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Nicht weniger, sondern besserer Brandschutz


Bauwirtschaft. Der Brandschutz steht immer wieder als Kostentreiber in der Bauwirtschaft am Pranger. Eine neue Studie des Normenkontrollrates Baden-Württemberg hat jetzt erstmals die Kosten identifiziert und Lösungsvorschläge erarbeitet.

Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sowie auch Kommunen klagen seit Jahren über unverhältnismässige Brandschutzauflagen. Vor allem bei Sonderbauten wie zum Beispiel Kindergärten, Fabrikhallen oder komplexen Umbauten im Bestand sei der vorbeugende Brandschutz immer wieder für die Kostensteigerungen verantwortlich gewesen, heißt es in dem vom Normenkontrollrat in seinem im Januar vorgestellten Empfehlungsberichts "Entlastung von Bürokratie und Baukosten durch Optimierung des Brandschutzes".

Diese Einschätzung bestätigt auch Johannes Schmalzl, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. Er sagt: „Die überbordende Bürokratie und Komplexität beim Brandschutz überfordert häufig nicht nur viele Kommunen. Auch immer mehr Unternehmen sehen sich vor teils unüberwindbaren Hürden, weil die Kosten aus dem Ruder laufen“. Der Normenkontrollrat des Landes habe - auch auf Initiative der IHK - mit der aktuellen Prognos-Studie den Finger in die Wunde gelegt. Jetzt sei das Land am Zug, das Regelwerk zu verschlanken. Das könnte ein Vorstoß sein, der auch bundesweit zum Tragen kommen könnte. Dabei gehe es nicht um weniger Brandschutz, sondern um besseren Brandschutz“, so Johannes Schmalzl.

Für Dieter Weckmann, Brandschutzexperte beim Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer in Stuttgart, ist nicht der Brandschutz daran schuld, dass die Baukosten nach oben gehen. „Der Brandschutz wird oft erst dann eingeschaltet, wenn er nur noch auf die Planungen reagieren kann“, sagt der Architekt. Seine Forderung: Die Planer möglichst frühzeitig in interdisziplinären Teams einbeziehen.
 
Doch das ist nicht der einzige Grund. Manchmal würden auch die Gebäudeversicherer die Baukosten nach oben treiben. Manch ein Hausbesitzer sei geneigt, zur Optimierung der Versicherungsprämie eine Maßnahme einzubauen, die über das Bauordnungsrecht hinausgeht. „Das hilft der Versicherung im Idealfall den Gebäudeschaden zu reduzieren, rettet aber in der Regel kein zusätzliches Menschenleben“, sagt Dieter Weckmann.

Und die Planer? „Am ehestens beeinflussen die Brandschutzvorschriften die Architektur in Bezug auf Flucht- und Rettungswege beziehungsweise die Ausbildung von Brandabschnitten, so Jochen Stoiber, Referent für Architektur und Technik bei der Architektenkammer. Aber selbst da gebe es intelligente Konzepte wie das Beispiel Mercedesmuseum mit einem durchgängigen Luftraum über dem ganzen Ausstellungsbereich zeige. Weitaus größere Auswirkungen auf die Planungen als der Brandschutz habe aber längst der Arbeitsschutz, relativiert Jochen Stoiber.

Das Expertengremium unter der Leitung von Dr. Gisela Meister-Scheufelen stellte aber auch fest, dass bei den meisten Bauvorhaben die brandschutzrechtliche Genehmigung ohne Probleme ablaufe und sich die Kosten im Rahmen der Kalkulation bewegen. Über alle Gebäudeklassen hinweg entfielen aktuell auf den vorbeugenden Brandschutz lediglich ein bis zwei Prozent der gesamten Baukosten,
Bei einem durchschnittlichen Preis von rund 2000 Euro pro Quadratmeter – in Baden-Württemberg - seien das rund 20 bis 40 Euro pro Quadratmeter. Die Kosten entfielen dabei unter anderem auf Planungs- und Gutachterleistungen, Bauteile wie Brandschutztüren, technische Anlagen wie Sprinkler oder den Platzbedarf für Rettungswege.

Die öffentliche Diskussion um die Kosten des Brandschutzes würde aber weniger von diesen Durchschnittswerten bestimmt als vielmehr von prominenten Bauvorhaben, bei denen der Brandschutz teilweise erhebliche Mehrkosten durch zeitliche Verzögerungen und induzierte Folgekosten verursacht habe, so der Ausschuss. Die Expertenrunde kommt zu dem Schluss, dass nur eine kleine Anzahl von Bauvorhaben (weniger als 10 Prozent) von übermäßig hohen Brandschutzkosten betroffen sei, es einige davon aber schwerwiegend treffe. Dabei häuften sich gerade Vorhaben und Fälle, bei den Kostensteigerungen vermeidbar gewesen wären.

Für die von Prognos begleitete Studie wurden drei Kostenarten herausgearbeitet: Sowieso-, unterschätzte und vermeidbare Kosten. Während die ersteren notwendig seien, um die Schutzziele zu erreichen, könnten unterschätzte, wie vermeidbare Kosten mit unterschiedlichen Maßnahmen reduziert werden. Entscheidet, so der Normenkontrollausschuss, sei jedoch bei den vermeidbaren Kosten anzusetzen, da gerade sie häufig durch verwaltungsinterne Abläufe sowie Defizite in Kommunikationswegen, Planungs- und Antragsprozessen unterschiedlicher Beteiligter verursacht werden.

Insgesamt 22 Vorschläge hat der Normenkontrollausschuss zur Entlastung von Bürokratie und Baukosten durch die Optimierung des Brandschutzes vorgeschlagen. So könnte unter anderem das Baugenehmigungsverfahren durch frühzeitige Abstimmungstermine, eine vollständige Digitalisierung und die Einführung eines Projektmanagements optimiert werden. Indem man Regelungslücken schließt könnte zudem die Rechtslage vereinfacht werden. Der Ausschuss schlägt ferner vor, durch eine Online-Informationsplattform, den Erfahrungsaustausch zwischen Baurechtsbehörden sicher zu stellen sowie die Ausbildung der Architekten und Bauingenieur zum Brandschutz zu verbessern. Auf der Wunschliste steht, die technische Normierung aktiver zu begleiten, in dem die Normungsausschüsse zu einem Drittel mit Beschäftigten des öffentlichen Dienstes besetzt werden.