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Immobilien regional

Ein gutes Arbeitsverhältnis


Verband. Muss Lobbyarbeit immer laut und schrill sein? Der Verband IWS Immobilienwirtschaft Stuttgart vertritt die Interessen der Immobilienwirtschaft in der Region – mit Vehemenz, aber ohne laute Töne.

Es liegt schon einige Jahre zurück. Der Gemeinderat hatte gerade das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM beschlossen. Weil in Stuttgart Wohnungen für untere und mittlere Einkommen fehlen, wurden Bauherren verpflichtet, einen bestimmten Anteil des Bauvolumens für Wohnungen und geförderten Wohnraum zu reservieren. Für den Verband IWS Immobilienwirtschaft damals eine Steilvorlage, gegen die Obrigkeit aufzubegehren und Front gegen SIM zu machen.



Im Video spricht Marc Bosch über den IWS und was eine internationale Bauausstellung für die Region bedeutet.

Mittlerweile hat sich die Branche mit SIM arrangiert, allerdings erst, nachdem der IWS einige Nachbesserungen durchsetzen konnte.

Marc Bosch, seit Mai 2015 Vorstandsvorsitzender des IWS Immobilienverband Stuttgart für die Metropolregion, schlägt heute moderate Töne an, wenn er über das Verhältnis der Stadt Stuttgart zur Immobilienwirtschaft spricht. Mit dem Baubürgermeister Peter Pätzold, der Amtsleiterin des Baurechtsamtes, Kirstin Rickes, und dem Amtsleiter des Stadtplanungsamtes, Detlef Kron, habe der Verband ein ausgesprochen gutes wie konstruktives Arbeitsverhältnis. Zum Oberbürgermeister sei die Beziehung eher neutral, formuliert Marc Bosch vorsichtig, um dann doch noch anzumerken: „Vielleicht ist dem OB bei all seinen anderen Themen die Immobilienwirtschaft auch nicht so wichtig.“

Der Verband Immobilienwirtschaft Stuttgart sieht sich zunächst einmal als eine regionale Interessenvertretung. „Mit unserer Arbeit können wir mehr bewirken als manch anderer Verband in Berlin oder Brüssel“, glaubt Bosch. Beispiel Bauanträge: In den Arbeitsgruppen werde derzeit darüber nachgedacht, künftig die beteiligten Ämter bei einem Bauantragsgesuch zu bündeln, um die Bearbeitungszeiten zu verkürzen. Dann könnte der Bauträger sein Projekt von Anfang an allen Beteiligten vorstellen und etwaige Einwürfe gleich in die weiteren Planungen mit einfließen lassen. Bosch: Dass Bauanträge in Stuttgart oft sehr lange dauern, liege nicht nur an der Stadt. Zu 50 Prozent sei auch der daran schuld, der das Baugesuch einreicht, bricht er eine Lanze für das Baurechtsamt. „Wenn es um Stadtplanung geht, können wir als Bauträger die Stadt auch nicht nach Gutdünken verbiegen, genauso wenig, wie sie uns auf der wirtschaftlichen Seite die Daumenschraube anlegen sollte“, sagt er. Schon heute sei alles, was in Stuttgart gebaut werde, ein Kompromiss, der den einen mehr oder weniger zufriedenstelle. Im Tagesgeschäft sei es nicht einfach, immer alle Wünsche und Ansprüche unter einem Dach zu vereinen. Wichtig sei ihm aber, dass der IWS immer dann in den Dialog eintritt, wenn immobilienwirtschaftliche Belange zu vertreten sind. Marc Bosch hat dabei ein gesundes Verhältnis zu der Rolle, die der IWS mit rund 140 Mitgliedern in Stuttgart und der Region politisch spielt. „Wir sehen uns nicht als der Verband, der ständig laut schreiend durch die Branche läuft und illusorische Forderungen stellt.“ Entsprechend zurückhaltend äußert sich Bosch auch über die bisherigen Ergebnisse zum „Bündnis für Wohnen“. Ziel dieses Projektes ist es, attraktiven und bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart zu erhalten beziehungsweise neu zu schaffen, um Familien mit Kindern und Menschen mit schmalerem Portemonnaie Wohnraum anbieten zu können.

Marc Bosch räumt ein, dass die bisherigen Ergebnisse dieses Runden Tisches nicht sehr befriedigend gewesen seien. Zwar habe man auf Arbeitsebene viele Details besprechen können, ein Problem stehe aber nach wie vor im Raum: „In der Landeshauptstadt gibt es einfach nicht genügend Flächen, die kurzfristig bebaut werden könnten.“ Und solange der Stuttgarter Gemeinderat weiter an dem Grundsatz Innen- vor Außenentwicklung festhalte, werde sich daran auch nichts ändern, glaubt Bosch.

Die Beteiligten sind sich indes längst einig, dass die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum kein isoliertes Problem der Landeshauptstadt sei, sondern die ganze Region angehe. Die Schwierigkeiten lägen aber darin, alle 179 Kommunen in der Region Stuttgart bei der Schaffung von Neubaugebieten und den notwendigen Infrastrukturmaßnahmen unter einen Hut zu bringen. Der IWS habe die Hoffnung, dass die geplante Internationale Bauausstellung IBA in der Region für die nötige Initialzündung bei den Bürgermeistern sorge. Doch bis das greife, gingen noch viele Jahre ins Land, sagt Bosch.

Doch davon, „mal richtig Druck zu machen“, hält der IWS-Chef wenig. Es gebe genügend Verbände und Institutionen, die jeden Tag in der Presse mit ihren Forderungen stünden, doch unterm Strich würden sie damit auch nicht mehr erreichen, zieht er Bilanz. Die Stadt Stuttgart sei neben dem Flächenproblem natürlich auch vom Baurecht her in ihren Möglichkeiten gefangen. „Wenn Sie fünf Eidechsen auf einem Grundstück haben, geht gar nichts mehr. Da kann auch die Stadt nichts machen. Das ist EU-Recht.“ Letztendlich sei aber auch die Nachverdichtung nur ein Tropfen auf den heißen Stein, um den Mangel an Wohnungen in der Landeshauptstadt zu beseitigen. „Am Ende reicht das bei Weitem nicht aus“, sagt Bosch. Er geht davon aus, dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in den nächsten Jahren eher noch verschärfen denn entspannen werde

Doch der Mangel an preisgünstigem Wohnraum ist nur die eine Seite der Medaille. Genauso wichtig seien Gewerbeflächen. Denn nur dort, wo sich Unternehmen auch ansiedeln, könnten Arbeitsplätze entstehen. Jetzt räche sich, dass die Region und die Kommunen es in der Vergangenheit versäumt haben, rechtzeitig Gewerbeflächen auszuweisen. „Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass den Kommunen klar wird, dass die Region nur gemeinsam funktioniert.“

Die größte Herausforderung für die Zukunft sieht Bosch aber auch darin, das richtige Maß zwischen Flächenbedarf für Wohnungen und Gewerbe zu finden. „Wir müssen aufpassen, dass da keine Konkurrenzen entstehen“, mahnt er.