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Immobilien regional

Immobilienwirtschaft beklagt chaotische Verhältnisse

Stuttgart. Beim Immobilienforum Stuttgart von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten standen die aktuellen politischen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau am Pranger. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Regierung jetzt gegensteuern muss. Vor allem muss sie sagen, was sie wirklich will, so die Teilnehmer.

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Iris Beuerle spricht klare Worte: Die Wohnungspolitik von Bund und Land sei noch nie so unzuverlässig gewesen wie heute. Deshalb könne die Wohnungswirtschaft auch nicht planen, so die Verbandsdirektorin vom vbw Verband baden-württembergischer Wohnungsunternehmen vor rund 80 Immobilienexperten in der SpardaWelt.

Im Zentrum der Kritik steht das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angestoßene Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes. Danach dürfen ab kommendem Jahr keine neuen Gas- und Ölheizungen in neue Gebäude eingebaut werden. „Das Gesetz wurde vorgelegt, aber weder gut noch zu Ende gedacht“, sagt die Verbandsdirektorin und fragt, „wie sollen sich Menschen Wohnungen zur Miete leisten können, wenn wir richtig kalkulieren?“
So liegen die Erstellungskosten für eine Neubauwohnung schon heute pro Quadratmeter bei 4970 Euro im Durchschnitt. Danach müsste die Miete für so eine erstellte Wohnung im Durchschnitt bei 17,50 Euro pro Quadratmeter liegen, rechnet sie vor.

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Kostentreiber Auflagen
Den Kostentreiber sieht die Verbandsfunktionärin hier in erster Linie beim Bund, der durch immer neue Auflagen das Bauen zusätzlich verteure. „Ich verstehe, wenn viele Bauherren da die Lust verlieren“. Ihr Vorschlag: Gerade bei den Baunebenkosten könnte der Bund zu einer Kostensenkung beitragen, aber auch durch eine sinnvolle Entschlackung der Landesbauordnung LBO könnten Bauwillige entlastet werden. Und die Kommunen könnten durch einen Verzicht auf den Verkauf von Bauland gegen Höchstgebot ebenfalls dazu beitragen, das Bauen wieder bezahlbar werden.

Iris Beuerle machte aber auch klar, dass sie wenig Illusionen hat, dass sich an dieser Situation etwas ändern könnte: „Die Politiker kennen diese Zahlen, die haben aber andere Interessen als die von bezahlbarem Wohnraum“. „Bei diesen Zahlen brauche ich erst mal einen Schnaps und muss mich setzen“, leitet Wolfgang Molitor, früherer stellvertretender Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten, zur anschließenden Podiumsdiskussion über. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die EnBW den geplanten Bau von 800 neuen Wohnungen in Stuttgart auf Eis legt, weil das geplante neue Stadtquartier so wirtschaftlich nicht mehr umzusetzen sei.

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Rahmenbedingungen stimmen nicht mehr
Für die Immobilienexpertin und Maklerin Bärbel Bahr aus Böblingen bestätigt das nur einen Trend, der sich schon seit einigen Monaten abgezeichnet habe. Vor allem vor dem Hintergrund, dass gerade jetzt neue Wohnungen gebraucht werden. sei das eine schreckliche Entwicklung. Für Robin Frank, Geschäftsführer der BW-Bank Immobilientochter, war das eine klassische betriebswirtschaftliche Entscheidung der EnBW. Dass die Stadt jetzt in die finanzielle Bresche springen könnte, hält der Immobilienexperte allerdings für das falsche Signal
Weil „einfach zu viele“ Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, könne nur noch die Reißleine gezogen werden, ergänzt Michael Rieger, Geschäftsführer von Schatz Wohnbau. Vor allem die Geschwindigkeit, in der einzelne Gesetze durchgepeitscht würden, lasse oft eine Umsetzung nicht mehr zu.

So viel Schwarzmalerei will Wolfgang Molitor dann doch nicht unkommentiert stehen lassen, „In den zurückliegenden Jahren haben Sie alle doch gut verdient?“ , merkt er ketzerisch an. „Die letzten Jahre waren gut“, räumt Rieger ein. Man verlange auch kein Mitleid. Vielmehr wurde das Geld vor allem in Bauplätze investiert. Um weiterhin motiviert bauen zu können, müssten aber auch die Rahmenbedingungen wieder stimmen, richtete er einen deutlichen Appell an die Politiker in Bund und Land
Neben den allgemeinen politischen Rahmenbedingungen beschäftigt die Immobilienwirtschaft derzeit die Situation auf den Kapitalmärkten. Durch die Entwicklung bei den Hypothekenzinsen sind praktisch von heute auf morgen jene Käufer weggefallen, die bislang darauf gesetzt haben, dass die eigene Wohnung billiger sei als zur Miete zu wohnen. Doch auch jene Kapitalanleger, die bislang mangels Alternativen in Immobilien investiert haben, haben mittlerweile eine Kehrtwende vollzogen, so die Erfahrung von Robin Frank, die er in den zurückliegenden Monaten gemacht habe.

Bärbel Bahr-Falkenberg spricht sich dafür aus, gerade der jungen Generation Mut zu machen, in eine Immobilie zu investieren. „Es hat sich nie gelohnt zu warten. Die Entscheidung für Wohneigentum war schon immer die Richtige“. Das sieht auch Michael Rieger so. Die Branche müsse die derzeitigen Herausforderungen annehmen und in den Dialog mit ihren Kunden treten. Das Geschäft sei wieder beratungsintensiver, allerdings bietet jede Krise eine Chance, so der Immobilienexperte.

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Politik muss gegensteuern
Die Teilnehmer sind sich am Ende einig, dass die Regierung gegensteuern müsse. Vor allem müssten sich die Politiker überlegen, was sie eigentlich wollen. Die Schaffung von bundesweit 400 000 Wohnungen sei in Anbetracht von Habecks Änderungsgesetz zur Gebäudeenergie ein Witz, formuliert Bärbel Bahr und plädiert für einen höheren Schuldzinsabzug oder eine höhere AfA. Michael Rieger merkt noch an, dass Einsparungen am Bau nicht wirklich preisentscheidend seien und Robin Frank prophezeit keine fallenden Preise aber die Bedeutung der Lage. In einem Punkt waren sich aber alle einig: „Wir werden weiter bauen“. Das nächste Immobilienforum Stuttgart im Herbst dürfte erneut spannend werden.