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Immobilien regional

Energie sparen mit Contracting

Contracting. Die baden-württembergische Landesregierung setzt bei der energetischen Sanierung der landeseigenen Gebäude künftig auch stärker auf alternative Finanzierungsmodelle.
Die Ziele sind hoch, die sich das Land bei der energetischen Sanierung des eigenen Gebäudebestandes gesetzt hat. Bis zum Jahr 2040 sollen die Immobilien weitgehend klimaneutral gestellt werden. Das ist in Anbetracht von über 8000 landeseigenen Gebäuden, von denen zwischen 70 und 80 Prozent lange vor der ersten Wärmeschutzrichtlinie gebaut wurden, eine Mammutaufgabe und ein kostspieliges Unterfangen. Obwohl die Mittel für die energetische Sanierung der landeseigenen Immobilien gegenüber der zurückliegenden Legislaturperiode deutlich aufgestockt wurden - allein für die Jahre 2013/2014 flossen rund 120 Millionen Euro, dürften diese Gelder allein nicht ausreichen, das ehrgeizige Ziel, dass sich die Landesregierung gesteckt hat, zu erreichen.

Für den baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist es längst keine Frage mehr, auch innovative Finanzierungsmöglichkeiten wie das Con­tracting heranzuziehen, wenn es darum geht, die energetische Sanierung bei den Landesgebäuden voranzutreiben. Bei dieser Finanzierungsmethode wird unter anderem privates Kapital mobilisiert, um die Gebäude oder Anlagen zu sanieren. In der Regel sind das auf Contracting spezialisierte Energiedienstleister.

Diese Unternehmen planen, bauen, betreiben und finanzieren die Energieerzeugungsanlage oder eine technische Gebäudeausrüstung mit dem Ziel einer nachhaltigen Reduktion der Energieverbräuche in einem Gebäude. Der Profit des sogenannten Contractors entsteht dabei durch die über die Energieeffizienz eingesparten Kosten des Auftraggebers.

Für den Umweltminister liegen die Vorteile dieser Finanzierungsmethode auf der Hand. Der finanziell nicht auf Rosen gebettete Landeshaushalt wird beim Energie-Contracting nicht zusätzlich belastet. Allerdings funktioniert diese Finanzierungsmethode nicht bei allen landeseigenen Gebäuden. Contracting lohne sich nur bei Gebäuden, die ein besonders hohes Energieeinsparpotenzial haben, so Franz Untersteller.

Die bisherigen Erfahrungen des Landes bei der Entwicklung und Anwendung unterschiedlicher Contracting-Verfahren sind dabei durchaus positiv, liest man den Energiebericht 2013 der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg. In dem Werk sind über 120 realisierte Maßnahmen zu Energiekosteneinsparungen aufgeführt, durch die das Land bei den landeseigenen Immobilien jährlich mehr als sechs Millionen Euro an Energiekosten einspart. Bereits 2012 hat das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ein Sonderprogramm für ein verwaltungsinternes Contracting initiiert. Darin werden für die Jahre 2012 bis 2014 insgesamt rund 50 Millionen Euro für energiesparende Maßnahmen bereitgestellt. Die Refinanzierung soll dabei aus den eingesparten Energiekosten erfolgen.

Im zurückliegenden Jahr startete die Landesregierung ein weiteres Contracting-Projekt, in das 50 landeseigene Gebäude im Land mit rund 300 000 Quadratmeter Gebäudefläche einbezogen wurden. Darunter befindet sich unter anderem die Hochschule Mannheim, die Pädagogische Hochschule in Karlsruhe sowie ein Rechenzentrum in Stuttgart und die Universität Hohenheim. Das älteste Gebäude des Projekts ist ein Gebäude aus dem Jahr 1716. Durch das aktuelle Contracting-Projekt erhofft sich die Landesregierung zusätzliche jährliche Einsparungen bei den Energiekosten der öffentlichen Gebäude von mindestens einer Million Euro bei jährlichen Energiekosten von 4,6 Millionen Euro.

Nach einer Studie haben öffentliche Liegenschaften ein erhebliches Potenzial für innovative Dienstleistungsmodelle wie Con­tracting. Danach könnten Bund, Länder und Kommunen ihre Energiekosten in ihren Liegenschaften mit Hilfe von spezialisierten Dienstleistern bis zum Jahr 2016 - das ist die Zielmarke für eine EU-Richtlinie zur Steigerung der Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen - um bis zu 300 Millionen Euro jährlich senken. Das entspricht etwa den Energiekosten von 20 000 Schulen, Justizvollzugsanstalten und Verwaltungsgebäuden, die sich aufgrund ihrer Größe besonders gut für Energie­contracting eignen. In der Landeshauptstadt werden neben energiesparenden Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz auch Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien über das stadtinterne Contracting finanziert, so Werner Flad, Leiter des Amtes für Umweltschutz. Bis 2012 summiert sich die durch das stadtinterne Contracting erreichte Kosteneinsparung auf jährlich 1,7 Millionen Euro. Die Summe aller Investitionen der Landeshauptstadt bis einschließlich 2012 beträgt laut Flad 13,6 Millionen Euro. Zur Finanzierung werden die bereitgestellten Mittel (10,8 Millionen Euro) und die Rückflüsse durch die eingesparten Energiekosten bereits umgesetzter Maßnahmen verwendet.

Insgesamt konnten bis 2012 15,9 Millionen Euro und circa 97 000 Tonnen CO 2 eingespart werden. Im aktuellen Haushalt 2014/15 sind die Contractingmittel - vor dem Hintergrund der anstehenden Sanierung von Schulgebäuden - um insgesamt acht Millionen Euro aufgestockt worden. Bei der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft spielt das Contracting hingegen nur eine untergeordnete Rolle, da die SWSG selbst in ihre Heizungsanlagen investiert. Die städtische Tochter verfolgt für ihren Bestand laut Pressesprecher Peter Schwab eine energetische Gesamtstrategie aus passiven Wärmeschutzmaßnahmen und der Erneuerung von Heizungsanlagen.

Contracting kann nach Ansicht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aber auch für größere, von Mietwohnungsgesellschaften oder Wohnungseigentümergemeinschaften WEG betriebene Wohnanlagen infrage kommen. Ob sich der Abschluss eines Wärmeliefervertrages (Contracting) im Vergleich zu einer Eigeninvestition in eine Heizungsanlage aber lohnt, sei immer vom Einzelfall abhängig.

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