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Immobilien regional

Benchmark für die Nebenkosten



Wohnkosten. Vor 20 Jahren wurde die Geislinger Konvention ins Leben gerufen. Seitdem können die Betriebskosten einer Wohnung nach
objektiven Kriterien verglichen werden. Davon profitieren auch die Mieter.

Noch vor 20 Jahren wurde den Nebenkosten vonseiten der Wohnungswirtschaft keine allzu große Bedeutung beigemessen. Sie waren ein durchlaufender Posten und wurden einfach auf die Miete draufgeschlagen, erinnert sich Hansjörg Bach. Dem ehemaligen Professor an der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ist es zu verdanken, dass heute ein Großteil der wohnungswirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland über einen Benchmark seine Betriebskosten vergleichen und dadurch Einsparpotenziale identifizieren kann. Dafür erhielt er kürzlich die Ehrenplakette des Arbeitskreises der Geislinger Konvention.





Im Durchschnitt müssen Mieter in Baden-Württemberg 2,17 Euro pro Quadratmeter und Monat für die Betriebskosten ihrer Wohnung bezahlen. Unter ungünstigen Umständen kann die „zweite Miete“ auch bis zu 3,18 Euro pro Quadratmeter und Monat betragen. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Mieterbund in seinem Betriebskostenspiegel 2015/2016. Das bedeutet: Eine durchschnittliche Familie mit zwei Kindern und zwei Elternteilen zahlt für eine 120-Quadratmeter-Wohnung im Jahr bis zu 4617 Euro an Nebenkosten und muss zur Miete eine monatliche Vorauszahlung von 385 Euro einplanen.


Was ursprünglich dazu gedacht war, den Leerstand auf dem Mietwohnungsmarkt zu bekämpfen, ist heute vor allem ein wirtschaftliches Kontrollinstrument. „Mit dem Regelwerk der Geislinger Konvention ist es jetzt möglich, die Betriebskosten unterschiedlicher Wohnungen vergleichbar zu machen, ohne dabei Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, erklärt Professor Hansjörg Bach. Die Wohnungsunternehmen können anhand des Regelwerks zum Beispiel feststellen, ob die Betriebskosten im vergleichbaren Rahmen liegen oder ob die Kosten in irgendeinem Bereich aus dem Ruder laufen. So stellte ein Wohnungsunternehmen beim Vergleich der Müllgebühren fest, dass es viel zu viel bezahle. Nachforschungen ergaben, dass für die Anzahl der Wohnungen zu viele Mülltonnen vorhanden waren. „Ohne den Benchmark der Geislinger Konvention hätte man das wahrscheinlich noch lange nicht bemerkt. Unter Umständen erspart der Benchmark auch Streit mit den Mietern bei Auseinandersetzungen um die Höhe der Nebenkosten“, ist die Erfahrung von Hansjörg Bach.


Die Betriebskosten spielten heute bei der Bezahlbarkeit von Mietwohnungen eine wichtige Rolle, betont er weiter. Als Professor Bach vor 20 Jahren mit einer Handvoll Mitstreitern begann, sich mit dem Betriebskosten-Benchmarking zu beschäftigen, waren die Nebenkosten noch eine zu vernachlässigende Größe. Damals gab es zu viele Wohnungen. Und um den Leerstand im eigenen Bestand möglichst gering zu halten, suchte die Branche nach Wegen, potenziellen Mietern ihre Wohnungen durch günstige Nebenkosten schmackhaft zu machen.


Dazu sollte für das Benchmarking ursprünglich nur ein einheitlicher IT-Standard geschaffen werden. „Doch das funktionierte damals nicht“, erinnert sich Hansjörg Bach. Erst durch die Schaffung von Schnittstellen für die gängige Verwaltungssoftware gelang der Durchbruch. Mittlerweile nutzen über 50 Wohnungsunternehmen in Deutschland das Analysetool auf der Basis der Geislinger Konvention. Das entspricht etwa einem Bestand von fünf Millionen Wohnungen bundesweit. Unter den im GdW (Gesamtverband der deutschen Wohnungswirtschaft) organisierten Unternehmen entspricht das rund 75 Prozent.


Während bei den Wohnungsunternehmen das Siegel der Geislinger Konvention längst zum Alltag gehört, tun sich die Wohnungseigentümergemeinschaften WEGs mit dem Benchmarking noch schwer. Zwar sei es aus Sicht von Wolfgang Heckeler, Präsident des Verwalterverbandes DDiV, ein „wichtiges“ Instrument, die WEG-Mitglieder von einer energetischen Sanierung zu überzeugen. Andererseits seien aber die Wohnungseigentümer nicht bereit, ihrem Verwalter den Mehraufwand zu bezahlen. Doch gerade hier gebe es noch erhebliches Potenzial für die Geislinger Konvention. Wolfgang Heckeler schätzt, dass es in Deutschland rund neun Millionen Eigentumswohnungen gibt, von denen rund 45 Prozent in den Jahren zwischen 1949 und 1978 erstellt wurden. „Mit dem Benchmarking-Tool hätten Verwalter ein wirkungsvolles Instrument an der Hand, mit dem sie den WEGs zeigen könnten, wo die Schwachpunkte der Immobilie liegen.“


Heute geht es den Initiatoren von einst aber vor allem darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Branchenkenner gehen davon aus, dass jedes Jahr rund 40 Milliarden Euro Betriebskosten in den deutschen Haushalten anfallen. „An der Miete selbst können Sie wenig ändern“, ergänzt Hansjörg Bach. Bei den Finanzierungskosten und den Abschreibungen gebe es heute keine Spielräume mehr. Anders bei den Betriebskosten. Doch auch hier zähle jeder Cent. „Als Wohnungsunternehmen sollte jedes Einsparpotenzial genutzt werden, damit auch die Gesamtbelastung für den Mieter geringer wird“, so Bach.