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Immobilien regional

In der Region fehlen Industrieflächen

Logistik. Auf der Suche nach Logistikimmobilien- und Industrieflächen treten die Unternehmen in der Region Stuttgart immer öfter auf der Stelle. Die Makler können die hohe Nachfrage längst nicht bedienen.
Der Bedarf an Industrieflächen in der Region wird nach Ansicht von Dr. Walter Rogg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, in den nächsten Jahren nicht nur wegen der effizienteren Verteilung der Waren weiter zunehmen. Vor allem die OEMs (Original Equipment Manufacturer - gemeint sind die Autohersteller), hätten ihr Outsourcing-Potenzial längst noch nicht ausgeschöpft, so der oberste Wirtschaftsförderer der Region. Rogg fordert seit Jahren ein Umdenken in den Kommunen beim Thema Kontraktlogistik. Doch das brauche Geduld.

Die Zeit drängt aber. Die Konjunktur brummt, und Outsourcing ist derzeit in der Industrie sehr angesagt. Schon allein das dürfte dazu führen, dass die Nachfrage nach Flächen im Umfeld der großen Autohersteller ansteigen wird. Nicht vergessen werden darf dabei aber nach Einschätzung von Markus Knab, Leiter Industrie- und Logistik­immobilien beim Bankhaus Ellwanger & Geiger, dass auch die etablierten Zulieferer wie die Industrie in den nächsten Jahren zusätzlichen Flächenbedarf anmelden werden.

Das liegt vor allem daran, dass nach Schätzungen der Branche gut und gern 50 Prozent der bestehenden Produktionsstandorte in die Jahre gekommen sind und für die neuen Produktionsprozesse aufgrund baulicher Einschränkungen nicht infrage kommen. Hinzu kommt: heute entscheidet in vielen Fällen der OEM, wie eine Produktionshalle auszusehen hat. Dieser Flächenbedarf kann in der Region derzeit gerade noch so bedient werden. 'Wir haben in diesem Bereich schon heute einen Nachfrageüberhang. Und da sind die neuen Umschlagplätze für die KEP-Logistik (Kurier-, Express- und Paketdienste) noch gar nicht einmal berücksichtigt', weiß Knab. Das sieht Oliver Stenzel, Geschäftsführer der Reallogis Immobilien Stuttgart, ähnlich: 'Das fehlende Angebot an geeigneten Flächen kann auch die Belebung des Marktes gefährden.'

Wie schwer die Suche nach geeigneten Flächen in der Region ist, zeigt sich seit Jahren am geplanten Güterverkehrszentrum Kornwestheim (auf Eis gelegt) und am gescheiterten Gewerbeschwerpunkt Pleidelsheim/Murr. Derzeit schaut die Branche auf Kommunen wie Großbottwar, Ingersheim, Schwieberdingen, Korntal-Münchingen und Bietigheim-Bissingen. Dort könnten aus Sicht vom Verband Region Stuttgart frühestens in drei bis fünf Jahren neue Gewerbeschwerpunkte entstehen, sofern die Kommunen zustimmen. Doch das ist längst noch nicht sicher.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass die Konkurrenz zwischen Industrie- und Logistikansiedlungen immer größer wird, so das Logistik-Netzwerk Baden-Württemberg. Markus Knab hat zudem die Beobachtung gemacht, dass vor allem die KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste) zunehmend aggressiver bei der Eroberung einzelner Standorte vorgeht. Er hat dafür auch eine einfache Erklärung: um die vorgegebenen Lieferzeitenvorgaben der großen E-Commerce-Anbieter einzuhalten, müssen diese Unternehmen mittlerweile immer engmaschigere Verteilnetze bilden. 'Der Konkurrenzkampf unter den KEP-Unternehmen ist gewaltig', ist seine Erfahrung. Wer in dem System bestehen will, müsse heute teilweise innerhalb von vier Stunden nach Bestelleingang deutschlandweit liefern können. So etwas gehe natürlich nur, wenn die Umschlagplätze möglichst nah am Kunden dran sind. 'Mit einem Hub (Hauptumschlagsbasis) allein, der irgendwo steht, ist so etwas längst nicht mehr zu machen', so der Gewerbeimmobilien-Experte.

So komfortabel die immer schnellere und effiziente Verteilung der Waren für den einzelnen Verbraucher auch sein mag, neben der Verkehrsbelastung steigt vor allem auch der Flächenbedarf. Mindestens 10 000 Quadratmeter unbebaute Fläche benötigen sogenannte Cross Docking Center. Das sind Hallen, in denen die Paletten angeliefert, umgepackt und wieder weitertransportiert werden. Nur 20 Prozent der für diese Aufgabe benötigten Fläche werden dabei tatsächlich bebaut. Der Rest der Fläche dient den Lkw-Bewegungen und dem Abstellen der Wechselbrücken. Zum Vergleich: Kontraktlogistiker überbauen in der Regel etwa 50 Prozent, Industrieunternehmen mit Verwaltung etwa 80 Prozent der Fläche.

Für die Bürgermeister in der Region sind derartige Schilderungen das reinste Horrorszenario und immer wieder der Beweis dafür, warum sie mit voller Überzeugung Logistikansiedlungen auf ihrer Gemarkung ablehnen. Gewerbemakler wie Markus Knab können diese Gedanken durchaus nachvollziehen und haben auch Verständnis für die Ängste in den Städten und Gemeinden, in denen Logistikansiedlungen geplant sind. Er hält es aber für kontraproduktiv, wenn Kommunen grundsätzlich Logistik­ansiedlungen verteufeln. 'Es gibt auch eine Mehrwertlogistik', bemüht sich der Experte seit Jahren um Verständnis bei den Kommunen in der Region.

Gemeint sind jene Unternehmen, die zum Beispiel im Auftrag eines Autoherstellers (OEM) Armaturen zusammenbauen oder Vormontagen und Reparaturservices erledigen. Längst ist es gang und gäbe, dass große Unternehmen Teile ihrer Produktion outsourcen, wie neudeutsch die Auslagerung von Arbeitsplätzen genannt wird. Viele dieser Kontraktlogistiker schafften mehr Arbeitsplätze als die Industrie, gerade im Bereich der Geringqualifizierten. Das sollte keine Kommune unterschätzen, so Knab.

Die restriktive Haltung der Kommunen in der Region bei der Neuausweisung geeigneter Grundstücke wird allerdings von den auf Industrieobjekte spezialisierten Gewerbemaklern unterschiedlich bewertet.

Je nach Veröffentlichungsstichtag der Research-Ergebnisse schwanken die Zahlen. So kommt Reallogis Immobilien Stuttgart auf ein Gesamtvermietungsergebnis bei den Logistikimmobilien im zurückliegenden Jahr von 125 000 Quadratmeter. Jones Lang LaSalle meldet 177 000 Quadratmeter und Ellwanger & Geiger aktuell 215 000 Quadratmeter.



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