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Quadratur des Kreises


Wohnbaupolitik. Wie kann möglichst schnell preiswerter Wohnraum im Land geschaffen werden, ohne dass dabei die Qualität des Wohnungsbaus auf der Strecke bleibt?


„Die Not wird immer größer. Viele Menschen im Land finden keine bezahlbaren Wohnungen mehr“, sagt Nicole Hoffmeister-Kraut. Wenn Baden-Württembergs Wohnungsbauministerin wie jetzt beim sommerlichen Empfang der Architektenkammer Baden-Württemberg auf das Thema preisgünstiger Wohnungsraum in den Ballungsräumen des Landes zu sprechen kommt, blickt sie ernst drein. Denn trotz der von ihr kurz nach ihrem Amtsantritt ins Leben gerufenen Wohnraum-Allianz will das Thema nicht so recht an Fahrt gewinnen.



Zwar betont die Wirtschaftsministerin gerne, dass der Arbeitskreis schon viel bewegt habe. So ist im April dieses Jahres das Förderprogramm „Wohnungsbau BW 2017“ mit einem Volumen von 250 Millionen Euro in Kraft getreten. Mit der Änderung des sogenannten Plausibilitätshinweises sei es außerdem gelungen, den Gemeinden den Nachweis für den Bedarf an dringend benötigten Wohnbauflächen zu erleichtern. „Wir haben damit wichtige Akzente im Bereich der Finanzierung und der dringend benötigten Flächengewinnung gesetzt“, sagt sie.

Ein ebenso wichtiger Baustein auf der Agenda der Wirtschaftsministerium wäre aber nach Ansicht vieler Wohnbauexperten im Land eine Entschärfung der Landesbauordnung. So hatten sich die Experten der zuständigen Arbeitsgruppe innerhalb der Wohnraum-Allianz für eine Streichung oder zumindest Aussetzung derjenigen Vorschriften ausgesprochen, die das Bauen nicht nur hinauszögerten, sondern auch deutlich teurer machten. Doch hier macht der grüne Koalitionspartner offenbar nicht mit. Weder bei den Regelungen zu Umfang und Qualität der Fahrradstellplätze noch bei den Regelungen zum Waldabstandsgebot oder zur Dach- und Fassadenbegrünung gibt es Bewegung.

Ob dieses Dilemmas versucht die Wirtschaftsministerin gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sagt: „Darüber werden wir uns mit dem Koalitionspartner kritisch und seriös auseinandersetzen. Ich bin überzeugt, dass wir zu einer gemeinsam getragenen Lösung kommen werden, die den Wohnungsbau im Land weiter voranbringt.“

Für Markus Müller, den Präsidenten der Architektenkammer Baden-Württemberg, kann das „große Ziel“, ausreichend Wohnraum im Land zu schaffen, nur gemeinsam erreicht werden. „Das Thema ist viel zu wichtig, um in der sonst üblichen Frontstellung und Parteientaktik zerrieben zu werden“, mahnte er die Politiker. Gleichzeitig erteilte er aber Forderungen nach einer Aufweichung der aktuellen Landesbauordnung eine Absage. Baden-Württemberg habe ein Wohnungsproblem, weil es buchstäblich eine der innovativsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen der Welt sei.

Deshalb dürfe sich der Wohnungsbau im Land nicht an Mindeststandards orientieren. Die Anforderungen seien sehr komplex. So gelte es hinsichtlich des demografischen Wandels, der steigenden Mieten und des zunehmenden Trends zum Einzelhaushalt passende Lösungsvorschläge zu erarbeiten. „Der Wohnungsbau muss gleichzeitig qualitätsvoll, bezahlbar, in ausreichender Zahl am richtigen Ort und klimaschonend sein“, erläutert Markus Müller die Position der Architektenkammer. Nicole Hoffmeister-Kraut hingegen will weiter auf eine Entschlackung der Landesbauordnung dringen. Auch wenn dazu noch „viel“ Überzeugungsarbeit notwendig sei, wie sie offen einräumte. Es gebe immer noch zahlreiche bürokratische Hemmnisse, die das Erstellen von preisgünstigem Wohnraum erschwerten. „Auch über den Natur- und Artenschutz müssen wir diskutieren, um zu einer Beschleunigung der Verfahren zu kommen“, so die Ministerin beim diesjährigen sommerlichen Empfang der Architektenkammer in Stuttgart.

Nicole Hoffmeister-Kraut ist längst von ihrer Maximalforderung abgekommen. Zu groß sind offenbar die Widerstände in den grün geführten Ministerien, die einmal gewonnenen Pfründe wieder herzugeben, auch wenn dadurch schneller preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden könnte. Aber auch seitens der Architektenschaft gibt es Vorbehalte gegen eine allzu rüde Abkehr von der bestehenden Landesbauordnung. Da will dann auch eine Ministerin für Wohnungsbau in den ohnedies schon schwierigen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen und erklärt schon mal vorsorglich, dass trotz allem dringenden Handlungsbedarf die Qualität des Wohnungsbaus nicht auf der Strecke bleiben dürfe.