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Wo bleibt der Aufzug?

Aufzüge. Auf den Lift wartet niemand gerne. Moderne Anlagen versuchen computergesteuert Besucherströme und Anforderungsfrequenzen zu optimieren.


Gabi M. tritt schon seit Minuten von einem Fuß auf den anderen. 'Wo denn der Aufzug nur wieder bleibt', denkt sie und blickt fragend in die Runde der Mitwartenden. Damit gehört sie einer Studie zufolge zu einer Minderheit. Die meisten auf einen Aufzug Wartenden sollen angeblich 'wild auf dem Anforderungsknopf rumdrücken'.

'Wenn der Aufzug nicht gleich kommt, muss es sich nicht zwangsläufig um ein technisches Problem handeln', erklärt Falk Zeiger. Der Schwabe ist seit 37 Jahren für Thyssen-Krupp in Sachen Aufzüge unterwegs. 'Manchmal wird der Aufzug einfach nur falsch genutzt', ist seine Erfahrung. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Fahrkorbtür blockiert wird, weil jemand einem Kollegen noch schnell etwas erzählen will, bevor er in der Kabine verschwindet. 'Das kommt leider häufiger vor, als man denkt', so der Experte. Solche Fälle summieren sich dann mit technischen Mankos, weil die Steuerungstechnik der Aufzugsanlagen vielleicht schon in die Jahre gekommen ist - und der Computer die Anforderungen nicht so schnell berechnen kann.

Wie schnell ein Aufzug da ist, hängt aber noch von einer ganzen Reihe anderer Faktoren ab. Abgesehen davon, dass die Anlage auch mal aus Wartungsgründen abgeschaltet werden muss oder einfach nur mal stecken bleiben kann, weil in einem Stadtteil der Strom ausgefallen ist. Nutzerfrequenzen, Besucherströme, Anzahl der Stockwerke: alle diese Faktoren können Einfluss auf die Bereitstellungszeiten haben, klärt Zeiger auf.

Deshalb arbeiten moderne Aufzugssysteme in den Wolkenkratzern von Neu-Delhi bis New York mit einer sogenannten Zielwahlsteuerung. Anstelle den Knopf zu drücken und zu warten, bis die Kabine kommt, und dann noch mal einen anderen Knopf für das jeweilige Stockwerk zu drücken, wird das Ziel bereits mit der Anforderung festgelegt. Ein Computer ermittelt anschließend, wie viele Menschen jeweils in ein und dasselbe Stockwerk wollen und weist ent­sprechende Kabinen zu. Dadurch fielen die Wartezeiten wesentlich kürzer aus.

'Durch diese Technik können Aufzugsanlagen viel effizienter eingesetzt werden', erläutert Falk Zeiger. Eines der ersten Aufzugssysteme mit dieser Technik wurde auch im Universitätshochhaus K1 in Stuttgart schon vor elf Jahren von Falk Zeiger und seinem Team installiert. 'Nach der Inbetriebnahme hat das die Leute im K1 anfangs irritiert', erinnert sich der Aufzugsexperte an die Anfänge. Durchgesetzt hat sich das in Stuttgart noch nicht, auch wenn diese Systeme heute eigentlich Stand der Technik sind. 'Dazu sind die Häuser bei uns nicht hoch genug. Zudem erfordert das System natürlich auch eine Anfangsinvestition', sagt Zeiger. Denn die Technik ist viel aufwendiger als bei herkömmlichen Aufzugssteuerungsanlagen, da für die Steuerung auf jedem Stockwerk spezielle Zielwahldisplays installiert werden müssen. Theoretisch könnte man die Aufzüge auch schneller fahren lassen, doch das scheitert meistens schon an den baulichen Gegebenheiten älterer Anlagen, weiß Aufzugsexperte Zeiger. Geschwindigkeiten von zehn Metern in der Sekunde seien heute durchaus machbar.

Dazu braucht die Aufzugskabine eine gewisse Beschleunigungsbewegung und natürlich entsprechende Verzögerungswege. Das heißt, um überhaupt solche Geschwindigkeiten zu erreichen, muss die Kabine erst einmal eine bestimmte Strecke im Schacht zurückgelegt haben, quasi Anlauf genommen haben. Mit einem Fahrstuhl, der sich von Stockwerk zu Stockwerk quält, funktioniert das natürlich nicht, erklärt der Thyssen-Krupp-Mann. Theoretisch sind sogar Geschwindigkeiten bis zu 21 Metern pro Sekunde möglich, sagt er. Dazu brauche man jedoch Überdruckkabinen, sonst gehe die Geschwindigkeit auf die Ohren. Allerdings sind diese Geschwindigkeiten theoretische Werte. Und eine echte Zeitersparnis bringen sie ebenfalls nicht, sagt Zeiger, da für das Abbremsen und den Druckausgleich auch wieder Zeit gebraucht werde.

Bei Thyssen-Krupp würde man deshalb auch nicht auf das Maximum an Geschwindigkeit setzen, sondern sich lieber mit der Frage auseinandersetzen, wie die Besucherströme am effizientesten und intelligentesten im Gebäude verteilt werden können, damit es zu möglichst geringen Wartezeiten kommt. Ein wichtiger Gesichtspunkt dabei für Falk Zeiger: frequenzgeregelte Antriebe und schnelle Türentriegelungssysteme. 'Gerade bei den Aufzugssystemen aus den 1960er und 1970er Jahren seien die Türen die größten Zeitfresser', so die Erfahrung. Rund drei Sekunden ließen sich mit modernen Türen einsparen. 'Dass sind bei fünf Stockwerken schon 15 Sekunden', gibt er zu bedenken.

Bleibt eine Kabine mal während der Fahrt stecken, heißt es Ruhe bewahren. 'Es ist noch kein Aufzug abgestürzt, beruhigt der Aufzugsexperte. Die Gründe für ein Steckenbleiben seien häufig ganz banal. Die Palette reicht vom Stromausfall bis zu einem technischen Defekt. Um die Angst vor Aufzugsfahrten zu nehmen, empfehlen Hersteller, in den Kabinen Spiegel zu installieren und in eine gute Beleuchtung zu investieren. 'Der Spiegel hilft, die Angst zu vergessen', sagt Zeiger. Allerdings sei es auch wichtig, dass die Aufzugsanlagen mit permanent besetzten angeschlossenen Notrufsystemen ausgerüstet sind. Im Rahmen von Modernisierungen älterer Aufzugsanlagen seien diese Notrufweiterschaltungen heutzutage ­gesetzlich vorgeschrieben.

Wenn es brennt, sind Aufzüge tabu. Denn im Falle eines Feuers kann Rauch eindringen. Damit erst gar niemand in die Versuchung kommt, sind die neueren Systeme mit einer sogenannten Brandfallsteuerung ausgerüstet. Wird ein Brand gemeldet, werden die einzelnen Aufzüge in eine sogenannte Evakuierungshaltestelle gefahren und stillgelegt.

Und Gabi M.? Während ihre Kollegen noch auf den Aufzug warten, sitzt sie mittlerweile an ihrem Schreibtisch. Sie hat die Treppe genommen. Ingo Dalcolmo


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