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Wirtschaftsbau sieht in ungewisse Zukunft

Stuttgart. Während die baden-württembergische Bauwirtschaft dank eines guten Auftragspolsters und der hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt bislang recht gut durch die Corona-Krise gekommen ist, lassen die deutlich zurück gegangenen Aufträge im Wirtschaftsbau die Branche mit gemischten Gefühlen in die Zukunft blicken.

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Gemessen am Gesamtumsatz der Branche beträgt der Anteil des Wirtschaftsbaus (Hoch- und Tiefbau) in Baden-Württemberg rund 44 Prozent (bundesweit 42 Prozent). Das entspricht, bezogen auf Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten, einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2020 (nur Hochbau). Den größten Anteil mit jeweils um die 20 Prozent haben dabei Büro- und Verwaltungsgebäude, Handels- und Lagergebäude sowie Fabrik- und Werkstattgebäude. Während der Umsatz in diesem Segment gegenüber dem Vorjahr leicht um 0,8 Prozent zulegte, sank der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 22,9 Prozent.

Wie sich der Rückgang bei den Aufträgen auf die Betriebe letztendlich auswirken wird, ist von vielen Faktoren abhängig.

Das Familienunternehmen Wolff & Müller sei bislang gut durch die Krise gekommen. "Wir sind mit einer guten Auftragslage ins Jahr gestartet, doch durch die Pandemie zeichnet sich auch in unserer Branche ein spürbarer Nachfragerückgang ab. Unsere bisherige Bilanz für das Jahr 2020 fällt wegen Corona und der allgemeinen Wirtschaftskonjunktur schlechter aus als im Vorjahr." Der Auftragsrückgang liege aber deutlich unter den genannten 25,2 Prozent des Verbandes", sagt Dr. Albert Dürr. Das Unternehmen baut darauf, dass die Konjunkturpakete der Bundesregierung zeitnah wirken und Vergabeentscheidungen beschleunigt werden. "Weniger Bürokratie bei Vergaben ist mindestens genauso wichtig wie Budgets, die die Konjunktur stimulieren", so der Geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens weiter.

Auch bei der Ed. Züblin AG sorgt nach wie vor ein hoher Auftragsbestand im deutschen Hoch- und Ingenieurgeschäft weiter für eine gute Auslastung, bestätigt das Unternehmen auf Anfrage. Insgesamt betrachtet sei der Züblin-Auftragseingang bezogen auf den deutschen Hoch- und Ingenieurbau 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur leicht (cirka minus 2 Prozent) zurückgegangen. Bei Wohnungsbauten und innerstädtischen Quartiersprojekten
 sowie bei Projekten der öffentlichen Hand (zum Beispiel Schulen) sieht das Unternehmen derzeit noch keine Eintrübungen der Auftragslage. Allerdings spüre Züblin vor allem bei Hotelneubauten, aber auch bei Büroimmobilien, eine gewisse Zurückhaltung seitens der Projektentwickler.

Bei Drees & Sommer SE liege die Umsatzentwicklung für 2020 bislang in etwa auf dem Niveau der Vorjahre und zeige sich insgesamt stabil, kommentiert Steffen Szeidl. "Wir haben auf die coronabedingt geänderten Anforderungen unserer Kunden schnell reagiert und Umsatzrückgänge insgesamt kompensieren können", so der Vorstand des auf den Bau- und Immobiliensektor spezialisierten Beratungsunternehmens. Vor allem galt es in den letzten Monaten sich auf die neue Situation – work from everywhere – einzustellen, darüber hinaus auf den geänderten Beratungsbedarf bei den Kunden zu reagieren und auf die teils zurückgehaltenen Honorarzahlungen oder das Ausbleiben ausländischer Fachkräfte bei Bauprojekten zu meistern.

Viele Unternehmen aus dem Industriebereich befänden sich zudem derzeit in einer Orientierungsphase. Hier bleibe abzuwarten, wie sich der Beratungsbedarf langfristig verändern werde und ob Bauvorhaben dauerhaft zurückgestellt werden, schätzt Steffen Szeidl die aktuelle Lage ein. Institutionelle Investoren unterlägen nach wie vor einem hohen Anlagedruck. In den Märkten sei zudem viel Liquidität und entsprechende Anlageobjekte seien noch immer rar. Deshalb sehe man nur wenig coronabedingte Veränderungen im zugehörigen Planungs- und Beratungsgeschäft, so Drees & Sommer SE.

Ein differenziertes Bild zeichnen auch die mit Wirtschaftsimmobilien befassten Gewerbemakler. So stellt Georg Charlier, Regional Manager Stuttgart bei Jones Lang LaSalle SE fest, dass die Flächenumsätze bei den Büroimmobilien in den zurückliegenden Quartalen deutlich zurück gegangen seien. Während im zweiten Quartal des Jahres noch rund 46.000 Quadratmeter an Büroflächen in Stuttgart vermietet wurden, wird der Umsatz im dritten Quartal nur noch zwischen 15.000 und 20.000 Quadratmetern liegen. Corona wirke auf den Büromarkt wie eine Bremsspur. "Die Unternehmen sind langsamer geworden", stellt Georg Chalier fest und meint damit, dass es deutlich länger dauere, bis eine Entscheidung gefällt werde.

Frank Leukhardt, Geschäftsführer von Colliers International in Stuttgart, geht derweil davon aus, dass auch seine Branche im gewerblichen Bereich in diesem Jahr signifikante Umsatzrückgänge verzeichnen werde. "Die Corona-Krise hat im Grunde genommen den Immobilienbereich entzweit", kommentiert der Experte die aktuelle Marktentwicklung. Während im gewerblichen Bereich bedingt durch den nochmals angestiegenen Online-Handel wohl nur der Logistikmarkt mit einem blauen Auge davonkommen werde, blieb die Nachfrage nach Wohnimmobilien ungebrochen hoch.

Trotzdem verzeichnet E & G Real Estate nach wie vor ein weiterhin hohes Preisniveau bei den Gewerbeimmobilien. Allerdings will Markus Knab, Partner und Leiter Industrie- und Logistikimmobilien nicht ausschließen, dass durch die Pandemie sich mittelfristig die Preise noch in beide Richtungen entwickeln könnten, etwa durch positive Nachholeffekte oder eine negative Wirtschaftsentwicklung.