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Unsicherheit bei HOAI

Stuttgart. Spätestens Anfang nächsten Jahres soll nach dem Willen der Bundesregierung die neue Honorarordnung für Architekten und Ingenieure auf den Weg gebracht sein. Doch bis dahin herrscht weiterhin Rechtsunsicherheit, wie mit den bestehenden Verträgen verfahren werden soll.

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Vier Jahrzehnte lang war die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz HOAI, das Maß aller Dinge. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im vergangenen Jahr entschieden, dass die in der HOAI festgeschriebenen Mindest- und Höchstsätze, die Architekten und Ingenieure für ihre Leistungen abrechnen können, nicht länger verbindlich gelten dürfen, weil sie gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstoßen.

„Die Rettungsweste fällt künftig weg. Architekt und Bauherr müssen jetzt über das Thema Honorierung anders sprechen als bislang“, kommentiert Eric Zimmermann, Justiziar der Architektenkammer Baden-Württemberg. Für ihn ist die EuGH-Entscheidung ein Paradigmenwechsel. „Bislang konnte der Architekt wie der Bauherr darauf vertrauen, dass es eine Honorarordnung mit verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen gibt, zwischen denen man sich bewegen musste.“ Nun kann der Bauherr zwar auf ein günstigeres Honorar pochen, der Architekt kann aber auch ein höheres Honorar als bislang einfordern. Das könnte künftig zu Diskussionen unter den Vertragspartnern führen.
Während die Bundesregierung derzeit an der Novellierung der HOAI arbeitet, wird unter Juristen noch heiß diskutiert, wie bis zur Neufassung der HOAI die Honorierung gehandhabt werden soll. Umstritten ist laut Zimmermann, ob die Entscheidung des EuGHs unmittelbare Anwendung findet.

Architektenkammer empfiehlt HOAI explizit zu vereinbaren

Diese Uneinigkeit löste im Mai dieses Jahres auch der Bundesgerichtshof nicht auf und verwies die Entscheidung zurück an den EuGH. Von dort ist mit einer Entscheidung frühestens in 12 bis 24 Monaten zu rechnen, schätzt Zimmermann. Und dann sollte die neue HOAI aber längst in Kraft sein. Die Architektenkammer Baden-Württemberg empfiehlt deshalb, Architektenverträge nur schriftlich zu schließen und die HOAI in der Fassung von 2013 explizit als Honorierungsgrundlage zu vereinbaren.

Viele Architekten und Ingenieure verstehen die Welt nicht mehr. Galt doch gerade die HOAI als Garant für Bausicherheit und Verbraucherschutz. Jetzt befürchtet manch ein Planer einen ruinösen Preiswettbewerb, bei dem die Qualität am Ende auf der Strecke bleiben könnte.
Im Finanzministerium Baden-Württemberg, zu dem auch Vermögen und Bau Baden-Württemberg gehört, wird die geplante Neuregelung begrüßt. Insbesondere der weitestgehende Wegfall von Formforderungen der HOAI 2013. Für eine wirksame Honorarvereinbarung reicht künftig nur noch die Textform aus. Auch muss die Honorarvereinbarung nicht mehr bei Auftragserteilung geschlossen werden, sondern kann zu jeder Zeit des Vertragsverhältnisses erfolgen. Diese Vorgaben erleichterten der Verwaltung die Ausschreibung und Beauftragung von HOAI-Leistungen im Rahmen der elektronischen Vergabeverfahren, heißt es weiter aus dem Finanzministerium.

Auch die im Landesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) organisierten Bauträger und Projektentwickler begrüßen im Grundsatz die vorgesehene Möglichkeit, rechtsverbindlich von Höchst- und Mindestsätzen nach HOAI abweichen zu können, sagt Verbandsgeschäftsführer Gerald Lipka.

Verband sieht Chance, rechtssicher reduzierte Honorare zu vereinbaren

Gerade bei regelmäßiger Zusammenarbeit von Bauträgern und Architekten in gleich oder ähnlich gelagerten Projekten ergebe sich künftig die Möglichkeit, auch zugunsten der Verbraucher reduzierte – dem Aufwand angemessene – Honorare mit den Architekten rechtssicher zu vereinbaren. Durch verbindliche Regelungen zur Vergütung würden gerichtliche Auseinandersetzungen nach Beendigung der Zusammenarbeit vermieden, so Lipka.

Der Verband der baden-württembergischen Wohnungs- und Immobilienunternehmen geht derzeit davon aus, dass der Wettbewerb zwar den Druck auf die Preise erhöhen dürfte, sich aber nach erster Einschätzung insgesamt keine großen Auswirkungen auf das Preisniveau in der Zusammenarbeit von Architekten und Ingenieuren mit den Mitgliedsunternehmen ergeben werden, da die HOAI weiterhin Orientierungsmaßstab für die Honorarsätze bei den Architekten- und Ingenieurleistungen bleiben soll.

Das verdienen Architekten

Nach einer Studie zu den durchschnittlichen Bruttoverdiensten verdient ein Architekt im Monat rund 3250 Euro brutto und liegt damit zwischen Psychologen (3870 Euro) und Sozialpädagogen (2784 Euro) im unteren Drittel der Einkommensskala. Das Durchschnittsgehalt eines Rechtsanwalts liegt danach bei 5416 Euro brutto.

Betrachte man zudem den Anteil der Architektenhonorare an den Baukosten, so seien diese nicht schuld daran, dass das Bauen immer teurer werde, sagt Eric Zimmermann. Damit relativiert sich für den Justiziar der Landesarchitektenkammer die Befürchtung, die EuGH-Entscheidung könnte dafür genutzt werden, über Dumpingpreise an Aufträge zu kommen. Andererseits sieht Zimmermann aber auch eine neue Kultur des Verhandelns auf Architekten und Bauherren zukommen.