskosten abgegeben werden, so die Idee der IWS-Arbeitsgruppe Wohnen.

Denn ein weiterer Kostentreiber für die Wohnungswirtschaft sind in den großen Städten derzeit vor allem die Grundstückskosten. Ein Blick auf den Grundstücksmarktbericht 2018 des Gutachterausschusses Stuttgart zeigt: Allein in den zurückliegenden zehn Jahren sind die Baulandpreise um 80 Prozent gestiegen. Als Grund sieht der IWS hier vor allem lokalpolitische Reglementierungen, die das Angebot an Grundstücken verknappen und damit verteuern. Deshalb sei bezahlbares Wohnen in Stuttgart künftig ohne Außenentwicklung nicht möglich, stellt Marc Bosch klar. Um die Kosten zu senken, verschließt sich der IWS aber auch nicht der Idee, wieder stärker auf das Erbbaurecht zu setzen, auch wenn dem eigentlich die schwäbische Mentalität entgegenstehe, so der IWS-Vorsitzende.

Städte und Gemeinden vergeben Erbbaurechte zum Beispiel an soziale Einrichtungen oder Vereine, damit diese beim Bau eines Altenheims oder Sportplatzes nicht das finanzielle Risiko der Grundstücksfinanzierung mittragen müssen. Das Gleiche gibt es auch im Wohnungsbau und wird auch schon bedingt in Stuttgart praktiziert. Die Landeshauptstadt könnte so Grundstücke freigeben, ohne dass sie ihr Tafelsilber veräußern müsste. Dadurch lassen sich die Kosten im Wohnungsbau drastisch senken – selbst wenn der Erbpachtzins einkalkuliert wird. Mit gutem Willen ließen sich so auch Mieten unter zehn Euro realisieren – vorausgesetzt, die Stadt setzt die Erbpachtzinsen bürgerfreundlich fest.