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Immobilien regional

Zweitmarkt für Büroimmobilien?


Markt. Weil Büroflächen in der Landeshauptstadt knapp sind, mieten Unternehmen auch schon mal mehr Fläche an, als sie aktuell brauchen. In der Immobilienbranche wird das unterschiedlich bewertet.

„Wir empfehlen unseren Kunden, gleich mehr Bürofläche anzumieten, als sie aktuell brauchen. Voraussetzung: Sie sind mittelfristig auf Expansionskurs und Flächen generell schwer zu bekommen“, sagt Sebastian Treier, Team Leader Office Leasing bei JLL in Stuttgart. In Anbetracht der leer gefegten Büroflächen in der Landeshauptstadt und Vorvermietungsquoten von nahezu 90 Prozent für Objekte, die erst in einigen Jahren fertig werden, hält der Berater diese Vorgehensweise in der aktuellen Situation auch für sinnvoll.


Im Video erklärt Sebastian Treier von JLL die Leerstandsquote und ihre Bedeutung für die Bürovermietung.

Die überschüssigen Flächen bleiben dabei allerdings nicht leer, sondern werden von den Firmen in aller Regel für drei bis fünf Jahre untervermietet. Werden ganze Bürokomplexe angemietet, werde in der Regel sogar stockweise mit unterschiedlichen Mietdauern untervermietet. So habe der Hauptmieter die Chance, je nach Bedarf ohne Zeitdruck auf zusätzliche Büroflächen zuzugreifen. Das ist für alle Seiten, die Vermieter, die Mieter und die Makler, ein gutes Geschäft.
Der Vermieter kann am Stück eine große Fläche vermieten und hat nur einen Ansprechpartner, die Unternehmen profitieren von dem Flächenpuffer und die Makler von den freien Flächen, die in der Regel auch nur von ihnen vermarktet werden, da diese Flächen in der Regel nicht öffentlich sind, weil sie in keinem Internetportal auftauchen. „Dadurch bekommt der Maklerberuf eine ganz neue Bedeutung, weil es die Kenntnis des Marktes und seiner Akteure in viel stärkerem Maß erfordert“, freut sich Sebastian Treier.

Ines Aufrecht, die Wirtschaftsförderin der Landeshauptstadt, bestätigt den Zweitmarkt für Büroflächen in Stuttgart. Häufig seien dies Eigennutzer, die bereits im Vorgriff auf künftige Entwicklungen des Unternehmens eine größere Gewerbeimmobilie erwerben oder bebauen und bis zur eigenen Beanspruchung der Reserveflächen diese an andere Marktteilnehmer vermieteten.

„Diese Praxis kommt uns sehr entgegen, weil damit erreicht werden kann, dass die Grundstücke in Stuttgart optimal verwertet werden. Die Alternative wäre ja, dass das Unternehmen nur für seinen augenblicklichen Bedarf – also unter der bebauungsplanmäßig möglichen Ausnutzung – baut und dann bei einem Wachsen des Unternehmens entweder aufwendig nachverdichten oder den Standort wechseln muss“, so die Wirtschaftsförderin.

Durch diese Praxis könne gegebenenfalls verhindert werden, dass ein Unternehmen mangels exakt passender Flächen Stuttgart verlassen muss, sondern stattdessen bei den Standortüberlegungen auch aktuell zu große Immobilien in Betracht ziehen kann. Kleineren Unternehmen biete diese Praxis zudem die Chance, in Immobilien aufgenommen zu werden, die für sich allein vom Unternehmen nicht in Betracht gezogen werden können.

Durch die Ansiedlung zusammen mit einem größeren Unternehmen etwa aus der gleichen Branche könnten auch Synergieeffekte erzielt werden. „Angesichts des überschaubaren Flächenangebots in Stuttgart sind wir für diese Modelle dankbar und offen“, sagt Ines Aufrecht.

Diese Ansicht teilt auch Ulrich Nestel, Leiter Büro- und Einzelhandelsvermietung und Partner bei E & G Real Estate. Allerdings kämen derartige Untervermietungen in Stuttgart nicht oft vor. Auch führt er an: „Das System funktioniert nur dann, wenn der Untermieter hundertprozentig hereinpasst.“ Oft scheiterten derartige Konzepte aber schon daran, dass die Laufzeiten für die Mietverträge viel zu kurz seien, um die hohen Umzugs- oder möglichen Umbaukosten aufzufangen. Auch für die vermietenden Unternehmen seien derartige Konzepte nicht ohne Risiko. „Wenn der Untermieter nicht den vollen Mietzins zahlen will, bleibt das Unternehmen auf den Mehrkosten sitzen“, so der Makler.

Auch Frank Leukhardt, Geschäftsführer und Regionalmanager bei Colliers International Stuttgart, sieht hier keinen echten Trend zum Zweitmarkt für Büroimmobilien. „Die Unternehmen in Stuttgart bunkern keine Flächen ,im großen Stil‘, auch wenn wir zuletzt vereinzelt Nutzer gesehen haben, die Teilflächen untervermieten. Was wir allerdings erkennen, ist, dass vereinzelt Unternehmen, um an eine Fläche heranzukommen, diese anmieten, auch wenn sie vielleicht noch zu groß ist und sie kurzfristig untervermieten. Unternehmen, die sich flexibel Expansionspotenziale sichern wollen, nutzen hierfür zunehmend den Coworking-Bereich.

Juristisch verhält es sich mit der Untervermietung von Büroflächen ähnlich wie bei privaten Mietverträgen. Der Vermieter muss sein Einverständnis erklären. Das kann er aber bei einem Gewerbemietvertrag nur aus zwingenden Gründen verweigern. Professor Hanspeter Gondring, Leiter der Studienrichtung BWL-Immobilienwirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart, will diesen Trend ebenfalls so nicht bestätigen, außer dass der Leerstand und die Flächenreserven in Stuttgart sehr gering seien. „Was zu spüren ist, ist, dass die Preise für Büros anziehen; im Durchschnitt liegt der Preis bei rund 16 Euro pro Quadratmeter und in der Spitze bei fast 25 Euro pro Quadratmeter, so der Wissenschaftler. Diese Preisentwicklung hat aus Sicht von Sebastian Treier auch zu dem Phänomen geführt, dass das Land vereinzelt für den Eigenbedarf Gebäude aufkaufe, um sich so gegen künftig steigende Mieten abzusichern. Ein Grund dafür dürfte auch darin liegen, dass einige der vom Land angemieteten Flächen noch auf Altmietverträgen beruhen. Selbst wenn das Land eine Verlängerungsoption für diese Altverträge hat, könnte es sich aufgrund der angespannten Situation auf dem Bürovermietungsmarkt der Landeshauptstadt sicher künftig das eine oder andere Objekt in der City dann vielleicht nicht mehr leisten, vermutet der Makler.