Zinsflaute macht auch LBS Sorgen

Bausparen. Die Bausparkassen leiden unter den niedrigen Zinsen. Mit der Novelle des Bausparkassengesetzes ist es den Instituten jetzt auch möglich, unter anderem ihre freien Mittel in Aktien anzulegen. 
Die schrumpfenden Zinserträge spürt nicht nur der kleine Anleger. Auch für die Bausparkassen wird es immer enger, da sie bislang nur sehr eingeschränkt am Kapitalmarkt agieren konnten. Erst diese Woche wurde bekannt gegeben, dass die Landesbausparkassen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur LBS Südwest fusionieren.


Im Video äußert sich LBS Vorstandsvorsitzender Tilmann Hesselbarth über die Auswirkungen der Niedrigzinsphase.
 

Die Folgen der mit der Staatsschuldenkrise einhergehende Zinsflaute bekamen zuletzt vor allem jene Bausparer zu spüren, die ihren Bausparvertrag auch als langfristig gute Geldanlage sahen. Viele dieser sogenannten übersparten Bausparverträge kündigte auch die LBS Landesbausparkasse Baden-Württemberg . Dabei handelte es sich um Verträge, deren Guthaben mehr als 100 Prozent der Bausparsumme betrug. 

Das Thema sei aber mittlerweile geklärt, so LBS-Vorstand Tilmann Hesselbarth. Noch nicht durchgestanden für die Bausparkassen sind dagegen die sogenannten Fortsetzerbestände. Dabei handelt es sich um Bausparverträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, der Kunde das Darlehen also bereits seit langer Zeit in Anspruch nehmen kann. Hesselbarth ist aber zuversichtlich, dass die Vorgehensweise der Bausparkassen rechtens ist. Etwa 90 Prozent der rund 120 Gerichtsurteile seien bislang zugunsten der Bausparkasse ausgefallen“. 

Um den Bausparkassen in der aktuellen Zinssituation Handlungsspielräume zu verschaffen, wurde aktuell das etwas in die Jahre gekommene Bausparkassengesetz modifiziert. So können seit diesem Jahr die Institute ihre Finanzierungsmöglichkeiten ausweiten, in dem sie zum Beispiel Hypothekenpfandbriefe emittieren oder ihre freien Mittel in Aktien anlegen. Außerdem darf künftig der Fonds zur bauspartechnischen Absicherung auch in Niedrigzinsphasen von den Bausparkassen angezapft werden. 

Von einer „Zockerei“ sind die Bausparkassen aber auch künftig weit entfernt, beruhigt Tilmann Hesselbarth, Vorstandsvorsitzender der LBS Landesbausparkasse Baden-Württemberg. Der Gesetzgeber habe vor dem Hintergrund, dass die bisherigen Anlagemöglichkeiten kaum noch Zinserträge abwerfen, jetzt auch den Bausparkassen eine gewisse Aktienquote zugestanden. „Das sind fünf Prozent der Zuteilungsmasse, die wir zukünftig in Aktien anlegen dürfen.“ Das sei eine Möglichkeit. Ob man sie ausnutzt, eine ganz andere. „Jede Bausparkasse wird gut beraten sein, nur Bluechips zu kaufen, wenn sie ihre freien Mittel in Aktien anlegt.“ Überhaupt habe man bei der LBS noch gar nicht entschieden, ob man auch in Aktien gehen werde. 

Eine Emission von Hypothekenpfandbriefen kommt für Hesselbarth derzeit sowieso nicht in Betracht. „Wir haben eher das umgekehrte Problem, dass wir zu viel Liquidität anlegen müssen, und für diese Liquidität keine attraktive Anlagemöglichkeiten finden.“ Trotzdem ist er mit der jüngsten Novellierung des Bausparkassengesetzes zufrieden. „Mehr war politisch nicht drin“. 

