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Der Stachel im Fleisch


Lobby. Wenn es um das Thema Wohnen geht, sieht sich Haus & Grund Stuttgart mit seinen 21000 Mitgliedern als fachlich kritische Stimme. Zur Mitgliederversammlung werden über 1000 Gäste erwartet.
„Wir sind der Stachel im Fleisch.“ Vereinsvorsitzender Dr. Klaus Lang macht keinen Hehl daraus, dass er mit der bisherigen wohnungspolitischen Bilanz des Stuttgarter Oberbürgermeisters unzufrieden ist: „Bei ihm klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Erhebungen belegen, dass die Zielvorgabe von OB Kuhn, jährlich 1800 neue Wohnungen zu bauen, bei Weitem nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Allein 2016 hat die Einwohnerzahl um 7000 Menschen zugenommen.“ Haus & Grund kritisiert dabei, dass der OB mit dem Bündnis für Wohnen auf den Zug zwar aufgesprungen sei, bis heute aber nicht der Lokomotivführer sei. Sprich: Der OB bewegt nichts.



Vereine wie Haus & Grund melden Jahr für Jahr steigende Mitgliederzahlen. Im Video erläutert Ulrich Wecker von Haus & Grund, warum das so ist.

Das Verhältnis von Haus & Grund zum Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn ist ohnedies seit dessen „überstürzter und nicht abgesprochener Einführung“ des Zweckentfremdungsverbots vor zwei Jahren angespannt und führte dazu, dass die Interessenvertretung der Haus- und Grundeigentümer sogar dem städtischen Bündnis für Wohnen den Rücken kehrte.

Diese konsequente Haltung hat dem Verein offenbar keineswegs geschadet. Noch nie wurden so viele Mitgliederanträge ausgefüllt. Allein im letzten Jahr stieg die Mitgliederzahl im Saldo um 509 – die größte Zunahme in der Vereinsgeschichte seit 115 Jahren.

Der auf 21
000 Mitglieder angewachsene Stuttgarter Verein repräsentiert etwa 100000 Wohnungen in der Region. „Unsere Mitglieder sind die eigentlichen Problemlöser auf dem Wohnungsmarkt“, bricht Geschäftsführer Ulrich Wecker eine Lanze für die privaten Eigentümer. „Alle ächzen und würden liebend gerne bauen, nur der Oberbürgermeister und sein Baubürgermeister verdrängen die Realität, verweigern gar die fachliche Diskussion. Sie halten an der Innenentwicklung sklavisch fest, statt die Lösung in der Region zu suchen und die behutsame Entwicklung neuer Baugebiete in den äußeren Stadtbezirken anzugehen.“

Ulrich Wecker empfindet es als durchaus schmeichelhaft, wenn Haus & Grund von manchen als „außerparlamentarische Opposition“ betitelt wird. „Wir sind die kritische Stimme, die im Gemeinderat häufig fehlt.“ Und er gibt sich betont selbst­bewusst: „An den Stuttgarter Hauseigen­tümern kommt niemand vorbei, wenn es um das Wohnen geht. Schließlich sind 77 Prozent aller Wohnungen in privater Hand.“

Von Innenminister Thomas Strobl, der heute bei der Mitgliederversammlung in der Stuttgarter Liederhalle vor den Haus- und Grundeigentümern über „Wohnungseinbrüche – was tut die Politik zur Verbesserung der Inneren Sicherheit?“ referieren wird, wünschen sich die Mitglieder vor allem mehr Präsenz der Polizei in den Wohn­gebieten. Gerade unter den älteren Menschen sei eine gewisse Verunsicherung festzustellen, wenn es um das Thema geht. Das spürt der Verein vor allem an dem zunehmenden Beratungsbedarf. Und die Statistik bestätigt das: 54 Prozent aller Haushalte und 72 Prozent aller Hauseigentümer in Stuttgart investierten in den letzten Jahren in Sicherheitstechnik.

Die jüngste Einbruchstatistik zeige, dass es sich lohnt, in den Einbruchschutz zu investieren: „Seit unsere Hauseigentümer aufrüsten, sind die erfolgreichen Wohnungseinbrüche in der Landeshauptstadt zurückgegangen“, so Wecker. Fast jeder zweite Einbruchsversuch scheitere mittlerweile. Der Verein bietet in Kooperation mit der Polizei Seminare für Hausbesitzer an.

Klaus Lang und Ulrich Wecker geht es aber auch um die subjektive Sicherheit. Die Schließung zahlreicher Polizeidienststellen in den Stadtbezirken durch die vormalige Landesregierung fördere nicht gerade das Sicherheitsgefühl, sagen sie in Richtung Landespolitik. Doch statt nur mit Pappschildern die Bürger zu mehr Aufmerksamkeit anzuhalten, sei es hilfreicher, wieder verstärkt Streife in den Wohngebieten mit leibhaftigen Polizisten zu laufen.

„Das hebt nicht nur das Sicherheits­gefühl, sondern wirkt zudem abschreckend“, betont Klaus Lang. Das gelte auch deswegen, da mit der im Jahr 2012 umgesetzten Polizeireform die Zahl der Reviere im Stadtgebiet erheblich ausgedünnt wurde. Insoweit übt Lang auch an der Stadtverwaltung Kritik: „Die Stadt hat für Leerstandsschnüffler, Feinstaubsheriffs, die Kaminöfen überwachen, und Dieselpolizisten offenbar genug Mittel. Deshalb wäre es nur recht und billig, wenn sich die Verwaltung auch für eine bessere Personalausstattung bei der Polizei starkmacht oder wie Freiburg den Streifendienst durch eigenes Personal aufbessert.“

Neben der Lobbyarbeit sieht sich Haus & Grund als „One Stop Shop“, in dem alles aus einer Hand angeboten wird. Die Mitglieder kämen mit immer vielfältigeren Fragestellungen, die längst über die allgemeine Rechtsberatung hinausgingen. Hier wird teilweise mit anderen Organisationen kooperiert. Wie neuerdings mit dem DRK beim Thema „Wohnen im Alter“ oder dem Verband der Garten- und Landschaftsbauer bei Fragen zur Gartengestaltung. Allein im zurückliegenden Jahr fanden in der Haus-&-Grund-Geschäftsstelle in der Gerokstraße in Stuttgart über 8000 kostenlose Beratungsgespräche statt. Tendenz steigend.