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Immobilien regional

Investieren ist wie Brötchen backen

Image. Immobilieninvestoren haben in der Öffentlichkeit nicht den besten Ruf. Vor allem in Städten, in denen es an bezahlbaren Wohnungen mangelt, wird oft das Bild der alles verschlingenden Heuschrecke gezeichnet.


'Wissen Sie, ein Immobilieninvestor macht eigentlich nicht viel anders als ein Bäcker', erklärt Sandro Camilli das Investoren-Business. 'Der eine kauft Grundstücke, um sie zu bebauen und dann zu verkaufen, der andere kauft Mehl, um daraus Brötchen zu backen und diese zu verkaufen.'

Der Immobilienökonom weiß natürlich auch um das Image der Investoren. Beliebt bei jenen Stadtvätern, denen sie das lang­ersehnte 'Denkmal' ermöglichen. Für viele andere stehen Investoren oft als Synonym für Geldgier und die Ausbeutung der Mieter. Sandro Camilli will das gar nicht beschwichtigen. 'Schwarze Schafe gibt es in jeder Branche, aber das sind unrühmliche Ausnahmen. Wie bei jeder anderen Tätigkeit auch.' Ein Immobilieninvestor, der durchschnittlich fünf Prozent Rendite aus einer Immobilienanlage generiert, sei nicht schlechter als ein Einzelhändler oder anderer Unternehmer. 'Aber ein reiner Kapitalist, der andere Firmen aufkauft, diese rücksichtslos in Einzelteile zerlegt oder gar schließt, Arbeitsplätze vernichtet und damit 500 Prozent Rendite oder mehr einstreicht, bringt das Image einer ganzen Branche in Schieflage . . .' Dass er eines Tages selbst als Privatinvestor einsteigen würde, war für ihn nur die logische Konsequenz seines bisherigen Berufsweges. Sandro Camilli kennt die Branche seit vielen Jahren aus dem Effeff - zuletzt als Stuttgarter Niederlassungsleiter beim international tätigen Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle.

'Wenn Sie das Immobilienbusiness richtig machen wollen, müssen Sie den Deal dahinter verstehen', erläutert er seine Philosophie. Er konnte schon immer nur das verkaufen, was er auch selbst kaufen würde, sagt er von sich. 'Das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun.' Und das Geld dazu? Die aktuelle Niedrigzinspolitik der Europä­ischen Zentralbank EZB sei für die Branche ein Glücksfall, räumt er freimütig ein.

'Früher scheiterten viele gute Immo­bilienprojekte im Gewerbebereich schon am Faktor Kapital. Heute ist eine sinnvolle Investitionsmöglichkeit mehr wert. Die Geldbeschaffung spielt bei Immobilienprojekten in der Regel nicht die allein entscheidende Rolle mehr', analysiert er nüchtern. Selbst Wohnimmobilien seien mit Renditen unter vier Prozent mangels Anlagealternativen sogar für institutionelle Anleger interessant.

Sei das Immobilienkonzept schlüssig, finanzieren die Banken heute noch genauso wie vor einigen Jahren. Viele Kreditinstitute besinnen sich mangels Alternativen wieder auf ihre klassischen Stärken, also das mittelständische Kreditgeschäft. Natürlich müsse das Projekt trotzdem ordentlich durchkalkuliert sein. Die Geldgeber schauten sich ihre Partner sehr genau an. Welche Projekte wurden schon realisiert, wie sieht der Track-Record - die belastbare Referenzliste - aus? Und eigenes Geld müsse man auch schon mitbringen, ergänzt Camilli.

'Zwar spricht man immer noch über Geld, es geht aber längst nicht mehr nur um die Frage, wie etwas finanziert wird, sondern eher darum, wo es überhaupt noch Projekte gibt, in die man sinnvoll investieren kann', erklärt er. Denn durch die hohe Liquidität am Markt - vor allem in den begehrten Citylagen - sei es zu einem Nachfrageüberhang gekommen. 'Ich schätze, dass rund zehn Milliarden Euro gerne national und international in Stuttgart investiert würden', sagt Camilli. Das bekommen vor allem jene zu spüren, die bislang vorwiegend in den Bestand investiert haben oder noch auf der Suche nach bebaubaren Grundstücken in den begehrten Stadtlagen sind. 'Die Preise steigen aufgrund der hohen Nachfrage. Und das führt dazu, dass die Rendite sinkt', erklärt er den Markt. Camilli ist trotzdem zuversichtlich. Letztendlich sei es wie bei einem guten Bäcker: 'Wer sein Handwerk mit Können und Leidenschaft ausübt, dem muss auch in Zukunft nicht bange sein.'

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