Mit den jetzt eröffneten Spielräumen sei den Bausparkassen ein Gutstück geholfen. Die Novelle sei ausgewogen und habe Gestaltungsfreiräume eröffnet, ohne in bestehende Systeme einzugreifen. „Den Rest muss jedes Institut selber machen“. Gemeint sind damit vor allem die Vertriebs- und Kostenstrukturen. 

Offenbar spielt das Internet bei diesen Überlegungen – zumindest bei der LBS – noch keine große Rolle. „Eine seriöse und langfristige Baufinanzierung kann man nicht ausschließlich über das Internet abwickeln“, glaubt Hesselbarth. Zwar gebe es immer wieder Beratungen, bei denen Inhalte aus dem Internet eine Rolle spielten – vor allen bei Kunden, deren Zielsetzung des Bausparvertrages noch nicht so klar sei, doch letztendlich sei das persönliche Gespräch durch nichts zu ersetzen. 

Diese Vertriebsstrukturen zahlen sich derzeit noch aus: So verkündete die Landesbausparkasse erst letzte Woche mit einem Umsatz von 8,13 Milliarden Euro „das beste Neugeschäft aller Zeiten“. Doch Umsatz allein ist nicht die Lösung, weiß auch Tilmann Hesselbarth. „Wir müssen mittelfristig vor allem unsere Produktivität steigern“, sagt er. Das geht nur durch die Reduzierung der Kostenstrukturen. Das Thema ist bei der LBS bereits seit längeren präsent. „Wir nutzen natürlich auch demografische Veränderungen in der Belegschaft und IT-Spielräume, um zu einer höheren Produktivität zu kommen“, umschreibt Hesselbarth das etwas heikle Thema. 

Denn hier geht es langfristig auch um Personalpolitik. Dazu gehört heute schon, dass das Provisionsmodell immer wieder angepasst werden muss. „Das ist wie ein lebender Organismus“. Und die Geschäftsstellen? „Es gibt keinen Strategieansatz im Haus, der einen grundsätzlichen Rückzug aus der Fläche vorsieht“, so Hesselbarth. Man sei ohnedies nicht nur mit eigenen Geschäftsstellen in der Fläche vertreten, da man auch sehr eng mit den Geschäftsstellen der Sparkassen verzahnt sei. 

Während die schrumpfenden Zinserträge auf der einen Seite den Bausparkassen erste Sorgenfalten in die Stirn treiben, erreichten mit 1,41 Milliarden Euro die Kreditauszahlungen der LBS im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand (+15,8 Prozent). Trotzdem rät Tilmann Hesselbarth sehr genau hinzuschauen, ob das Preis-Leistungsverhältnis einer Immobilie heute und auch morgen noch stimmt. 

Zwar sehe er auch heute noch keine Immobilienblase, sehr wohl aber in einigen Regionen Baden-Württembergs Überhitzungen. Der LBS-Vorsitzende spricht dabei vor allem vereinzelte Preissteigerungen bei Wohnimmobilien – vor allem in Städten wie Stuttgart, Freiburg oder Heidelberg – um bis zu 30 Prozent über dem eigentlichen Wert des Objektes an. Diese Entwicklung fließt natürlich auch in die Risikobewertung einer Finanzierung ein. „Wir finanzieren zwar im ganzen Land, aber immer marktgerecht.“ 

Dazu gehört zum Beispiel, die Eigenkapital- und Tilgungsanforderungen bei entsprechenden Preisentwicklungen nach oben zu korrigieren. Und was durch den derzeit niedrigen Zins gewonnen wird, sollte möglichst bei der Tilgung drauf gesetzt werden, beschreibt Tilmann Hesselbarth eine solide Baufinanzierung. Und noch einen Tipp hat der LBS-Vorstandsvorsitzende für künftige Immobilienbesitzer: Man sollte sich insbesondere bei Vermietungsobjekten immer überlegen, ob der Preis, den man heute selbst für eine Immobilie bereit ist zu zahlen, auch in einigen Jahren noch erzielt werden kann.

CO. Stuttgarter Zeitung