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Immobilien regional

Das Wohnhaus in der City


Großstadt. Die Wohnungsnot in den Städten ist groß. Doch bislang stand das Baurecht verdichteter Wohnbebauung in den Städten im Weg. Die Novellierung des Städtebaurechts soll das jetzt richten.
Was lange währt, wird endlich gut. Seit rund zehn Jahren fordern Stadtplaner die Anpassung des Städtebaurechts an die realen Bedürfnisse der Städte. Jetzt ist mit der Schaffung „Urbane Gebiete“ als neue Kategorie im Planungsrecht eine Lösung in Sicht, sollte der Referentenentwurf bis Ende des Jahres Gesetz werden.



Detlef Kron erklärt die neue Kategorie Urbane Baugebiete

„In den verdichteten Innenstadtlagen und Cityrandgebieten ist es bislang schwierig, Wohnen zu planen. Selbst im Neckarpark“, erklärt Dr. Detlef Kron, Leiter vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in Stuttgart. Bislang ist die Stadtplanung noch auf die bestehenden Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung angewiesen.

„Doch die lassen sich auf die Anforderungen an die Planung in den meisten Innenstädten gar nicht anwenden, weil die Emissionsschutzwerte und das Maß der Nutzung gar nicht erreichbar und sinnhaft sind. Die Gebietskulissen sind bislang zu unflexibel, um urbane und kleinteilig gemischte Wohnquartiere neu zu planen“, sagt Barbara Landwehr, Fachbereichsleiterin Planen Entwickeln Liegenschaften der Universitätsstadt Tübingen. „Mit einer Grundflächenzahl von 0,4 (Anteil der Fläche eines Baugrundstückes, das bebaut werden darf) und einer Geschossflächenzahl von 1,2 (maximal genutzte Fläche auf allen Stockwerken zusammen) kommen Sie da nicht weit“, ergänzt Kron.

Um dennoch Wohnen in den Innenstadtlagen zu realisieren, behelfen sich die Stadtplaner in Stuttgart seit Jahren mit der Art der baulichen Nutzung als „Kern- oder Mischgebiet. „Damit haben wir uns zum Beispiel im Europaviertel die Wohnanteile verschafft. Grundvoraussetzung ist dafür aber, dass auch Laden- und Büroflächen ausgewiesen werden. Denn eine reine Wohnbebauung ist in einem Kerngebiet bislang nicht zulässig“, erläutert Detlef Kron weiter. Grundlage für diese Trennung von Wohnen und Arbeiten ist die sogenannte Charta von Athen. Im Jahr 1933 wurde auf dem Internationalen Kongress für neues Bauen unter Federführung von Le Corbusier die Entflechtung der städtischen Funktionsbereiche entwickelt, um lebenswerte Wohn- und Arbeitsumfelder zu schaffen. Denn durch die Industrialisierung des 20. Jahrhunderts waren die Lebensbedingungen für die meisten Menschen in den Städten unerträglich geworden und man trennte die Arbeits- von den Wohnstätten. Heute gilt als Leitbild die Charta von Leipzig mit einer Mischung der einzelnen Funktionen in den Stadtquartieren und keiner Trennung. „Wir wollen eine Stadt der kurzen Wege, Mischung , Vielfältigkeit und Lebendigkeit“, so der Stadtplaner. Für Barbara Landwehr ist die geplante Novelle des Planungsrechts zwar kein Allheilmittel, aber ein echter Vorstoß, um der Stadt der kurzen Wege auch wirklich einen Schritt näher zu kommen. „Jetzt bekommen die Kommunen auch rechtlich etwas an die Hand, das wir Stadtplaner fachlich schon seit langem für richtig gehalten haben“, so die Stadtplanerin.

Doch so rechte Freude will trotzdem nicht aufkommen. Während auf der einen Seite Bestimmungen zu Gunsten der Wohnbebauung in den Innenbezirken gelockert werden, sollen andere Erleichterungen wie das beschleunigte Verfahren für Bebauungspläne der Innenentwicklung wieder verschärft werden, indem wieder eine Umweltvorprüfung vorgeschrieben werden soll. „Das halte ich für einen Rückschritt“, ärgern sich Kron und Landwehr.

Zwar halten die Stadtplaner die neue gebietskategorie für den richtigen Schritt, doch die sollte – als in den Nutzungsanteilen Wohnen und Gewerbe flexibles, verdichtetes Mischgebietverstanden werden. „Das bildet am besten unsere Planungsabsichten ab“, sagt auch Barbara Landwehr. Denn den Stadtplanern geht es darum, verdichtete Wohnquartiere mit kleinteiligem, meist erdgeschossigem Gewerbe planen zu können. „Wir wollen wieder generell das Wohnhaus in der City haben“, macht Kron deutlich. Das gehe aber nur über ein sogenanntes Urbanes Wohngebiet, das auch erhöhte Schallschutzpegel zulasse. Doch hier ist der nächste Ärger vorprogrammiert. Neben der DIN 18005, die den Planern vorschreibt, wie viel Verkehrslärm einem Bewohner noch zuzumuten ist, gibt es auch noch die TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm), die sich aber nur mit dem Gewerbelärm beschäftigt. Nach Ansicht von Barbara Landwehr wäre es sinnvoll, diese beiden gesetzlichen Normen in einer Vorschrift zusammen zu fassen. Jetztsei aber erst einmal geplant, die TA Lärm mit deutlich angehobenen Planungsrichtwerten für die Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ anzupassen.

Während die Stadtplaner noch auf die Verbesserungen des Referentenentwurfs hoffen, hat Mathias Düsterdick von der Gerch-Gruppe auf dem jüngsten Immobiliendialog bereits angekündigt, das ehemalige IBM-Areal, künftig Garden Campus Vaihingen, nach dem neuen von der Bundesregierung geplanten Baurecht für urbane Gebiete entwickeln zu wollen. Dass sieht Stadtplaner Kron anders. „Da muss Herr Düsterdick etwas falsch verstanden haben“, so der Stadtplaner. Solche Gebiete wie das Eiermann-Areal werden von Seiten der Stadt nicht mit dieser neuen Nutzungsart ausgewiesen werden, da diese für innerstädtische Gebiete gedacht ist.