Aspen RapidWeaver 8 Blog Style
<i>Immobilien</i> <i></i> <i>regional</i>

Immobilien regional

Freude und knirschende Zähne


Marktforschung. Licht und Schatten liegen auch beim fünften Shoppingcenter Performance Report eng beieinander. Vor allem die großflächigen Einkaufscenter und 'gelernten' Lagen in der Region profitieren.

Je größer und älter, umso erfolgreicher. So könnten die diesjährigen Ergebnisse des Shoppingcenter Performance Reports SCPR zusammengefasst werden. Vor allem die Dinosaurier der deutschen Shopping-Center-Landschaft behaupten sich nach wie vor außerordentlich gut.



Zwei Dinge fallen in dem 150 Seiten starken Werk gleich ins Auge. Unter den zehn besten der bundesweit 400 bewerteten Einkaufszentren sind allein fünf aus Baden-Württemberg, drei kommen sogar aus der Region Stuttgart. An der Spitze steht erstmals das Einkaufszentrum Breuningerland Sindelfingen, zwei Plätze weiter gefolgt vom Breuningerland in Ludwigsburg (Platz 3), dem Lago Shopping Center in Konstanz (Platz 4, bisher auf Platz 1) und der Wilhelmsgalerie in Ludwigsburg (Platz 5).

Zum anderen überraschte vor allem die Aussage der befragten Mieter, dass sich der Umsatz bei den Unternehmen, die eine Filiale im Shopping-Center und in einer normalen Ladenstraße haben, in den zurück­liegenden Jahren fast gleich entwickelt hat. Bislang ging man davon aus, dass die Umsätze sich zu Gunsten der Einkaufscenter verlagerten.

Bei dem SCPR handelt es sich um die einzige Marktstudie, die ein Einkaufszen­trum aus der Sicht der Mieter beurteilt. Im Mittelpunkt der Befragung steht nicht der Umsatz, sondern das Verhältnis zwischen Umsatz und Kosten, erklärt Joachim Will, der seit dem Jahr 2011 für das Wiesbadener Beratungsunternehmen Ecostra den Report erstellt. Für das Branchenmagazin 'Textilwirtschaft' ist das Ergebnis ein Indiz dafür, dass die im zurückliegenden Herbst neu in Stuttgart entstandenen Einkaufszentren Milaneo und Gerber die Shopping-Center in den Städten im Umland wie Sindelfingen und Ludwigsburg nicht unter Druck gesetzt haben. Serge Micarelli, Centermanager des Breuningerland Sindelfingen, führt dies auch auf die hohe Kaufkraft der Region zurück. Aber: 'Wir tun auch viel für unsere Mieter.' Über die gute Platzierung der beiden Breuningerländer freut sich vor allem Bernd Schade. Vor allem auch deshalb, 'weil es mit dem Milaneo und dem Gerber seit einem Jahr einen verschärften Wettbewerb gibt', äußerte der Bereichsleiter Real Estate gegenüber der 'Immobilien-Zeitung'. Allerdings wurden im aktuellen Report die Neuzugänge noch nicht bewertet.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Einhandelsgeschäfte in großen Shopping-Centern haben ein besseres Verhältnis von Umsatz zu Kosten als kleinere. Das zeigen auch die Bewertungen des Stern-Center in Sindelfingen (Platz 221) und des City Center in Böblingen (Platz 247) im aktuellen Report. 'Mit abnehmender Centerfläche verschlechtert sich offenbar die Performance zusehends. Die Flächengröße ist offenbar ein wesentlicher Erfolgsfaktor, wenn auch nicht der einzige', merkt Joachim Will an. Dass ausgerechnet das Breuningerland in Sindelfingen den langjährigen Spitzenreiter, das Lago Shopping Center in Konstanz, vom Thron stieß, wundert den Marktforscher überhaupt nicht. 'Schauen Sie mal an, was da jeden Tag los ist.' Und das liege nicht nur am einzigen Apple-Store in ganz Baden-Württemberg. 'Das Breuningerland schafft es, die Frequenz über alle drei Verkaufs­ebenen aufrechtzuerhalten.' Das sei in der heutigen Shopping-Landschaft eine enorme Herausforderung. Wenngleich Marken wie Apple schon eine enorme Anziehungskraft hätten. 'Ähnliches schafft derzeit in der Region nur noch das Milaneo', ergänzt Will.

Dass der neue Konsumtempel ob seiner Größe aber im nächsten Jahr beim Shoppingcenter Performance Report dem Breuningerland den Rang ablaufen könnte, glaubt der Marktforscher nicht. 'Das Breuningerland in Sindelfingen ist ein seit 30 Jahren gelernter Standort, der nicht nur von der Lage her stimmt, sondern auch gut konzipiert ist. Wir erwarten im nächsten Jahr das Milaneo zumindest im oberen Mittelfeld des Rankings.' Außerdem: wie das Milaneo wird auch das Breuningerland vom ECE gemanagt. 'Und die verstehen einfach ihr Geschäft. Danach kommt dann lange nichts', sagt Will voller Überzeugung.

Doch nicht alle Standorte performen längst so, wie es sich die Mieter wünschen. 'Es gibt auch Objekte, wo wir fast nur unzufriedene Stimmen von der Mieterseite hören', sagt Will. Und das Gerber in Stuttgart, das - wie auch das Milaneo - bei der diesjährigen Studie noch nicht im Ranking berücksichtigt wurde? 'Da ist einfach eine Verkaufsebene zu viel.' Deshalb werde man sich mit dieser Verkaufsebene auch immer schwertun. Um die Entwicklung im Gerber überhaupt langfristig stabil zu halten, müssten sich die Eigentümer noch einiges einfallen lassen, glaubt Will.

Die Studie ist vor allem für Investoren eine Pflichtlektüre. Anhand der Zufriedenheit der Mieter, die sich über eine Kennziffer abbilden lässt, können Investoren erkennen, wie wirtschaftlich nachhaltig ein Shopping-Center ist. Das können reine Listen mit Miethöhen und -laufzeiten nicht abbilden, erklärt Will. Mit dem Shoppingcenter Performance Report macht sich Ecostra nicht nur Freunde. 'Die, die vorne stehen, freuen sich, und binden die Ergebnisse in ihr Marketing ein. Die hinten stehen, knirschen mit den Zähnen und hoffen, dass den Bericht niemand liest.' Je nach Platzierung werden auch Immobilienwerte vernichtet. 'Da geht es richtig um Geld', gibt Joachim Will ganz offen zu. Ihn hätten schon Anrufe von Eigentümern erreicht, die nach der Ver­öffentlichung ihren geplanten Center­verkauf vorläufig absagen mussten.

Beim Handelsverband Baden-Württemberg freut man sich zwar darüber, dass fünf Shopping-Center aus Baden-Württemberg gleich im Spitzenfeld liegen; dennoch sollten die Zahlen nicht überbewertet werden, da die Abstufungen erstens gering sind und durch neue frequenzstarke Ankermieter beeinflusst werden, relativiert Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands. Ingo Dalcolmo
#


© 2015 STUTTGARTER ZEITUNG