Handelsmieten stagnieren

Handel im Wandel. Die Eigentümer von Handelsimmobilien müssen sich mittelfristig auch in den 1-a-Lagen der Landeshauptstadt auf stagnierende Mieten einstellen.

Philipp Nothdurft, Team Leader Retail Leasing bei JLL Jones Lang LaSalle Stuttgart, hat keine guten Nachrichten f
r die Eigentmer von Handelsimmobilien in Stuttgart. Selbst auf der Königstraße stagnieren die Mieten (Spitzenmiete 270 Euro pro Quadratmeter) in diesem Jahr das erste Mal seit zehn Jahren. „Zwar sind die Mieten vorerst stabil, doch sehen wir aufgrund der besseren Verhandlungsposition der Nutzer deutlich, dass die Eigentümer nun verstärkt Incentives wie Umbauzuschüsse oder mietfreie Zeiten anbieten müssen, um den Vertrag abzuschließen“, betont Philipp Nothdurft.



Viele Jahre seien die Mieten schneller als die Umsätze gewachsen, weil das Flächenangebot zu knapp war. Doch der Umbruch im Handel führe dazu, dass immer mehr Händler sich auf ein qualitatives Einkaufserlebnis konzentrieren und nicht mehr alle Waren auf der Fläche präsentieren. „Viele können und wollen die teils hohen Mieten selbst in den 1-a-Lagen nicht mehr erwirtschaften“, sagt Philipp Nothdurft.

Das bestätigt auch Professor Hanspeter Gondring von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Die jüngsten Untersuchungen zu Kundenfrequenzen im Einzelhandel legten offen, dass der stationäre Einzelhandel in den innerstädtischen 1-a-Lagen zunehmend an Bedeutung verliere. Gleichzeitig würden aber fast 80 Prozent aller Kunden den stationären Einzelhandel dem Online-Handel vorziehen. Gondring sieht hier einerseits die Kommunen in der Pflicht, die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums (Sicherheit, Ambiente, Sauberkeit, Erreichbarkeit und Erlebnisquartiere) zu erhöhen. Andererseits aber müssten die Einzelhändler durch eine attraktive Sortimentsgestaltung dazu beitragen, dass das Einkaufen wieder zu einem Event wird.

Der Wandel zum Mietermarkt stellt aber auch die Makler vor neue Herausforderungen. JLL reagiert mit einer neu erhobenen Verfügbarkeitsquote. Diese Messeinheit belegt erstmals in neun deutschen Metropolen, welche 1-a-Lagen dem Markt tatsächlich nach Quadratmetern und Geschäften zur Verfügung stehen. Dabei werden neben dem offensichtlichen Leerstand auch noch nicht vermietete Projektentwicklungen, Umbauten oder auch auslaufende Mietverträge miteinbezogen.

Der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) begrüßt die Verfügbarkeits­quote. Diese könne dem innerstädtischen Einzelhandel dabei helfen, den Leerstand schnell zu erkennen. Gleichzeitig könne der Händler seine Chancen, inwiefern er seine Mietkosten in der City reduzieren kann, dadurch besser identifizieren, auch weil er unter Umständen Flächen beziehen kann, die vorher nicht zur Verfügung gestanden waren. „Die aktuell zu hohen Mieten laufen den Bemühungen der Händler entgegen, sich selbst und das eigene Geschäfts fit für die Zukunft zu machen“, sagt Sabine Hagmann, HBW-Hauptgeschäftsführerin. „Denn eigentlich sollte Einkaufen in der Innenstadt immer mehr wieder zum Erlebnis gestaltet werden. Hierin sollte jeder Händler zukünftig investieren. Dasselbe gilt für Investitionen in die Verknüpfung von Offline- und Online-Welten sowie in die gesamte Digitalisierung. Das bedeutet, dass die Kosten für Mieten dafür gesenkt werden müssen. Zum Nutzen des Einzelhandels in der Innenstadt und letztlich zum Nutzen der Vermieter,“ so Hagmann weiter.

Laut JLL sind derzeit (Stand November 2018) 22 von 161 Geschäften in den Toplagen der Landeshauptstadt verf
gbar. Das entspricht zwölf Prozent. Doch bei der verfgbaren Fläche beträgt die Quote nur fnf Prozent. Das bedeutet: In der Landeshauptstadt sind vor allem kleine Größen bis 250 Quadratmeter verfgbar. Dass macht die Vermietung einfacher, vor allem, wenn sie nur im Erdgeschoss sind, gibt sich Philipp Nothdurft optimistisch.