Die Mutter aller Fabrikverkäufe


Auszeichnung. Die Outletcity Metzingen ist seit Herbst letzten Jahres die neue Nummer eins unter den wirtschaftlich erfolgreichsten Fabrikverkaufszentren in Europa.

Nein, wirklich überrascht sei er über den ersten Platz unter den wirtschaftlich erfolgreichsten Fabrikverkaufszentren in Europa nicht gewesen. Schließlich sei Metzingen die Mutter aller Fabrikverkäufe, gibt Wolfgang Bauer unumwunden zu. „Metzingen war schon immer ganz anders als die anderen europäischen Outletcenter auf der grünen Wiese“, so der Vorstandsvorsitzende der Outletcity Metzingen.



Der Outlet Centre Performance Report Europe der Unternehmensberatung Ecostra in Zusammenarbeit mit dem französischen Forschungsinstitut Magdus ist die einzige europaweite Befragung von Markenherstellern zur wirtschaftlichen Performance ihrer Stores in den einzelnen Fabrikverkaufszentren. Seit zehn Jahren führt erstmals ein deutsches Outletcenter das Ranking an.

Outletcenter haben mit dem traditionellen Fabrikverkauf, wie ihn Hugo Boss in den 70er Jahren in Metzingen begann, nicht mehr viel gemeinsam. Heutige Factory Outletcenter bestehen laut der Definition von Ecostra aus mehr als 20 Ladeneinheiten innerhalb eines Gebäudekomplexes oder einer räumlich zusammenhängenden Verkaufsfläche von mindestens 5000 Quadratmetern, in denen Markenhersteller wie zum Beispiel Boss Auslaufmodelle, Zweite-Wahl-Produkte und Überschussproduktionen unter Umgehung des Einzelhandels an Endverbraucher mit einem Preisabschlag von mindestens 28 Prozent absetzen. Wolfgang Bauer sah die ersten großen Outletcenter schon vor 20 Jahren in den USA.

„Für mich war damals schon klar, dass wir uns in Ergänzung zu Hugo Boss etwas einfallen lassen müssen. Denn das damals übliche schwäbische Verständnis von Fabrikverkauf wäre nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen, wenn die ersten Outletcenter amerikanischer Prägung bei uns auf der grünen Wiese ihre Türen öffneten.“ So entstand schließlich die Idee, in Metzingen die ersten Flagship-Outlets zu bauen. „Diese Markenhäuser waren vor 20 Jahren das krasse Gegenteil zu den bis dahin klassischen Immobilien-Entwicklungen. Erstmals stand die Marke im Mittelpunkt und nicht die Immobilie“, erklärt Wolfgang Bauer.

Aktuell präsentieren sich in Metzingen auf rund 30
000 Quadratmetern rund 80 Stores und Marken. Mit dem Bau des neuen Hugo-Boss-Flagship-Outlet, welches im Herbst 2019 auf dem Areal der ehemaligen Firma Gaenslen & Völter eröffnet wird, und der Erschließung der alten Seifenfabrik an der Hauptstraße in Metzingen kommen noch einmal rund 10000 Quadratmeter Verkaufsfläche hinzu. Außerdem sind für die vielen Besucher aus dem In- und Ausland zwei Hotels geplant. „Damit haben wir im europäischen Maßstab eine gute Größe erreicht“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Das dürfte auch dem Kompromiss geschuldet sein, den die Outletcity Metzingen mit den Städten Tübingen und Reutlingen geschlossen hat. Die beiden Städte hatten vor drei Jahren mit dem Argument gegen die Outlet-Erweiterung vor dem Sigmaringer Verwaltungsgericht geklagt, sie würde ihren Einzelhändlern schaden.

Der Kompromiss sieht nun eine Wachstumsobergrenze und eine Sortimentsbeschränkung bei Kleidung, Schuh- und Sportartikeln vor. Am Ende gehe es aber auch darum, wie Metzingen in Shanghai, Dubai, Moskau oder Peking als Shopping-Destination wahrgenommen werde. Da sei Größe zwar wichtig, aber nicht alles. Entscheidend werden vielmehr die Qualität der Marken und das Angebot an Erlebnisqualität sein. „Wer sich mit dem Thema Handel auseinandersetzt, weiß aber auch, dass die Digitalisierung und der Online-Handel eine viel größere Herausforderung für den stationären Einzelhandel darstellen als die Bedrohung durch Flagship-Stores innerhalb der Outletcity für den klassischen Einzelhandel“, sagt Wolfgang Bauer. Unterm Strich profitiere die ganze Region von den Besucherströmen aus dem In- und Ausland, die jedes Jahr die Outletcity Metzingen besuchen. Allerdings dürfe auch die Outletcity nicht stehen bleiben.

„Wer in Moskau oder Paris in einem tollen Store ein neues Modelabel entdeckt hat, erwartet auch bei uns eine entsprechende Präsentation der Ware und keinen klassischen deutschen Fabrikverkauf.“ Dazu gehörten neben dem eigentlichen Einkaufserlebnis und der markengerechten Präsentation der Ware auch Kunst und Kultur. „Wir müssen aber den Vergleich weder zu den USA oder Dubai scheuen. Unser Angebot ist um Klassen besser“, betont Bauer. Von den beiden neuen Hotels erhofft sich Bauer, auch ein Bein ins Kongressgeschäft zu bekommen. „Warum nicht Einkaufen und Tagen miteinander verbinden? Und abends ins Musical nach Stuttgart.“