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Immobilien regional

Gute Zeiten - schlechte Zeiten

Büroflächen. Der Umsatz bei den Gewerbemaklern brummt. Dennoch fehlen Flächen. Viele Unternehmen schauen in der City derzeit in die Röhre.

Dass die Landeshauptstadt ein beliebter Bürostandort ist, zeigt sich nicht zuletzt auch an der bundesweit geringsten Büro-Leerstandsquote von 5,3 Prozent. Die Zahl beschreibt, wie groß der Anteil der Büro­flächen in Stuttgart ist, die nicht vermietet sind. Auf den ersten Blick zwar eine erfreuliche Zahl, zeigt sie doch, wie beliebt der Standort ist. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Bei genauerer Betrachtung stellt man nämlich fest, das gut die Hälfte des Büro-Leerstandes in der Landeshauptstadt struktureller Natur ist. Mit anderen Worten: aufgrund der Lage und des Zustands der Gebäude können diese nicht mehr dem Mietmarkt zugeführt werden.

Immobilienexperten wie Alexander Veiel von Jones Lang LaSalle halten eine Leerstandsquote von acht bis zehn Prozent für einen Standort wie Stuttgart für verträglich. Dann könnten sich Unternehmen, die sich vergrößern wollen, vor Ort im Bestand orientieren und müssten nicht über die Stadtgrenze schauen. 'Größere Unternehmen mit einem Flächenbedarf ab 1000 Quadratmetern tun sich in Stuttgart derzeit schwer, geeignete Flächen im Bestand zu finden. Vor allem die Verfügbarkeit in den 1-a-Lagen sei praktisch gleich null', sagt Veiel. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in der Landeshauptstadt an vielen Ecken und Enden gebaut wird - zumal der größte Teil der demnächst fertiggestellten Objekte bereits komplett vermietet ist. Bürovermietung war schon immer ein schwieriges Geschäft, da die meisten Firmen nicht langfristig ihren Flächenbedarf planen können, erklärt der Makler.

Kaum Auswirkungen auf Quadratmeterpreis


'Keiner weiß, wie die Geschäfte in einem Jahr laufen werden. Auch deshalb warten viele Unternehmen erst einmal ab. Zumal ein Umzug in einen Neubau meistens auch mit einer höheren Miete pro Quadratmeter einhergeht als im Bestand', ist die Erfahrung von Veiel. Das wirkt sich auch auf die Vorvermietungsquoten bei neuen Projekten aus. Bevor eine Bank ein gewerbliches Immobilienprojekt finanziert, wird vom Projektentwickler erwartet, dass er bereits einen großen Teil der künftigen Mieter unter Vertrag hat. Man spricht dabei von der sogenannten Vorvermietungsquote. Vor zwei Jahren verlangten die Banken im Durchschnitt eine Vorvermietungsquote zwischen 50 und 60 Prozent, bevor sie ein Objekt finanzierten. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung reichten derzeit aber auch schon 40 Prozent oder ein höherer Eigenkapitalanteil, so Alexander Veiel. Die große Nachfrage nach Büroflächen wirkt sich aber nach wie vor kaum auf den Quadratmeterpreis für Büroflächen in der Landeshauptstadt aus.

Während andere Metropolen wie München längst bei Qua­dratmeterpreisen von 40 Euro für Büroflächen angekommen sind, liegt der Quadratmeterpreis in Stuttgart immer noch knapp unter 20 Euro in den Spitzenlagen. Nur bei besonders hochwertigen Immobilien können schon mal 22 oder 23 Euro fällig sein. Das liegt nach Auffassung des Gewerbemaklers auch daran, dass in Stuttgart die Mieterstruktur seit Jahren weitestgehend die gleiche ist. 'Die internationale Kon­kurrenz, die in Metropolen wie Frankfurt, Hamburg oder München die Preise nach oben treibt, fehlt schlichtweg in Stuttgart', so Alexander Veiel. Die durchschnittliche Dauer eines gewerblichen Büromietvertrages liegt derzeit bei fünf bis zehn Jahren. Nur noch in Ausnahmefällen werden heute Büroimmobilien auch für längere Zeiträume angemietet

"Weilimdorf hat in den 1990er Jahren super funktioniert"

'Die Unternehmen bevorzugen heute kürzere Laufzeiten der Mietverträge, um sich flexibel auf die jeweilige wirtschaftliche Lage einstellen zu können', erklärt Veiel die kurzen Mietlaufzeiten. Standort Nummer eins für viele Unternehmen ist dabei aber weiter die City oder die Citystadtrandlagen. Von der Beliebtheit spüren Gewerbe­gebiete wie jenes in Stuttgart-Weilimdorf wenig. Alexander Veiel sieht das nüchtern: 'Weilimdorf hat in den 1990er Jahren super funktioniert. Dann ging die Welle aber wieder zurück in die City.' Ob dieser Trend umkehrbar ist, wagt er zu bezweifeln. 'Hier wurde die Entwicklung verschlafen', so seine Einschätzung. Um den Standort wieder für Büronutzungen attraktiv zu machen, müsse zunächst die Infrastruktur, vor allem die Nahversorgung und die Gastronomie, verbessert werden. Ein Garant sei dies aber auch nicht.

Ein paar Kilometer Luftlinie entfernt auf der anderen Seite der Stadt kämpft ein anderes Areal ums Weiterleben. Das ehemalige IBM-Hauptquartier (Eiermann-Areal) in Vaihingen soll nach dem Willen des Stuttgarter Oberbürgermeisters zum Vorzeigequartier werden. Auf dem rund 20 Hektar großen Gebiet soll ein Forschungsstandort entwickelt werden, in dem gewohnt und gearbeitet wird. Ungelöst sind bislang der Umgang mit den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden und die künftige Verkehrsanbindung. 'Eigentlich sind solche Standorte, die früher einmal aus dem Boden gestampft wurden, eine Sünde', sagt Veiel.

Er befürchtet, dass sich derartige Bausünden in der Region aber wiederholen könnten, wenn die eine oder andere Kommune der Versuchung erliegt, Gewerbegebiete auf einzelne Unternehmen zuzuschneiden. 'Wir beobachten, dass derzeit die eine oder andere umliegende Kommune von der Knappheit in Stuttgart profitiert', so Veiel. Unter dem Strich war das zurückliegende Jahr für die Gewerbemakler trotz allem ein mehr als erfolgreiches Jahr. Mit einem Flächenumsatz von 256 000 Quadratmetern lag das Ergebnis nochmals um ein Drittel über dem des Vorjahres. Im aktuellen Geschäftsjahr rechnet die Branche immerhin noch mit einem Flächenumsatz von rund 200 000 Quadratmetern.

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