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Wohin mit dem Dreck?


Deponien. Die Bauwirtschaft beklagt seit Jahren den Mangel an Erddeponien im Land. Das zuständige Umweltministerium hält das Thema nicht für dringlich.

Es geht um Dreck, den keiner haben will. Im Landkreis Böblingen hat sich die Suche nach einem neuen Standort für die Ablagerung von unbelastetem Bauschutt im Kreis bereits zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Landkreis und der Stadt Sindelfingen entwickelt, weil zwei der fünf von der Landkreisverwaltung favorisierten Standorte ausgerechnet im Stadtwald liegen. Sindelfingen ist dabei längst nicht die einzige Stadt, die sich gegen den Dreck wehrt. Auch in anderen Kommunen in der Region Stuttgart gibt es Widerstand, sobald bekannt wird, dass auf ihrer Markung eine Deponie entstehen soll.



Das Problem ist bekannt. Doch wohin mit dem Dreck? Nach Schätzungen der baden-württembergischen Bauwirtschaft fallen jedes Jahr allein in Baden-Württemberg rund 25 Millionen Tonnen Baumassenabfälle – das sind Bau- und Abbruchabfälle sowie Erdaushub – an, die entweder verwertet oder deponiert werden müssen. Diesen Zahlen stehen in Baden-Württemberg 279 Deponien für unbelasteten Erdaushub – Klasse DK 0 – , sowie 20 für belasteten Abfall der Klasse DK 1 und weitere 23 für belasteten Abfall der Klasse DK 2 gegenüber.

Laut Umweltministerium sind die Stadt- und Landkreise als sogenannte öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger verpflichtet, für die in ihrem Gebiet angefallenen zu deponierenden mineralischen Abfälle eine mindestens zehnjährige Entsorgungssicherheit nachzuweisen. „Dieser Verpflichtung kommen sie auch nach“, heißt es auf Anfrage aus dem Umweltministerium.

Die Bauwirtschaft im Land sieht das anders, spricht gar von einem drohenden Entsorgungsnotstand für Bau- und Abbruchabfälle im Land, da immer mehr Lagerstätten wegen Überfüllung schließen, gleichzeitig aber keine neuen Deponien ausgewiesen würden. In der Folge können viele Bauunternehmen ihren unbelasteten Erdaushub immer seltener ortsnah entsorgen und müssen ihn teilweise bis nach Bayern oder Rheinland-Pfalz karren. Für Verbands­geschäftsführer Dieter Diener ist das „Transporttourismus“. So hätten sich allein in den letzten zehn Jahren die Transport­wege verdoppelt. Hinzu kommt: Viele Deponien in den Landkreisen rund um Stuttgart würden Erdaushub aus anderen Landkreisen gar nicht oder nur zu deutlich überhöhten Preisen annehmen.

Und das spürt vor allem der Bauherr längst im Geldbeutel. Zwischen 30 und 35 Euro kostet aktuell allein die Entsorgung des unbelasteten Erdaushubs. Vor einigen Jahren war das noch rund die Hälfte. Das Umweltministerium weist einen drohenden Entsorgungsnotstand weit von sich: Zwar zeige der Rückgang der Restlaufzeiten der Deponien auch in Baden-Württemberg, dass Handlungsbedarf bestehe und in naher Zukunft tatsächlich zusätzliche Deponiekapazitäten geschaffen werden müssten, wenn auch weiterhin die zehnjährige Entsorgungssicherheit gewährleistet werden soll; landesweit betrachtet sei dies aber noch nicht als dringlich einzustufen.

Das sieht die Bauwirtschaft ganz anders. Vor allem im Großraum Stuttgart und den umliegenden Landkreisen seien die Auswirkungen der Deponieknappheit schon jetzt deutlich spürbar, so Dieter Diener. Der Verbandsgeschäftsführer sieht hier vor allem die Landkreise in der Pflicht, vorausschauend und rasch zu handeln. Schließlich dauere die Erschließung einer Deponie im Schnitt bis zu zehn Jahren. „Die Gemeinden schieben sich hier gegenseitig den Schwarzen Peter zu, weil sie die Proteste der Bevölkerung befürchten.“ Der Verbandsgeschäftsführer hat in Anbetracht des Wohnungsmangels für diese lokalen Befindlichkeiten wenig Verständnis: „Wer infolge fehlender Wohnungen neue Baugebiete und Konversionsprojekte ausweist, muss auch dafür sorgen, dass der Erdaushub ortsnah entsorgt werden kann.“ Verschärft werden könnte die Situation auch durch die geplante Erneuerung der Vorgaben für das Re­cycling von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen. Kommt die sogenannte Mantelverordnung wie geplant, wird künftig weniger Baumaterial dem Recyclingprozess zugeführt werden können. Die Folge: Die Deponien müssen noch mehr Material aufnehmen. Platz, den sie jetzt schon nicht mehr haben.

Im Umweltministerium bastelt man derweil an einem neuen Deponiekonzept als Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans. Die Deponiekonzeption soll dabei die Rahmendaten für die Sicherstellung der zehnjährigen Entsorgungssicherheit auf Landes- und regionaler Ebene enthalten. Dabei setzt das Umweltministerium auf eine weitere Intensivierung der „bewährten“ interkommunalen Zusammenarbeit im Land. Ob das auch im Landkreis Böblingen so gesehen wird?