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Immobilien regional

„Wir sind keine Heuschrecken“


Wohnungsmarkt. Damit mehr Sozialwohnungen gebaut werden, setzen die Kommunen im Land verstärkt auf Sozialquoten. Dadurch wird die Wohneigentumsbildung immer unerschwinglicher, sagen die Bauträger.

„Wir sind keine international agierenden Heuschrecken, sondern mittelständisch orientierte Unternehmen“, ärgert sich Dirk Graf. So seien es gerade die privaten Wohnungsunternehmen, die rund 80 Prozent der neuen Wohnungen in Deutschland errichten, so der Vorstandsvorsitzende des BFW Landesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg beim Neujahrsempfang in Stuttgart. Diese Leistung werde in der politischen Diskussion aber kaum wahrgenommen. Vielmehr würden die Bauträger häufig als Preistreiber und Profiteure der steigenden Preise auf dem Wohnungsmarkt gebrandmarkt.


Brauchen wir Sozialquoten? Prof. Dr. Hanspeter Gondring redet im Video Tacheles.


Dabei seien es gerade die Kommunen, die dafür verantwortlich sind, dass das Wohnen noch teurer wird. Für Dirk Graf ist die immer häufiger geforderte Sozialquote mit einer der Gründe, warum sich immer weniger junge Familien noch Wohneigentum leisten könnten. „Jede Sozialwohnung muss durch die frei finanzierten Wohnungen subventioniert werden. Dies verteuert diese Wohnungen erheblich“, so der BFW-Vorstandsvorsitzende.

In Stuttgart wird die Sozialquote seit April 2014 durch das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM geregelt. Danach müssen 30 Prozent der für Wohnen neu geschaffenen Geschossfläche für die Wohnbauförderung gesichert werden. Bei städtischen Grundstücken beträgt der Anteil des geförderten Wohnungsbaus mindestens 50 Prozent. Mittlerweile würden aber auch kleinere Städte und ländliche Regionen im Land dem Beispiel folgen und Modelle aus Ballungsgebieten mit einem weit höheren Mietniveau auf ihre kleinstädtische Kommune übertragen, was den Wettbewerb verzerrt. Zwar bekenne sich auch der BFW zum sozial geförderten Wohnungsbau, bei der Anwendung der wohnungspolitischen Instrumente sollte die Politik aber Augenmaß bewahren und viel stärker Rücksicht auf die lokalen Besonderheiten nehmen.

Der dramatische Anstieg der Grundstücks- und Baupreise wird von den freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen im Land schon länger mit Sorge betrachtet. Ein großer Kostenfaktor sei dabei die Grunderwerbsteuer. Ein Verzicht auf die Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb von Immobilien, eine Stundung oder die Finanzierung über ein Darlehen wäre ein richtiges bundespolitisches Signal, so der BFW. Einen weiteren Kostentreiber für die Baupreise sieht Dirk Graf im aktuellen KfW-Effizienzhaus-55-Standard. Sein Appell an die Politik: „Der Klimaschutz darf die Grenzen des wirtschaftlich Leistbaren nicht überschreiten.“

Der vom Land geplante Aufbau eines Grundstücksfonds im Rahmen des Kommunalfonds Wohnraumoffensive BW sieht Dirk Graf als eine der großen Unbekannten, weil der Fonds laut Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut künftig „finanzschwachen Gemeinden ermöglichen soll, Wohnbauflächen zu erwerben, wozu sie sonst selbst nicht in der Lage sind“.

Für die private Wohnungswirtschaft sei aber gerade der Zugang zu Grundstücken von existenzieller Bedeutung. „Wir brauchen keine weiteren Wettbewerber um Grundstücke, die weiter unsere Kosten in die Höhe treiben“, so Dirk Graf.

Vor rund 300 Gästen kritisierte der BFW-Vorstandsvorsitzende erneut, dass kommunale Gesellschaften zunehmend immer massiver als Wettbewerber im klassischen Bauträgergeschäft auftreten würden. Und das, obwohl das Land zum Schutz der mittelständischen Unternehmen das sogenannte Subsidiaritätsprinzip in der Gemeindeordnung verankert habe.

Danach sind Kommunen Ausweitungen und Neugründungen privatwirtschaftlicher Aktivitäten (zum Beispiel Bauträgergeschäft) nur in ganz engen Grenzen erlaubt. „Von diesem Schutz spüren wir in der Praxis aber leider wenig“, sagte Dirk Graf an die Adresse von Staatssekretärin Katrin Schütz vom Wirtschaftsministerium beim Neujahrsempfang. „Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau zu verbessern, heißt ein dickes Brett zu bohren“, so Katrin Schütz. Es brauche ein Klima für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg, das noch nicht überall vorhanden sei. Da müssten auch die Gemeinden stärker in die Pflicht genommen werden, so Schütz weiter.
Aus Sicht von Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft haben die Kommunen den Trend verschlafen. Andererseits würden politische Einflussnahmen wie Sozialquoten oder Mietendeckelungen das System aushebeln. Zudem würden viele Kommunen nach wie vor zum Höchstpreis städtische Grundstücke verkaufen oder kommunale Wohnungsunternehmen bevorzugen. Außerdem zögen sich viele Planungs- und Genehmigungsphasen unnötig in die Länge, weil es an der notwendigen Manpower fehle.

Sein Appell: „Jeder sollte jetzt wissen, dass Bauen Vorfahrt hat.“ In der aktuellen Diskussion um die Bewertungskriterien für die Grundsteuer plädiert er für die Bodenwertsteuer. Dafür müsste allerdings die Grunderwerbsteuer entfallen oder deutlich gesenkt werden. Das würde aus seiner Sicht Investitionen in den Gebäudebestand anregen, die Innenentwicklung fördern, mit wenig Verwaltungsaufwand realisierbar sein, und eine mögliche Umverteilung der Lasten bewegte sich auf einem politisch verträglichen Niveau.

Der Bauträgernachwuchspreis des BFW ging in diesem Jahr an Ferdinand Bräutigam von der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Das Thema seiner Bachelorarbeit: Crowdfunding als Instrument der Projektentwicklung.