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Unter der Erde herrscht das Chaos


Tiefbau. Um den Breitbandausbau und die E-Mobilität in der von der Politik gewünschten Geschwindigkeit im Land voranzubringen, fehlt es unter der Erde an einem Plan.

Eine ruhige Wohngegend irgendwo im Land. Mathias Waggershauser zeigt auf den frisch aufgebaggerten Graben mit einem Wirrwarr an Kabeln und Rohren. „Wir brauchen endlich einen Masterplan“, sagt der Vizepräsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Der Straßenbauer ärgert sich seit Jahren darüber, dass jedes Mal, wenn etwas Neues verlegt wird, die Straße erneut aufgerissen werden muss.


Im Video gibt es unter anderem einen kleinen Einblick, wie Breitbandkabel verlegt werden und wie es in einem Kabelgraben aussieht.

Bislang läuft das so: Im Vorfeld setzen sich Straßenbauunternehmen und Leitungsbetreiber – also Energieversorger und Telekommunikationsanbieter – an einen Tisch, um die Verlegung zu koordinieren.

So soll verhindert werden, dass die gleiche Straße mehrmals hintereinander aufgegraben werden muss, weil zum Beispiel ein Telefonkabel vergessen wurde oder die Stromleitung verstärkt werden muss, wenn plötzlich mehrere Anlieger eine Stromtankstelle in ihrer Garage haben wollen. Eigentlich eine feine Sache.
Nur funktioniert dies in der Praxis immer seltener, beklagt sich Mathias Waggershauser. Das Problem: Seit der Privatisierung der Telekommunikation ist oft gar nicht klar, wer in dem betroffenen Gebiet überhaupt das Glasfasernetz betreiben wird. Und selbst wenn es bekannt wäre, heißt das noch lange nicht, dass der Anbieter auch schon seine Planungen für den Straßenzug fertig hat.

So sei es durchaus die Regel, dass ganze Straßenzüge in kurzen Abständen erneut aufgebuddelt werden müssen, weil die Maßnahmen nicht koordiniert werden konnten, ist die Erfahrung von Mathias Waggershauser. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, sehe ich auch keine Chancen, dass die vom Land gesteckten zeitlichen Ziele für den Breitbandausbau in Baden-Württemberg so realisiert werden können.“

Das Gleiche gilt aus Sicht des Vizepräsidenten der Bauwirtschaft auch für die E-Mobilität. Je mehr Menschen ein Elektroauto haben, umso mehr Eigenheimbesitzer werden ihre Garage mit Stromtankstellen ausrüsten wollen. „Hier ist die Kapazität schon erreicht“, sagt Mathias Waggershauser und zeigt auf ein dunkles, etwa fünf Zentimeter dickes Stromkabel, dass der Bagger gerade zuschüttet. Wenn die Nachfrage nach Stromtankstellen weiter in dem Tempo voranschreitet, werde man wohl demnächst an gleicher Stelle wieder aufgraben müssen, so der Straßenbauer.

Damit das künftig vermieden wird, gibt es seit Januar dieses Jahres auf Initiative von Innenminister Thomas Strobl einen Arbeitskreis von Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag, Energieversorgern und unter anderem auch der Bauwirtschaft, der versuchen soll, den Ausbau der Leitungsnetze in Baden-Württemberg zu koordinieren. Die ersten beiden Sitzungen seien zwar vielversprechend gewesen, der Arbeitskreis stehe aber angesichts komplizierter Zuständigkeiten und Vorschriften vor einer Herkulesaufgabe, räumt Mathias Waggershauser ein.

Doch Probleme sind die Straßenbauer gewöhnt. „Wir wissen nie, worauf wir stoßen, wenn wir eine Straße aufbuddeln“, sagt Mathias Waggershauser. Fast täglich werden bei Straßenbauarbeiten Leitungen beschädigt. „Wenn der Bagger eine Gasleitung beschädigt, besteht Lebensgefahr“, so der Kirchheimer Straßenbauer. Doch das komme zum Glück äußerst selten vor. „Unsere Mitarbeiter sind auf das Thema sensibilisiert“. Aber selbst moderne Technik ist nicht immer hilfreich. „Mal funktionieren die elektrischen Leitungssucher und mal nicht“, ist die Erfahrung des Tiefbauers. Im schlimmsten Fall wird die Leitung zerstört. „So etwas kann in die Millionen gehen“, weiß Mathias Waggershauser. Dagegen ist man natürlich versichert. „Nur kleine Schäden werden zwangsläufig aus der eigenen Tasche bezahlt, weil der Selbstbehalt mittlerweile so hoch ist.“ Aus Sicht der Straßenbauer wären viele dieser „Störfälle“ vermeidbar, wenn es einen einheitlichen Plan gebe oder zumindest Richtlinien, wo welche Leitungen oder Kanäle verlaufen oder wie diese zu legen sind. Doch das wird wohl ein Wunsch bleiben.

Über fehlende Aufträge braucht sich die Branche derzeit nicht zu beklagen. So stiegen die Auftragseingänge der Bauunternehmen im Land mit 20 und mehr Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent (Tiefbau zwölf Prozent), so Markus Böll, Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Das wirkte sich auch positiv auf die Zahl der Beschäftigten aus, deren Zahl um 2,5 Prozent auf rund 106000 im Land stieg. Mit 14 Prozent Plus beim Umsatz konnten die Unternehmen der Bauwirtschaft gegenüber dem Vorjahr nochmals zulegen. „Wir sind derzeit die treibende Kraft in Baden-Württemberg“, freute sich dann auch Markus Böll bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz in Stuttgart.