Eine wackelige Angelegenheit



Untervermietung. Vermietungsportale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats bieten günstige Übernachtungen oder eine Einnahmequelle. Die Vermieter, meist selbst Mieter in der Wohnung, bewegen sich auf wackligem Terrain.


„Zweizimmerwohnung – schön, nah zur Stadt, Daimler und Wasen, ganze Wohnung
– 3 Betten ...“. 71 Euro pro Übernachtung will der Vermieter. Nicht ganz so ein Schnäppchen ist das „Exquisit: Luxus-Penthouse-Apartment in bester Lage“. Auch hier wird eine ganze Wohnung als Ferienwohnung feilgeboten. Für 110 Euro die Übernachtung.



Im Videointerview Rolf Gaßmann vom Mieterverein Stuttgart zu der Frage, wie mehr Wohnraum in Stuttgart geschaffen werden könnte

Angebote wie diese gibt es hundertfach auf Vermittlungsportalen wie Airbnb, Wimdu oder 9flats. Allein in der Landeshauptstadt werden aktuell rund 300 Ferienobjekte zum tageweise Mieten angeboten, vom Zimmer in einer WG bis zur kompletten Wohnung. Was auf den ersten Blick nach einem günstigen Hotelersatz mit Familienanschluss aussieht, ist in den meisten Fällen eine nicht genehmigte Untervermietung. Viele Vermieter wissen oft gar nicht, was ihre Mieter da treiben.

Karl M. aus Stuttgart fiel aus allen Wolken, als er erfuhr, dass sein Mieter seine Wohnung zeitweise als Ferienwohnung untervermietet hatte. „Zum Glück sind das nur Einzelfälle“, sagt Ottmar H. Wernicke, Geschäftsführer vom Landesverband Haus & Grund. Er räumt aber auch ein, dass die Dunkelziffer unter denjenigen Mietern, die sich mit der Untervermietung ihrer eigenen Mietwohnung oder Teilen davon ein Zubrot verdienen, groß sein dürfte. „Da läuft vieles im Geheimen ab. Oft bekommt der Vermieter davon gar nichts mit, außer die Nachbarn beschweren sich über Lärm“, vermutet der Verbandsgeschäftsführer. Dass Wohnungseigentümer selbst als Vermieter auftreten, will Ottmar H. Wernicke zwar nicht grundsätzlich ausschließen, bekannt sei ihm aber kein einziger Fall, in dem ein Haus-&-Grund-Mitglied durch die Vermietung einer Wohnung als Ferienwohnung gegen das Zweckentfremdungsverbot in Stuttgart verstoßen habe.

Auch dem Mieterverein Stuttgart sind diese Vermietungsportale schon länger ein Dorn im Auge. So fordert deren Vorsitzender Rolf Gaßmann von der Landeshauptstadt, auch Online-Angebote behördlicherseits auf nicht genehmigten „Hotelersatz“ zu durchforsten und zu kontrollieren.

Laut einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts vom März 2017 seien die entsprechenden Online-Portale sogar verpflichtet, den Anfragen einer Stadt nachzukommen und Adressen sowie Namen der Inserenten herauszugeben, sobald ein Verdacht auf nicht genehmigte Zweckentfremdung besteht. Wenn das Zweckentfremdungsverbot auch in Stuttgart Wirkung zeigen solle, müsse das Personal mindestens auf sechs Stellen aufgestockt werden und mögliche Rechtsmittel müssten auch genutzt werden. Gaßmann: „Dringend benötigter Wohnraum muss wieder den Wohnungssuchenden zur Verfügung gestellt werden". Übrigens ist die Untervermietung gesetzlich klar geregelt. So hat der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 210/13) klargestellt, dass eine tageweise Vermietung an wechselnde Feriengäste etwas ganz anderes sei als eine klassische Untervermietung. Ein generelle Erlaubnis zur Untervermietung gelte nicht für die Vermietung der Wohnung als Feriendomizil, so die Bundesrichter.

Will ein Mieter seine Wohnung an Feriengäste vermieten, benötigt er immer die ausdrückliche Zustimmung des Vermieters. Im schlimmsten Fall kann der Vermieter dem Mieter sogar kündigen, weil er sich vertragswidrig verhält (Landgericht Berlin, Aktenzeichen 67S 360/14). Andererseits kann der Vermieter einer gelegentlichen Vermietung einzelner Zimmer nicht widersprechen, wenn sich diese im Rahmen hält. Die Untervermietung der kompletten Wohnung kann aber sehr wohl vom Vermieter untersagt werden.

In einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg haben Kommunen mit besonders angespannten Wohnungsmärkten die Möglichkeit, ein sogenanntes Zweckentfremdungsverbot auszusprechen. Das kann auch die kurzzeitige Vermietung der kompletten Wohnung an Touristen untersagen. Dadurch soll verhindert werden, dass Wohnraum einer gewerblichen Nutzung zugeführt wird. So ist es zum Beispiel in Stuttgart verboten, eine Wohnung regelmäßig – also gewerblich – als reine Ferienwohnung über Airbnb oder ein anderes Vermietungsportal zu vermieten. Wer aber nur ab und zu privat ein einzelnes Zimmer vermietet, ist davon nicht betroffen. Verstöße können mit drastischen Geldbußen bis zu 50
000 Euro geahndet werden. Diese können in einigen Städten auch anonym gemeldet werden. Unabhängig davon, ob die Vermietung der Wohnung oder einzelner Zimmer vom Vermieter geduldet wird oder ob in der jeweiligen Kommune ein Zweckentfremdungsverbot gilt, müssen die Einnahmen natürlich auch versteuert (Anlage V in der Einkommensteuererklärung) werden.

Der Freibetrag (Bagatellgrenze) liegt aktuell für Gelegenheitsvermieter bei 520 Euro pro Jahr. Die Zeitschrift „Finanztest“ empfiehlt in ihrer Septemberausgabe Mietern, sich in jedem Fall eine ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters für die tageweise Vermietung an wechselnde Gäste geben zu lassen. Außerdem sollten sich potenzielle Vermieter in ihrer Stadt erkundigen, ob es ein Zweckentfremdungsverbot gibt, nach dem die Weitervermietung einer Wohnung unzulässig sein kann. Ausnahme: Mehr als 50 Prozent der Wohnung werden selbst bewohnt.