Aspen RapidWeaver 8 Blog Style
<i>Immobilien</i> <i></i> <i>regional</i>

Immobilien regional

Wettbewerb aus dem Lot?

Wohnungswirtschaft. Die freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen im Land beklagen die zunehmenden Restriktionen beim Wohnungsbau und Wettbewerbsverzerrungen durch kommunale Unternehmen.

Bezahlbarer Wohnraum ist an und für sich kein Problem, sagt der BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Es gibt derzeit genug Geld, das darauf wartet, in Betongold angelegt zu werden - auch für den sozialen Wohnungsbau. Bund, Land und Kommunen dürften allerdings nicht weiter nur die Hand aufhalten, so Gerald Lipka, seit einer Woche als neu gewählter Geschäftsführer der BFW Landesverbände Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland im Amt. Er übernimmt die Aufgaben von Lutz Wentlandt, der nach 35 Jahren im BFW Landesverband in dieser Funktion in den Ruhestand ging.

Private Wohnungsbauunternehmen hätten auch schon früher preisgünstige Wohnungen gebaut, sagt der neue Geschäfts­führer weiter. Nur: derzeit sprächen die Rahmenbedingungen einfach dagegen. In Zeiten hoher Zinsen sei es für ein privates Wohnungsunternehmen durchaus lukrativ gewesen, billiges Geld für den Wohnungsbau vom Land oder von der Kommune im Gegenzug für die Bereitstellung von Wohnungen mit Sozialbindung aufzunehmen.

'Das war für beide Seiten eine Win-win-Situation', erinnert sich Lipka. Die Wohnungsunternehmen kamen an billiges Geld, während die Kommunen davon profitierten, dass ein Teil der neuen Wohnungen bei der Miethöhe gedeckelt war. So hatte die Stadt oder Gemeinde immer einen Grundstock an preisgünstigen Wohnungen. Durch den niedrigen Zinssatz auf dem Kapitalmarkt habe sich dieser Effekt aufgehoben, zumal mittlerweile die Zinsen auf dem freien Markt günstiger seien als das, was das Land über seine Wohnraumförderung anbieten könne.

'Letztendlich ist ein Engagement in den sozialen Wohnungsbau durch einen privaten Investor auch immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit', so Lipka. Dass derzeit in den großen Städten Baden-Württembergs von den privaten Investoren ausschließlich im Luxussegment gebaut werde, liege auch daran, dass das Land und die Kommunen das Bauen an sich durch immer neue Res­triktionen verteuern würden.

Dem Interessenverband der freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen geht es dabei nicht nur um die 'immer höher geschraubten' energetischen Anforderungen. 'Wir sehen die Notwendigkeit dieser Maßnahmen. Aber in Maßen und dann möchten wir bitte auch eine Möglichkeit haben, die Investitionskosten an den Mieter weiterzugeben.'

Dass sich derzeit so wenige Investoren mit dem preisgünstigen Wohnungsbau beschäftigen, liegt nach seiner Ansicht aber auch an anderen Stellschrauben wie zum Beispiel der Landesbauordnung und der Grunderwerbsteuer. Auch diese Dinge führten letztendlich dazu, dass Bauen immer teurer werde. 'Bei dieser Reglementierungswut dürfen sich die Politiker eigentlich schon lange nicht mehr wundern, dass am Ende kaum noch günstiger Wohnraum von privaten Wohnungsbauunternehmen auf den Markt kommt', so Geschäftsführer Gerald Lipka.

Für die freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen wären eigentlich derzeit vor allem die kommunalen Wohnungsbauunternehmen gefragt, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Die würden aber lieber im lukrativen Luxus-Bauträgergeschäft mitmischen, als sich um ihre eigentliche Auf­gabe der Daseinsvorsorge zu kümmern, kritisiert der neue Verbandsgeschäftsführer. Offiziell heiße es zwar immer, man finanziere durch dieses Bauträgergeschäft die Modernisierung des Bestandes und energetische Maßnahmen, in einigen Fällen werde aber auch nur der städtische Haushalt entlastet, heißt es beim Verband.

Diese Bauträgertätigkeit ist den freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Baden-Württemberg schon lange ein Dorn im Auge. Sind sie doch der Meinung, dass viele Kommunen mit dem Geschäftsmodell ihrer Wohnungsbauunternehmen dabei gegen das sogenannte Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Danach darf zum Beispiel eine Kommune nur dann als Unternehmer auftreten, wenn es keine private Alternative gibt und ein Bedarf besteht. Die Mitgliedsunternehmen ärgern sich dabei nicht nur darüber, dass die kommunale Konkurrenz schon allein aufgrund ihres Status als kommunales Unternehmen weitaus weniger Risiko trage.

Das Grundproblem besteht aus Sicht des Verbandes vor allem darin, dass kommunale Bauträgergesellschaften schon allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Stadt oder Gemeinde einen Informations- und auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den freien Unternehmen haben. 'Sie kommen schneller und leichter an kommunale Grundstücke. Die eigentliche Aufgabe der kommunalen Bauträgergesellschaften, nämlich die Daseinsvorsorge, tritt dabei immer mehr in den Hintergrund', so der Landes­geschäftsführer des BFW.

Gerald Lipka weiß, dass sich keine Kommune freiwillig aus dem lukrativen Bau­trägergeschäft zurückziehen wird. 'Das ist unrealistisch.' Zumal viele dieser Gesellschaften schon seit Jahrzehnten mit ihrem Geschäftsmodell sehr erfolgreich auf dem Markt sind und Bestandsschutz genießen. Trotzdem bleibt der Verband bei seiner zentralen Forderung, dass sich die kommunalen Wohnungsbauunternehmen auf den Kernbereich ihrer sozialen Daseinsvorsorge beschränken sollten. Ingo Dalcolmo

© 2014 STUTTGARTER ZEITUNG