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Immobilien regional

Mit jedem Verkauf wird's schlimmer

Wohnimmobilien. Je öfter große Wohnimmobilienbestände verkauft werden, um so schlechter ist deren Zustand, sagt Immobilienprofessor Hanspeter Gondring von der Dualen Hochschule in Stuttgart.

Die niedrigen Kapitalmarktzinsen machen seit rund zehn Jahren auch Wohnimmobilien für Investoren interessant. Noch nie wurden so oft und so viele Mietwohnungsbestände hin- und hergeschoben, obwohl die großen Player am Markt immer wieder nach einer Übernahme beteuern, 'nur' an der langfristigen Verwaltung des Bestandes Interesse zu haben.


Dr. Hanspeter Gondring, Studiengangsleiter Immobilienwirtschaft an der Dualen Hochschule Stuttgart, über Investoren in der Wohnungswirtschaft

Das prominenteste Beispiel: Der Verkauf des Wohnungsbestandes der LBBW Immobilien AG. 'Das Patrizia-Konsortium hat die LBBW Immobilien GmbH mit dem Ziel erworben, deren 21 000 Wohnungen langfristig im Bestand zu verwalten... ', erklärte Andreas Menke von Patrizia im Februar 2012. Drei Jahre später wird dann doch verkauft, 'obwohl nicht geplant', so das Unternehmen.

Auch der neue Eigentümer führt nur Gutes im Schilde: 'Wir sind Bestandshalter, keine Trader. Wir haben die Südewo gekauft, um die Wohnungen langfristig zu bewirtschaften', beruhigte Vorstandsmitglied Klaus Freiberg von der Deutschen Annigton jüngst. Professor Dr. Hanspeter Gondring ist Studiengangsleiter Immobilienwirtschaft an der Dualen Hochschule Stuttgart. Er hält solche Aussagen für Augenwischerei. Aber: 'Als Unternehmenssprecher würde ich auch nie etwas anderes sagen.' Schließlich kann es ja immer einen Grund geben, doch zu verkaufen, merkt er mit einem Augenzwinkern an. 'Das Einzige, was einen Investor antreibt, ist die Rendite. Bei Wohnimmobilien sind das derzeit um die drei Prozent', sagt er. Investoren seien permanent 'wie ein Raubtier' auf der Suche nach Beständen, die diesen Renditewunsch erfüllen. Um das zu erreichen, würden sie zu jeder Zeit kaufen, verkaufen und Teilbestände auflösen. Das sei das Geschäftsmodell eines Immobilieninvestors. Alles andere mache auch ökonomisch keinen Sinn, sagt der Immobilienprofessor.

'Immobilienunternehmen, die große Wohnungsbestände vorhalten, hängen nicht daran', räumt er mit einer Illusion auf. Deshalb gebe es auch keine langfristige Strategie, so Gondring. Die meisten Verkäufe - im Fachjargon auch Exit genannt - seien Zufallsprodukte oder man schreibt sich gezielt an. Der Markt ist klein und übersichtlich. man kennt sich. 'Wenn zwei davon ein Geschäft machen, können Sie davon ausgehen, dass es eine Win-win-Situation ist'.

Manchmal werde auch eine bevorstehende Sanierung genutzt, die Immobilie abzustoßen. Allerdings sei der Vorwurf, Investoren würden grundsätzlich Immobilien nur kaufen, um teure Luxussanierungen durchzuführen, reine Demagogie, bringt es Professor Gondring nüchtern auf den Punkt. Mietern könne der Wechsel bei den Besitzverhältnissen aber erst einmal egal sein, beruhigt er. Ob in einem Mietvertrag Firma A oder Firma B als Vermieter steht, ist zunächst einmal irrelevant. Der Vertrag muss auch vom neuen Vermieter erfüllt werden. Auch müsse sich der Mieter bei einem Verkauf nicht automatisch Sorgen machen, dass die Miete erhöht werde.

'Kein Investor kauft in der Hoffnung auf höhere Mieterträge', so der Immobilienprofessor, 'zumal Mieterhöhungen heutzutage kaum durchzusetzen und beim Kaufpreis nur schwer zu berücksichtigen sind.' Das eigentliche Problem für den Mieter sieht Hanspeter Gondring ganz woanders. 'Um den Gewinn zu maximieren, gibt es ganz andere Größen, als nur den Ertrag zu steigern. Nämlich die Kosten zu senken', ergänzt er. Man kümmert sich zum Beispiel nicht mehr um die Belange der Mieter, schiebt kleinere und größere Schönheitsreparaturen nach hinten, nennt er einige typische Beispiele aus der Praxis. 'Ob ein neuer Investor für den Mieter gut oder schlecht ist, sieht man am besten, wenn man sich anschaut, wie er mit anderen Investments in der Vergangenheit umgegangen ist.'

Durchschnittlich wechseln diese Wohnungsbestände alle drei bis acht Jahre den Besitzer - abhängig von Einstiegspreis, denn der Gewinn liegt im Einkauf, erklärt Hans-peter Gondring. Bei einer Rendite von drei Prozent lohnt sich ein derartiges Investment natürlich auch nur in einer Niedrigzinsphase. Wichtig sei auch, wie sich die Immobilie entwickele. Nach rund 20 Jahren sei bei einer Neuimmobilie die erste Grundsanierung notwendig, danach alle zehn Jahre weitere Investitionen. Das muss auch bei einem Kauf berücksichtigt werden, so Hans-peter Gondring

'Ein Investor wird die notwendigen Sanierungskosten immer mit einpreisen und die Maßnahmen in die Zukunft strecken, um den Barwert der Mietverträge abschöpfen zu können.' Das bedeute, das zum Beispiel Malerarbeiten nach hinten geschoben werden. 'Gerade bei großen Bestandshaltern ist mit zunehmendem Alter der Immobilie eine Verschlechterung festzustellen. Je öfter eine Immobilie gedreht wird, um so größer ist die Gefahr, dass der Bestand vernachlässigt wird', sagt Gondring. Deutliche Worte. Doch der Immobilienprofessor sieht darin eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit. 'Ohne diese Investoren könnten große Bestände nicht in einer Hand gehalten und verwaltet werden.'
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