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Immobilien regional

Genaues weiß man noch nicht


Stuttgart. Die Reform der Grundsteuer wirft viele Fragen auf. Vor allem, wie teuer sie wird, beschäftigt zunehmend auch die Unternehmen im Land.

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Wer große Flächen besitzt, könnte unter Umständen bei der neuen Grundsteuer das Nachsehen haben.

Für Mathias Waggershauser liegt die geplante Grundsteuerreform wie ein Damoklesschwert über seinem Unternehmen. Der Straßenbauer ist mit einem Großteil seines Betriebs, zu dem auch ein kleines Erddepot gehört, im Kirchheimer Ortsteils Lindorf ansässig. Er befürchtet, dass er künftig deutlich mehr Grundsteuer zahlen muss, wenn das von der Landesregierung favorisierte Bodenwertmodell dieses Jahr vom Landtag verabschiedet wird.

Lange wurde in Berlin darüber gestritten, welches Berechnungsmodell künftig zum Tragen kommen könnte, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherige Bemessungsgrundlage für verfassungswidrig erklärt hatte. Am Ende kam ein Kompromiss heraus. Danach können die Bundesländer entweder auf das sogenannte Bundesmodell zurückgreifen oder ein eigenes Grundsteuermodell entwickeln. Während das sogenannte Bundesmodell mit wertabhängigen Komponenten eine regelmäßige Bewertung aller Grundsteuerobjekte ermöglichen soll, setzt Baden-Württemberg auf ein modifiziertes Bodenwertmodell. Es basiert im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert.

Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. Daraus wird eine Steuermesszahl abgeleitet, die sich aus der Nutzung des Grundstücks ergibt. Über die Höhe der Steuermesszahl soll sichergestellt werden, dass Eigentümer von Wohngebäuden nicht übermäßig belastet werden. Aktuell ist hier ein Abschlag von 30 Prozent im Gespräch. Wie viel Grundsteuer aber dann tatsächlich anfällt, ist aber letztendlich von der jeweiligen Kommune abhängig, in der sich das Grundstück befindet. Denn die bestimmt über ihren Hebesatz, wie viel Grundsteuer bezahlt werden muss.

Beim baden-württembergischen Handwerkstag und den Industrie- und Handelskammern des Landes wird befürchtet, dass es durch die Neuregelung der Grundsteuer nach dem modifizierten Bodenwertmodell zu massiven Steuererhöhungen auch bei Gewerbe-Grundstücken in attraktiven Lagen kommen könnte. Zwar begrüßt Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold den unbürokratischen Weg des Landes bei der Grundsteuer. Allerdings sei das vom Land bevorzugte Bodenwertmodell nicht der Favorit des Handwerks gewesen, sondern das Flächenmodell, da es nicht von schwankenden Bodenrichtwerten abhänge.

Der Knackpunkt ist für die Industrie- und Handelskammern im Land die turnusmäßige Neubewertung der Grundstücke. Die Kammern gehen davon aus, dass sich die Bodenrichtwerte flächendeckend in den Folgejahren erhöhen, was in der Konsequenz zu einer stärkeren Belastung der Unternehmen führen werde. Der baden-württembergische Handwerkstag fordert deshalb einen gleich hohen Abschlag wie bei Wohngebäuden auch für Gewerbeflächen. "Wir zahlen bereits Gewerbesteuer", argumentiert Rainer Reichhold.

Auch in der angestrebten Aufkommensneutralität sehen die Verbände keine ausreichende Sicherheit für ihre Betriebe. Dadurch soll gewährleistet werden, dass durch eine Gesetzesänderung sich die Höhe der Einnahmen nicht verändert. Erste Schätzungen vom Bund der Steuerzahler gehen allerdings von massiven Belastungen für Bewohner von Ein- und Zweifamilienhäusern aus. Durch die anstehende Neubewertung der Grundstücke dürften auch die gewerblichen Grundstücke in den meisten Fällen im Wert steigen und damit künftig höhere Grundsteuerbeträge anfallen. Um die Grundsteuer aufkommensneutral zu reformieren, müssten die Kommunen die Hebesätze allerdings in größeren Umfang absenken, so der Industrie- und Handelskammertag, der hier die Kommunen in der Pflicht sieht.

Doch ob das funktioniert, bezweifelt Mathias Waggershauser. Er befürchtet, dass die Kommunen die Neuregelung der Grundsteuer nicht nur dazu benützen könnten, in den Jahren ab 2025 ihre Corona-bedingten klammen Haushaltskassen aufzufüllen, sondern auch Grundstückseigentümer indirekt dazu zu zwingen, ihre Grundstücke für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen anstatt sie brach liegen zu lassen. Doch das ist für den Kirchheimer Straßenbauer keine Option. Eine gewisse Bevorratung von Grundstücken sei für sein Unternehmen wichtig, um sinnvoll arbeiten zu können. Und wenn das nicht mehr wirtschaftlich gehen sollte, müsse auch ein Standortwechsel in Betracht gezogen werden, so Mathias Waggershauser.

Beim Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg geht man indes davon aus, dass in vielen Fällen die Gewerbetreibenden mit der Berechnung nach dem neuen Landesgrundsteuermodell im Vergleich zum jetzt noch angewendeten Sachwertverfahren eher im Vorteil sein werden. Viel mehr werde das geplante neue Grundsteuermodell Auswirkungen auf diejenigen haben, die Eigentümer von baureifen, aber unbebauten Grundstücken sind. Für diese werde der Betrag wohl steigen, heißt es aus dem Finanzministerium. Dies sei jedoch so gewollt, um einen Anreiz für neuen Wohnraum zu schaffen.