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Immobilien regional

Nur Besserverdiener willkommen?


Strukturpolitik. Preiswertes Wohnen – für den Stuttgarter Wirtschaftswissenschaftler Hanspeter Gondring sind das nur warme Worte. In Wahrheit geht es aus seiner Sicht um Stadtrenditen und Wählerstimmen.


Es kommt einem mittlerweile wie eine Binsenweisheit vor. Das Wohnen wird immer teurer. Doch woran liegt das? Professor Hanspeter Gondring von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart hat darauf eine einfache Antwort.
„Die Nachfrage ist höher als das Angebot. Und dann steigen die Preise. Das lernen meine Studenten schon im ersten Semester“, sagt der Wissenschaftler.



Professor Hanspeter Gondring von der Dualen Hochschule erklärt
im Video , warum Wohnen immer teurer wird.


Entsprechend laut wird der Ruf nach preiswertem Wohnraum. Was darunter zu verstehen ist, sei wissenschaftlich aber nicht definiert, weil so etwas immer im Auge des Betrachters liege, erklärt der Leiter der Studienrichtung Immobilienwirtschaft an der Dualen Hochschule

Lange Zeit lag der durchschnittliche Anteil der Miete inklusive Nebenkosten am monatlichen Nettoeinkommen bei rund 25 Prozent „Heute sind wir bei 30 Prozent angelangt“. Eine Studie der Europäischen Union habe ausgerechnet, dass selbst 40 Prozent Anteil noch bezahlbar seien. Gondring ist sich aber auch dessen bewusst, dass in der aktuellen Wohnungssituation in den großen Städten des Landes Bezieher höherer Einkommen bei der Suche nach einer Wohnung bessere Karten haben als Menschen mit einem mittleren Einkommen.

Um die Probleme auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich zu lösen, fehle es aber nach wie vor am politischen Willen, kritisiert Professor Gondring. Dabei gebe es durchaus die Instrumente, die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen. „Die Kommunen könnten zum Beispiel viel stärker davon Gebrauch machen, Flächen im Außenbereich freizugeben. Das müssten dabei nicht zwangsläufig geschlossene Siedlungskörper sein“. Aber auch das Bauen an sich müsste attraktiver werden.

Die Förderung sei dabei nur ein Aspekt. Wichtiger sei, den brokratischen Wust zu entflechten. So gebe es allein in der Landesbauordnung 79 Paragrafen (Fassung 5.3.2010), die alles bis ins kleinste Detail regeln. „Warum dauern Baugenehmigungen heute doppelt so lange wie noch vor einigen Jahren?“, fragt Gondring und gibt darauf auch gleich die Antwort. „Es ist nicht die einzelne Regelung. Es ist die Summe der Vorschriften, die die Bearbeitungszeiten in die Länge ziehen.“ Die aktuellen finanziellen Förderprogramme der Landesregierung sieht Gondring deshalb auch mit einer gewissen Zurückhaltung. Er befürchtet, dass die finanziellen Anreize wie viele Programme zuvor verpuffen, weil das Gesamtkonzept nicht stimmig sei. „Es geht nicht um einzelne Regelungen oder Förderungen. Wenn wirklich etwas verändert werden soll, brauchen wir ein Gesamtpaket“. Das werde es aber nie geben, weil nach wie vor der politische Willen fehlt, sagt der Wissenschaftler.

Ob Förderprogramme oder staatliche Eingriffe wie die Mietpreisbremse: In Wirklichkeit seien das nur Augenwischerei und Alibiveranstaltungen der Politiker für das Bedienen der jeweiligen Wählerklientel. „Das ist so, als wenn man ein Krebsgeschwür mit einem Pflaster bekämpfen würde“, sagt Gondring.
„Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Politiker in den Innenstädten berhaupt noch Wohnraum schaffen wollen.“ Die Kommunen seien längst dem Kräftespiel des Marktes zugeneigt. Weil Folgekosten fr Infrastrukturmaßnahmen in den Innenstädten befrchtet werden, schotteten sich immer mehr Kommunen knstlich ab. Willkommen sind vor allem die gut situierten Städter, so der Wissenschaftler.

„Die Kommunen schauen vermehrt auch auf ihre Stadtrendite.“ Dabei wird die zu bebauende Fläche danach beurteilt, welche künftigen Einnahmen aus der Bebauung für den Stadtsäckel förderlich seien. So bringe ein hippes, gemischtes Gewerbe-, Hotel- und Wohnflächenquartier höhere Einnahmen an Einkommens- und Gewerbesteuer als ein reines Wohnquartier mit einem hohen Anteil an Sozialwohnungen, erklärt der Professor. Trotzdem spielte die Wohnungspolitik auch im zurückliegenden Kommunalwahlkampf eine wichtige Rolle.

Hanspeter Gondring nennt das rationale Politik. „Politiker verhalten sich danach nicht anders als Vorstände von Aktiengesellschaften.Während die einen nach dem Gewinn schauen, geht es den Politikern um Stimmenmaximierung“, analysiert der Wissenschaftler nchtern. Und was machen die, die eine Wohnung suchen? „Wer es sich leisten kann, zieht in die Stadt. Die anderen mssen draußen bleiben.“


STICHWORT: STADTRENDITE

Ursprünglich wurde die Stadtrendite als Kennzahl zur Messung des ökonomischen Mehrwerts kommunaler Wohnungsgesellschaften für die Stadt verwendet. Heute ist laut Professor Hanspeter Gondring von der Dualen Hochschule der Begriff weiter gefasst. Man verstehe darunter Einnahmeeffekte einer Stadtentwicklung durch zusätzliche Steuern, Abgaben sowie aus einer zusätzlichen Bruttowertschöpfung (in der Regel einem neuen Arbeitsplatz). Aber auch die Vermeidung von Präventionskosten von negativen Effekten wie zum Beispiel vermiedene Polizeieinsätze oder die Vermeidung von Behebungskosten negativer Effekte wie Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe werden zur Stadtrendite hinzugezählt.